0777 - Die dritte Tafelrunde
Das fragile Bauwerk schaukelte bedenklich, während Zamorra und Nicole darüber schritten.
Inzwischen war die Dämmerung hereingebrochen. In der Ferne erblickten sie auf einem Hügel vereinzelte diffuse Lichter. Mehrere einfache, aus groben Steinen errichtete Gebäude hoben sich vom rot gefärbten Horizont ab. Eine hohe Mauer umgab eines der Häuser, einen Bauernhof. Die Mauer war von einem einzigen Tor durchbrochen.
»Wer immer da lebt, scheint sehr auf seine Sicherheit bedacht zu sein«, sagte Zamorra.
Es handelte sich um einen weitläufigen Hof. Aus der Nähe waren nicht nur das Haupthaus, sondern zusätzliche Dächer von Stallungen und Gesinderäumen zu erkennen.
Es war das einzige größere Gebäude in der Nähe und damit am besten geeignet, dort um eine Unterkunft für die Nacht zu suchen. Er konnte sich lebhaft vorstellen, dass ihre fremdartige Kleidung Verwunderung hervorrufen würde aber dies war nicht die erste Reise in die Vergangenheit und mit der Zeit hatte er fast so etwas wie Routine entwickelt, die entstehenden Ungereimtheiten zu erklären.
»Ich weiß nicht, Cherie, vielleicht sollten wir doch lieber weiterziehen«, sagte Nicole plötzlich. »Dieser Hof ist mir nicht geheuer.«
Zamorra ließ den Blick über die Fenster schweifen, aus denen schwaches, unruhiges Kerzenlicht schimmerte. Es waren keine Geräusche zu hören, nicht einmal das Schnauben von Pferden in den Stallungen. Wenn die Lichter nicht gewesen wären, hätte man denken können, dass der Iiof verlassen war.
Aber das Amulett hatte sich nicht erwärmt. Es gab keine Anzeichen von Magie oder dämonischen Aktivitäten in der Nähe.
»Versuchen wir es zumindest einmal. Wenn es uns nicht gefällt, können wir immer noch wieder gehen.«
An dem aus schweren Holzbohlen gezimmerten Tor prangte ein massiver Eisenring, dessen Gelenk bei der Bewegung so herzzerreißend quietschte, dass das anschließende Klopfgeräusch eigentlich überflüssig war. Zamorra und Nicole warteten eine halbe Minute, ohne dass etwas geschah. Auch an den Fenstern zeigte sich kein Gesicht. Zamorra klopfte noch einmal.
»Hier stimmt irgendwas nicht«, flüsterte Nicole.
Es war mittlerweile fast vollständig finster geworden. Die beleuchteten Fenster glotzten wie die Augen eines Riesen in die Dunkelheit.
»Was meinst du?«, fragte Zamorra. »Kannst du irgendwelche Gedankenmuster erkennen?«
Nicole besaß ausgeprägte telepathische Fähigkeiten, die sie jedoch nur ungern einsetzte. Es bereitete ungeheure Mühe, die Vielzahl an zusätzlichen Informationen zu verarbeiten, die eigentlich zu viel für ein menschliches Gehirn waren. Außerdem schnüffelte sie nicht gern in der Privatsphäre anderer Leute herum.
»Es sind Menschen in der Nähe.«
»Im Haus?«
»Auch…«
Zamorra drehte sich alarmiert um. Nicole hielt die Augen geschlossen, um sich besser konzentrieren zu können.
»Gefahr, ein Unglück. Es hat ein Opfer gegeben…«
»Ein Opfer? Was für ein Opfer?«
Er hatte keine Lust, in irgendwelche Streitigkeiten hineinzugeraten, bevor er überhaupt wusste, wie ihre eigentliche Mission in dieser Zeit lautete.
»Wie viele Personen?«
»Ich weiß nicht. Ein paar Gedankenmuster sind da, die sich voneinander unterscheiden…« Sie stockte. »Ein Knecht ist ermordet worden… Sein Name ist Johann… Mehr kann ich nicht erkennen.«
Zamorra verzog das Gesicht. Vielleicht wäre es doch besser gewesen weiterzuziehen.
Aber noch bevor er weiter darüber nachdenken konnte, vernahm er einen Luftzug über sich.
Den Schlag in den Nacken spürte er schon nicht mehr.
***
Über tausend Jahre und einen Tag später.
Inspektor Moore schnaufte. Sein Magen hatte sich innerhalb der letzten zwanzig Stunden in eine Säuregrube verwandelt. Nicht nur, dass die Zeugenaussagen unbefriedigend waren, auch Jackson hatte bei seinen Ermittlungen in Cornwall keine Fortschritte erzielen können. Die Presse gierte nach Blut, und das Vorgehen des Täters deutete stark darauf hin, dass es weitere Morde geben würde. Wie viele noch, bevor sie endlich einen handfesten Hinweis auf den Täter bekamen?
Moore saß im Vernehmungszimmer, vor sich einen dampfenden Kaffee und tief in seiner Brust eingeschlossen das hässliche Gefühl, dem schmierigen Barry Stevens die Zähne am liebsten einzeln ausschlagen zu wollen.
Der Gangster hatte sich erstaunlich schnell von seinem Schock erholt. Der Tod seines Geschäftspartners Spike schien ihn nicht mehr sonderlich zu bedrücken, und so war mittlerweile
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