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078 - Das Dorf der Wolfsmenschen

078 - Das Dorf der Wolfsmenschen

Titel: 078 - Das Dorf der Wolfsmenschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James R. Burcette
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sah sie Eva an.
    „Hallo, Eva“, begrüßte sie das Mädchen und gab ihr einen Kuß auf die Wange.
    „Ihr kennt euch?“ fragte ich verwundert.
    „Ja“, sagte meine Mutter. „Ich sah Eva und ihren Vater mindestens einmal im Jahr.“
    „Davon hast du mir aber nie etwas erzählt“, sagte ich vorwurfsvoll.
    „Ich habe dir von vielen Dingen nichts erzählt, Dick“, sagte sie.
    Wir traten ins Wohnzimmer. Seit meinem letzten Besuch hatte sich nichts verändert, was mich einigermaßen überraschte, da meine Mutter alle paar Wochen die Möbel umstellte oder erneuerte.
    Die Flügeltür, die auf die Terrasse führte, stand offen. Wir gingen hinaus. Eva und ich setzten uns. Ich blickte auf den Highbridge Park und den Harlem River hinunter, auf dem einige Schiffe fuhren.
    „Was wollt ihr trinken?“ fragte Mutter.
    „Irgendeinen Fruchtsaft“, sagte Eva. Meine Mutter blickte mich fragend an.
    „Trinkst du noch immer so viel?“ fragte sie.
    Ich nickte, und sie seufzte.
    „Bourbon?“ fragte sie. „Eis und Wasser?“
    „Erraten“, sagte ich und zwang mir ein Lächeln ab. „Bring aber gleich die ganze Flasche mit. Ich glaube, daß ich einen kräftigen Schluck brauche.“
    „Das glaube ich auch“, erwiderte sie und verschwand im Wohnzimmer.
    Ich wandte mich an Eva.
    „Seit wann kennen Sie meine Mutter?“
    „Seit meiner Kindheit“, sagte Eva. „Sie besuchte uns oft in Albany.“
    Ich konnte mich erinnern, daß meine Mutter ziemlich oft verreist war, als ich noch mit ihr zusammenlebte. Ich dachte damals, daß sie irgendwo einen Freund habe, und es ihr peinlich sei, mit mir darüber zu sprechen. Aber so falsch hatte ich mit meiner Vermutung gar nicht gelegen. Evas Vater war ja ein Freund.
    Meine Mutter kam mit einem Tablett zurück. Sie stellte Flaschen und Gläser ab und setzte sich zu uns. Ich warf einige Eisstücke in ein hohes Glas und goß zwei Finger breit Whisky ein, dann füllte ich mit zwei Dritteln Wasser auf.
    „Prost“, sagte ich und hob mein Glas. Ich trank einen Schluck und zündete mir eine Zigarette an. „Ich habe eine ganze Menge Fragen, Mutter“, sagte ich und blies den Rauch aus.
    „Das kann ich mir denken“, meinte sie und nippte an ihrem Drink. „ Ich glaube aber, daß es besser sein dürfte, einige Dinge zu erzählen. Und deine Fragen stellst du mir erst später. Einverstanden?“
    Ich nickte schweigend. Es war ruhig und warm hier auf der Terrasse. Die Geräusche des Verkehrs drangen gedämpft zu uns herauf, gelegentlich war auch das Tuten eines Schiffes schwach zu hören. Unzählige Stunden hatte ich hier schon gesessen und nichts getan, als auf den Fluß gestarrt. Damals war George noch bei mir gewesen, er hatte auf meinem Schoß gesessen, sich kraulen lassen und dazu behaglich geschnurrt. Das schien alles schon so endlos lange her zu sein, dabei war es erst vor wenigen Tagen das letztemal gewesen.
    Meine Mutter hatte mich aufmerksam betrachtet. „Wo ist George?“ fragte sie.
    „Er ist tot“, sagte ich leise. „Ein Werwolf durchbiß ihm die Kehle.“
    „Diese Bestien“, empörte sie sich und atmete rascher. Sie hatte meinen Kater sehr gemocht, und er hatte sich bei ihr immer wohl gefühlt.
    „Wer ist George?“ fragte Eva.
    „Mein Kater“, sagte ich.
    „Und Sie haben sehr an ihm gehangen?“ fragte Eva.
    Ich nickte. „Er war der einzige Freund, der mir geblieben war.“
    Wir schwiegen, und ich schloß die Augen.
    „Erzähle“, bat ich nach einiger Zeit.
    „Dein Vater war ein Vampir“, sagte sie. „Und ich bin auch einer.“
    Ich stierte sie an. „Das würde bedeuten“, sagte ich langsam. „Daß auch ich ein Vampir bin?“
    „Genau.“
    „Das ist doch Unsinn“, sagte ich scharf. „Ich verspüre nie das Bedürfnis, Blut zu trinken!“
    „Darauf kommt es auch gar nicht an“, sagte meine Mutter. „Wir haben Methoden erfunden, wie man dem Körper Blut zuführen kann, ohne Menschen anzufallen und ihnen Blut auszusaugen. Wir können unsere Gier unterdrücken, weil wir dagegen angekämpft haben, während die Werwölfe noch immer ihren Naturinstinkten nachgehen.“
    Sie nippte wieder an ihrem Drink. „Vor vielen Jahren lebten Werwölfe und Vampire nebeneinander. Sie mieden sich zwar, aber es kam zu keinem Kampf. Doch irgendwann begannen die ersten Auseinandersetzungen, die immer wilder und heftiger wurden. Es läßt sich jetzt nicht mehr feststellen, wer den Anfang machte. 1939 kam es zu einer wilden Schlacht, bei der die Werwölfe gewannen. Den Vampiren blieb

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