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0777 - Die dritte Tafelrunde

0777 - Die dritte Tafelrunde

Titel: 0777 - Die dritte Tafelrunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dario Vandis
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herumschleppte wie andere Leute die Erinnerung an eine schreckliche Kindheit. Es war in ihm und ließ sich nicht vertreiben. Das Bild zeigte einen Mann auf einer Waldlichtung, wo er eine Grube ausgehoben hatte für einen anderen Menschen. Und es zeigte zwei Männer, einen Kerl in einein seltsamen grünen Anzug und einen Rothaarigen. Den Rothaarigen ereilte der Tod.
    Das Mädchen, das in beiden Szenen zu sehen war, verdrängte der Düstere.
    Die Kleider, die Menschen, all das passte nicht in seine Zeit.
    Er wusste, dass er sich mit dunklen Mächten eingelassen hatte, und wenn der Preis dafür der langsame Verfall und das Übergleiten in den Wahnsinn waren, dann sollte es eben so sein.
    Er ließ sich nicht beirren und setzte seinen Weg fort.
    Sie entdeckten den toten Knecht erst, als er bereits zehn Meilen hinter sich gelassen hatte. Deshalb wurde er auch nicht mehr Zeuge, wie ein Mann und eine Frau auf dem Gutshof Einlass begehrten. Sie trugen eine Kleidung ähnlich jener, die die Menschen in seinem Traum getragen hatten.
    Aber auch das hätte ihn nicht gekümmert. Alles, was nach ihm geschah, hatte ihn nicht mehr zu interessieren.
    ***
    Zamorra und Nicole hatten ihre Überraschung schnell überwunden. Merlin mochte nahe daran sein, sein Gedächtnis zu verlieren, aber er besaß noch immer seine magischen Kräfte.
    Von einem Augenblick zum anderen hatte ihre Umgebung gewechselt. Sie befanden sich an einem breiten Flusslauf, dessen Ufer von hoch aufragenden Birken und Nadelbäumen gesäumt waren. Das Wasser raste in reißenden Strudeln dahin, und es war keine Brücke in Sicht, die sie über diesen Fluss hätte führen können.
    »Was zum Teufel sollen wir hier?«, rief Nicole gegen das Brausen der Stromschnellen an.
    »Und wo ist dieses Hier überhaupt?«, entgegnete Zamorra so leise, dass Nicole es unmöglich hören konnte.
    Er hätte Merlin zu gern zur Rede gestellt - aber der alte Zauberer war einfach verschwunden, zusammen mit seinem Saal des Wissens, seiner Bildkugel und der Burg Caermardhin.
    Der Himmel strahlte in einem wolkenlosen Blau, was Zamorras Vermutung, dass sie sich nicht mehr in der Nähe von Cwm Duad, ja nicht einmal mehr in Wales aufhielten, festigte.
    Er bedeutete Nicole, ihm durch eine Öffnung im Unterholz zu folgen, die so etwas wie einen Weg darzustellen schien. Sie führte über einen weichen, von Laub und Schlingwurzeln übersäten Untergrund zu einem befestigten Pfad, der parallel zum Fluss verlief.
    Linienförmige Eindrücke im Boden verrieten, dass hier öfter Gefährte entlangfuhren.
    »Ich habe einen bösen Verdacht«, sagte Nicole. - »Was, wenn Merlin uns in der Zeit auf Wanderschaft geschickt hat?«
    Zamorra entsann sich der wirren Worte des alten Zauberers. Er hatte von Artus und Mordred gesprochen. Davon, dass die Sage von der Tafelrunde, nach der Mordred seinen Verrat mit dem Tode gebüßt hatte, nicht den Tatsachen entsprach. Hatte er sie etwa in jene längst vergangene Epoche versetzt?
    »Der idyllischen Umgebung nach zu urteilen, könntest du Recht haben«, sagte Zamorra.
    Die Luft roch würzig, und der Verlauf des Stromes hatte sich nicht im Dunst verloren. Die Luft war so klar, als gäbe es keine Luftverschmutzung.
    Zamorra spülte das beruhigende Gewicht des Amuletts auf seiner Brust. Nicole trug immer noch ihren Kampfanzug mit dem Blaster, der an eine Magnetplatte am Gürtel geheftet war. Falls sie sich also tatsächlich in der Vergangenheit befanden, besaßen sie zumindest Mittel, sich gegen Angreifer zu verteidigen.
    Andererseits wusste er ebenso gut, dass zumindest der Blaster nur in Notfällen eingesetzt werden durfte. Wenn diese Waffe in falsche Hände geriet, konnte der Schaden für das Raum-Zeitgefüge unermesslich sein.
    »Und was machen wir jetzt?«, fragte Nicole missmutig.
    »Das, was Merlin uns geraten hat«, sagte Zamorra. »Wir folgen dem Pfad, bis wir eine Gelegenheit finden, den Fluss zu überqueren.«
    Es verging fast eine halbe Stunde, bis sich der Pfad verzweigte und eine der Abbiegungen zu einer Brücke führte. Noch immer waren sie keiner Menschenseele begegnet, aber über tausend Jahre in der Vergangenheit mochte das nicht viel bedeuten. Über ganz Europa verteilt lebten höchstens ein paar Millionen Menschen.
    Eigentlich Platz genug zum Leben, dachte Zamorra. Trotzdem waren Kriege und Vertreibungen damals an der Tagesordnung gewesen.
    Die Brücke war knapp zwei Meter breit und bestand aus dicken Bohlen, die mit Stricken und Längsbalken verbunden waren.

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