0778 - Draculas blutige Brautnacht
ändern kann, müssten wir hier noch schneller arbeiten.«
Er drehte sich um und lächelte. »Keine Sorge, ich werde schon die Stauden holen.«
»Ja, bitte.«
Der Wirt verließ seinen Platz an den Fenstern und ging durch die schmale Tür hinter der Theke, die zu einem Raum führte, wo er alles mögliche aufbewahrte. In der Hauptsache allerdings Getränke. Die Flaschen standen in zahlreichen Kästen, und diese wiederum stapelten sich hoch bis an die Decke.
Gegenüber, wo auch ein lukenartiges Fenster die Glätte der Wand unterbrach, stand eine Kiste. Er ging hin, hob den Deckel ab, und schon schwebte ihm ein Geruch entgegen, an dem viele Menschen verzweifeln konnten.
Knoblauch!
Der Wirt aber lächelte, denn er liebte die Stauden. Nicht dass er den Geruch besonders mochte, aber diese Stauden machten schon ihren Sinn, wenn es darum ging, Blutsauger abzuwehren.
Mit beiden Händen hob er die ersten aus der Kiste und fasste sie an wie eine große Kette, die er tatsächlich um seinen Hals hängte.
Mit den anderen drei Stauden geschah das gleiche, und der intensive Geruch raubte ihm beinahe den Atem.
So dekoriert ging er wieder zurück in die Gaststätte, wo seine Frau auf ihn wartete. Sie hatte mittlerweile die schmutzigen Gläser gespült und die wieder in die Regale geräumt. Ein wenig verzog Jana schon die Lippen, als ihr Mann die Gaststätte durchquerte und zur Tür ging.
»Wo willst du denn hin, Stephan?«
Er drehte sich um. »Ich muss sie doch aufhängen.«
»Aber…«
»Und zwar draußen, meine Liebe. So war es abgemacht. So machen es auch die anderen. Wir wollen die Vampirbrut fernhalten, zum Teufel!« Er zerrte die Tür auf. »Für jedes Fenster eine Staude.«
Jana nickte nur. Sie glaubte allerdings nicht daran, dass es besonders half, denn die Blutsauger waren schlau. Sie brauchten ja nicht die Fenster einzuschlagen, um in die Häuser zu gelangen. Sie konnten auch auf das Dach klettern und von dort in das Haus eindringen. So war der Knoblauchschutz nur bedingt wirksam.
Beide – Jana und auch Stephan – hatten schon überlegt, ob sie nicht lieber verschwinden sollten, einfach weggehen aus Petrila, dorthin, wo es keinen Ärger gab, wo sie in Ruhe leben konnten und sich nicht vor Blutsaugern in Acht zu nehmen brauchten. Andererseits hingen sie an diesem Ort, an dem Tal, das im Sommer so wunderschön sein konnte, und man durfte ja nicht immer nur weglaufen. Irgendwo mussten die Menschen mal sesshaft werden und so etwas wie eine Heimat finden.
Inzwischen war Stephan nach draußen gegangen. Er schaute über den Platz vor seiner Gaststätte. Er wirkte wie leer gefegt. Nicht einmal Vögel hüpften auf dem Boden herum, um nach Nahrung zu suchen. Der Himmel lag grau und tief über ihm. Die sanften Schleier der Dämmerung schienen sich aus den Wolkenbergen zu lösen und Petrila zu umfangen. Er blickte zu den Bergen hinüber, die als dunkle und wuchtige Wächter das Tal umstanden und in die Tiefe schauten. Weit oben schimmerten sie weiß. Da hatte der Winter bereits seinen ersten Gruß hinterlassen.
Von den Bergen wehte auch der kalte Herbstwind. Er strich gegen das Gesicht des Mannes wie eine Hand. Weiter vorn liefen zwei Frauen über die Straße, auch sie hatten sich mit Knoblauchstauden bewaffnet, um sie vor die Fenster zu hängen.
Das erinnerte Stephan wieder an seine eigene Arbeit. Vorsorge hatte er bereits getroffen und an den entsprechenden Stellen Haken in das Mauerwerk hineingeschlagen, damit die Stauden den nötigen Halt bekamen und auch nicht vom ersten Windstoß weggeweht werden konnten.
Er nahm sich das erste Fenster vor. Wie Gardinen hängte er die Stauden auf. Sie erinnerten ihn an Zöpfe.
Auch das zweite Fenster dekorierte er so, dann das dritte, und er war zufrieden, aber nicht beruhigt, denn die Gefahr des Vampir-Überfalls bestand nach wie vor.
Er schaute in den Dunst.
Träge waberten die Schleier über den Platz. Sie bekamen immer wieder Nachschub, nur war nicht zu sehen, wo die Schleier entstanden. Sie krochen von überall her, und es wurde immer kühler. Eine kalte Nacht stand den Menschen bevor, die Temperaturen würden den Gefrierpunkt erreichen und möglicherweise noch darunter sinken.
Er ging wieder zurück zu seiner Frau, die schon auf ihn gewartet hatte. »Ist alles in Ordnung?«, fragte sie.
»Ja, du brauchst keine Angst zu haben. Wir sind gesichert.«
Jana schaute ihren Mann schräg von der Seite her an. »Gesichert? Das kann ich nicht glauben.«
»Natürlich gibt es
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