0778 - Draculas blutige Brautnacht
Mädchen«, korrigierte sie sich. »Ich kenne sie.«
»Trotzdem sind sie verändert.«
»Stimmt.«
Die beiden schwiegen und schauten zu, was draußen geschah. Sie wussten selbst nicht, ob sie sich fürchten sollten oder ob sie einer gewissen Faszination erlegen waren, denn dieses Schauspiel dort draußen hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit einer makabren Theateraufführung. Die Gestalten bewegten sich wie nach den Plänen und Vorstellungen eines Regisseurs. Das in der Nähe stehende Haus war für sie völlig uninteressant geworden, denn sie waren mit einer Arbeit beschäftigt.
Nicht nur die beiden, die den Wirtsleuten zuerst aufgefallen waren, auch die anderen zwei Frauen waren längst in ihr Blickfeld getreten, und sie trugen etwas unter den Armen, was weder Stephan noch Jana erkennen konnten.
»Was machen die da?«, hauchte Jana.
»Keine Ahnung.«
»Sieht so aus, als wären sie beschäftigt.«
Stephan lachte knarrend. »Ist mir egal. Hauptsache, sie beschäftigen sich nicht mit uns.«
»Du hast Humor.« Janas Stimme versiegte, denn zwei dieser Gestalten hatten sich gedreht und waren dabei, auf ihr Haus zuzugehen. »O nein«, flüsterte sie und verkrampfte die Hände zu Fäusten.
Ihr Mann hielt den Atem an. Seine Kehle war wie zugeschnürt. Er konnte den Blick auch nicht abwenden, und die zwei Vampirinnen sahen aus, als würden sie von den Dunstschleiern getragen und näher an das Gebäude herangeweht werden.
Sie waren mit knöchellangen Kleidern oder Gewändern bekleidet.
Ihre Gesichter schienen über den Ausschnitten der Kleider oder Umhänge zu schweben und keinen Kontakt mehr mit den übrigen Körpern zu haben, was allerdings auch an den Nebelschleiern liegen konnte, denn sie verzerrten die Sicht. Aber die bleichen Fratzen hoben sich trotzdem ab, als wären sie von innen beleuchtete Halloween-Masken.
Menschliche Gesichter, auch Gesichter, die den Wirtsleuten bekannt waren, die aber nicht mehr viel mit denen gemein hatten, die sie von früher her kannten.
Sie waren einfach zu glatt. Es gab kein Leben mehr in ihnen. Sie wirkten wie Masken, die jemand gekalkt hatte. Auch die Augen waren zu erkennen, dunkle Höhlen unter den blassen Stirnen. Die Haare hatten die Untoten zurückgekämmt oder nach hinten gedrückt, denn sie bildeten ein dunkles, verfilztes Gestrüpp auf ihren Köpfen.
Lippen waren kaum zu erkennen.
Aber die Münder hatten sie verzerrt, die zeigten ein wölfisches Grinsen, die oberen Zahnreihen lagen frei und damit auch die Vampirhauer, die wie kleine Messerspitzen nach unten starrten.
Es fiel beiden Zuschauern auf, dass sie sich nicht mehr so geschmeidig bewegten wie sonst. Sie gingen steif, ihre Arme schlenkerten zu beiden Seiten der Körper, aber sie kannten ihr Ziel und ließen es nicht aus den Augen.
»Jetzt können wir nur hoffen, dass unser Knoblauch sie abschreckt«, flüsterte Jana.
Ihr Mann nickte bestätigend.
Zu nahe durften die Blutsaugerinnen nicht mehr herankommen, dann erwischte es sie.
Und sie blieben stehen!
Es war, als wären sie durch die Schläge flacher Hände gestoppt worden. Sie bewegten sich keinen Schritt mehr weiter. Eine von ihnen krümmte sich sogar, schüttelte den Kopf und richtete sich wieder auf.
Die andere hob einen Arm. Sie presste den Handrücken gegen ihre Lippen, dann ging sie zurück. Sehr langsam, später schneller, und sie wurde eins mit dem Dunst.
Jana atmete stöhnend auf. Freude durchströmte sie. »Geschafft, Stephan, wir haben es geschafft. Sie… sie sind nicht näher herangekommen. Der Geruch hat sie vertrieben.«
»Sieht so aus«, murmelte der Wirt und kassierte einen Stoß seiner Frau.
»He!«, protestierte sie. »Das klingt aber gar nicht optimistisch. Was ist denn in dich gefahren?«
Er hob die Schultern. »Ich will einfach nicht daran glauben, dass es so einfach sein soll.«
»Manchmal macht man sich zu viele Gedanken.«
»Nicht bei den Vampiren, Jana, nicht bei ihnen.« Er stöhnte auf.
»Verflixt noch mal, das ist kein Film, den wir uns angeschaut haben. Das ist die Wirklichkeit. Die grausame, verfluchte Wirklichkeit.«
»Ich weiß.«
»Wir haben noch nicht gewonnen. Die sind ja nicht verschwunden. Schau genau hin, sie haben eine Aufgabe zu erledigen. Sie schleppen was herbei, sie bauen etwas auf, und ich frage mich, was, zum Teufel, das denn sein könnte.«
»Keine Ahnung. Aber hüte dich davor, nach draußen zu gehen und nachzuschauen.«
»Bin ich lebensmüde?«
»Bei dir weiß man das nie so genau.«
Er
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