0776 - Die Krieger-Prinzessin
verziehen. Wo ist sie überhaupt? Wollte Mutter ihren Enkel nicht sehen?«
»Deine Mutter fühlt sich nicht wohl«, sagte Ramesh Devi mit ausdruckslosem Gesicht. »Sie ist lieber zu Hause geblieben und hat sich etwas hingelegt.«
Asha schnaubte verächtlich. Das war nichts Neues. Ihre Mutter hatte sich nie wohl gefühlt. Kein Wunder, denn ihre Lieblingsspeise waren ja Beruhigungspillen. Wenn sie genügend davon intus hatte, konnte sie stundenlang die Wände anstarren, ohne sich zu langweilen. Doch im Grunde verstand die Inspektorin, dass ihre Mutter tablettenabhängig war. Anders hätte sie die Ehe mit einem Mann wie Ramesh Devi wohl auch nicht ertragen können…
»Ich komme auch nicht mit leeren Händen.« Der Politiker hielt eine Spielzeugrakete hoch, die Asha vorher nicht aufgef allen war. »Jetzt, wo wir praktisch eine Raumfahrtnation sind, ist so etwas genau das passende Spielzeug für einen indischen Jungen!«
Asha Devi seufzte. Sie hatte mitbekommen, dass ihr-Vater förmlich besessen war vom indischen Raumfahrtprogramm.
Die Inspektorin hätte ihren Vater samt seinen Aufpassern gerne achtkantig rausgeworfen. Aber die beiden Brecher waren ihr körperlich haushoch überlegen. Da machte sie sich nichts vor. Und ihre Dienstwaffe hatte sie bei der Suspendierung abgeben müssen.
Also blieb ihr nichts anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen. »Also gut, schau dir deinen Enkel an. Aber nur eine Minute!«
»Natürlich, meine Liebe!« Ramesh Devi tätschelte seiner Tochter gönnerhaft die Wange.
Sie hasste den Mistkerl mehr als je zuvor. Der Politiker hätte seine Tochter sofort von den Bodyguards zusammenschlagen lassen, wenn sie ihm seinen Wunsch verweigerte. Da hatte die Inspektorin keinen Zweifel.
Immerhin war Ramesh Devi wirklich leise, als er ins Schlafzimmer trat. Dennoch erwachte Vasu. Er schlug seine großen braunen Augen auf.
»Naaaaa?« Ramesh Devis Gesicht zeigte nackte Besitzgier. »Hier ist der liebe Opa!«
»Gu!«, erwiderte Vasu. »Blblblbl…«
Das Baby sabberte ein wenig und nahm dann den Daumen in den Mund. Vasu war intelligent genug, um gegenüber Ramesh Devi ein normales Baby zu spielen. Instinktiv hatte der Halbgott erkannt, dass er von diesem Mann nichts Gutes zu erwarten hatte.
Doch Ramesh Devi war überraschend folgsam. Er ließ die Rakete auf der Wickelkommode zurück und ging mit Asha zurück ins Wohnzimmer.
»Ein echter Devi!«, sagte er mit geschwellter Brust, als die Schlafzimmertür wieder geschlossen war. »Wer ist eigentlich der Vater?«
»Das geht dich einen feuchten Dreck an!«
»Warum so aggressiv, meine Asha? Ist es Zamorra?«
»Zamorra? Du spinnst wohl! Wie kommst du denn auf den?«
»Weil du öfter mit ihm zu tun gehabt hast…«
»Aber auch nur, weil er sich ständig ungefragt in meine Fälle einmischt!«, wütete Asha Devi.
»Jedenfalls bin ich froh, dass der Vater deines Kindes offenbar kein Ausländer ist.«
»Es ist mir piepegal, worüber du froh bist!«
In diesem Moment läutete es an der Wohnungstür Sturm. Einer der Leibwächter öffnete. Draußen stand der wutschnaubende Nachbar, mit blutiger Nase und einem Baseballschläger in der Hand.
»Was ist denn das für ein Komiker?«, fragte Ramesh Devi. »Schafft uns den Idioten vom Hals!«
Die Bodyguards kamen dem Befehl umgehend nach. Sie packten den Kerl und zogen ihn ins Treppenhaus. Asha hörte nur noch einen unterdrückten Schmerzensschrei, außerdem die Geräusche von Schlägen und Tritten.
Der Politiker wandte sich wieder an seine Tochter.
»Du willst mir also nicht sagen, wer deinen Sohn gezeugt hat?«
»Darauf kannst du wetten!«
Asha Devi hatte wirklich nicht vor, ihre unfreiwillige Liebesaffäre mit dem indischen Gott Gandharva an die große Glocke zu hängen. Er war seinerzeit in der Gestalt ihres damaligen Liebhabers zu ihr gekommen. Asha war eine Reinkarnation der allerersten Mutter des allerersten Vasu. Daher war sie dazu auserwählt gewesen, die aktuelle Wiedergeburt des Halbgottes zur Welt zu bringen.
Nein, sie würde ihrem Vater gewiss nicht auf die Nase binden, dass er der Großvater eines Halbgottes war! Dadurch würde sich der Größenwahn von Ramesh Devi ins Unendliche steigern…
»So wichtig ist mir das auch nicht«, sagte der Millionär gönnerhaft. »Hauptsache, dein Sohn ist ein richtiger Inder! Wir werden ihm natürlich später die beste Schulbildung zukommen lassen, und…«
»Er ist ja auch ein Junge!«, fiel Asha ihrem Vater giftig ins Wort. »Da
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