078 - Im Netz der Lüge
Schneidezähne weit über seine Unterlippe ragten, starrte mit halb geschlossenen Augen auf den See. Er wirkte übermüdet und erschöpft.
»Jacob?« , sagte sie erneut. »Sieh her, sieh auf meine Hand.«
Vielleicht war es der dringliche Tonfall in ihrer Stimme, vielleicht auch der Ärger über ihre ständigen Störungen, der ihn in den Kopf drehen ließ. Lynne wartete, bis sein Blick ihre Hand und das Kettenglied darin gefunden hatte, dann zog sie Daumen und Zeigefinger auseinander. Sie spürte, wie die Kette unter dem Druck aufriss, und hörte das leise Klirren, mit dem der unverbundene Teil ins Gras fiel.
Ein Zucken der Augenbrauen war das einzige Zeichen, mit dem Jacob seine Überraschung verriet.
»Mein Geschenk an dich« , sagte Lynne. »Die Freiheit.«
***
Bärentatze zum Abendessen, Bärensteak zum Frühstück. Nach dem rohen Fisch war das zwar eine eindeutige Verbesserung, aber da Matt befürchtete, dass er in den nächsten Wochen sämtliche Variationen in der Zubereitung von Bären kennen lernen würde, hielt sich sein Enthusiasmus in Grenzen.
Sie hatten tatsächlich den ganzen Tag gebraucht, um die Yakks einzufangen, das Fleisch aufzuteilen und zumindest einen Teil zu pökeln. Jetzt zogen drei der Yakks Fleisch und Fell des Bären auf Holzpritschen hinter sich her.
Der Pfad, auf dem sie sich bewegten, war breiter geworden und erlaubte es, dass man zu zweit nebeneinander ritt - eine Möglichkeit, die Aiko und Honeybutt sofort genutzt hatten. Matt hörte ihre Stimmen hinter sich: Honeybutt, die Aiko nach allen Aspekten seines Lebens ausfragte, und Aiko, der Honeybutt lang und bereitwillig Auskunft gab.
Ich habe ihn noch nie so viel reden hören , dachte Matt.
Seiner Gewohnheit folgend hatte er sich neben Aruula an der Spitze der kleinen Gruppe wiedergefunden, aber jetzt am späten Vormittag ließ er sich ein wenig zurückfallen, um mit dem Mann zu reden, der sich wie ein Außenseiter fühlen musste.
»Es stört mich nicht, allein zu reiten« , sagte Mr. Black, bevor Matt das Gespräch eröffnen konnte. »So habe ich Zeit, meine Gedanken zu ordnen.«
»Okay. Wir müssen nicht miteinander reden.«
Matt blieb an seiner Seite. Ihm war aufgefallen, dass Black in den letzten Tagen sehr schweigsam geworden war und nur noch selten eigene Vorschläge machte. Für eine Führungspersönlichkeit wie ihn war das ungewöhnlich.
Schweigend ritten sie nebeneinander her, lauschten auf die Geräusche des Waldes und Honeybutts ausgelassene Erzählungen. Ab und zu drehte sich Aruula im Sattel um und berichtete von Wildspuren, die sie an den Bäumen bemerkt hatte; andere Unterhaltungen führten sie nicht.
Bis Mr. Black schließlich sagte: »Ich habe nachgedacht.«
Matt sah ihn an. »Worüber?«
»Über diese Reise, über Washington, die Running Men, über all die Toten, die zurückgeblieben sind und über die Zukunft.«
»Das klingt nach einem sehr umfassenden Nachdenken.«
Mr. Black lächelte knapp. »Könnte man so sagen.«
»Und… sind Sie zu Ergebnissen gekommen?«
»Möglicherweise.«
Matt drängte ihn nicht, sondern wartete ruhig ab.
»Fast alle Menschen in meiner Umgebung sind tot« , sagte Black nach einer Weile. Er sah Matt nicht an, sondern blickte auf den Weg, als würde er mit sich selbst sprechen. »In Washington hat man uns ausgeräuchert, und von meiner Expedition ist niemand geblieben außer Honeybutt und mir selbst. Noch vor zwei Jahren waren wir kurz davor, den Weltrat zu stürzen, und was ist von diesem Traum geblieben? Nichts. Nur Trümmer, Erinnerungen und ein paar Hoffnungen, die sich nie erfüllen werden.«
»Sie haben es einmal fast geschafft, vielleicht schaffen Sie es wieder.« Matt hatte den Running Men stets mit einem gewissen Misstrauen gegenüber gestanden.
Ihre Methoden erschienen ihm zweifelhaft, auch wenn ihr Ziel berechtigt sein mochte.
Mr. Black schüttelte den Kopf.
»Nein, der Weltrat ist vorsichtig geworden. General Crow hat verstanden, wie schnell aus einem kleinen Buschfeuer ein Flächenbrand werden kann, wenn man nicht eingreift. Er wird es nicht zulassen, dass sich noch einmal eine Widerstandsbewegung direkt unter seinen Augen bildet. Er ist kein Idiot.«
»Vielleicht gehen Sie den falschen Weg. Sie bekämpfen Crow von außen, wenn Sie ihn von innen bekämpfen sollten.«
Blaek sah ihn zum ersten Mal an.
»Wie meinen Sie das?«
»Dass…«
»Maddrax?«
Matt unterbrach sich. Aruula hatte sich im Sattel umgedreht und ihr Schwert gezogen. Sie wirkte
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