078 - Im Netz der Lüge
spuckte.
»Fraapoth!«
Er fuhr herum und wäre beinahe über seine eigenen Füße gestolpert, als er Maymi im Gras liegen sah. Ein umgestürzter Korb mit den nassen Schlafsäcken der Tyrannen lag neben ihr. Sie streckte ihm eine Hand entgegen, als wolle sie ihm zuwinken.
»Fraapoth!«
Der Panzer drehte sich, walzte Zelte und die Pfähle, an denen Netze trockneten, nieder. Die Yakks stoben in Panik auseinander. Nur eines galoppierte auf den Panzer zu, als wolle es ihn auf die Hörner nehmen. Das Tier schien den Schützen abzulenken, denn das Rohr feuerte nur noch in eine Richtung.
Jetzt!, spornte Fraapoth sich selbst an. Den Panzer nie aus den Augen lassend, lief er an ihm vorbei und auf Maymi zu. Sie streckte sich, versuchte aufzustehen und fiel wieder ins Gras.
Er sah, dass ihre Beine voller Blut waren.
Dann, endlich erreichte er sie.
Maymi war klein und zierlich, und es fiel ihm leicht, sie über seine Schulter zu heben. Sie schrie vor Schmerzen, aber darauf konnte er keine Rücksicht nehmen.
Hinter ihm drehte der Panzer sich erneut.
Der zweite erwachte zu brüllendem Leben.
Fraapoth rannte.
Mit jedem Schritt kam er dem Waldrand näher. Wie eine Festung erschienen ihm die dunklen Bäume, eine uneinnehmbare Zuflucht, in die weder Panzer noch Kugeln eindringen konnten.
Maymi hatte aufgehört zu schreien, hing jetzt ohnmächtig über seiner Schulter. Ihr Blut lief heiß und klebrig über seinen Bauch.
Eine Kugelsalve riss den Boden rechts von ihm auf. Er schlug einen Haken nach links, rannte weiter und kehrte nach rechts zurück.
Die nächste Salve bohrte sich links in den Boden, wesentlich dichter als zuvor. Der Waldrand war weniger als einen Steinwurf entfernt.
Der Eingang zu einem Tierbau rettete ihm das Leben. Sein Fuß verfing sich in dem Loch, er stürzte und die Kugeln, die sonst seinen Rücken getroffen hätten, schossen über ihn hinweg.
Fraapoth drehte sich im Fall, versuchte Maymis Sturz so gut es ging abzufangen und kam atemlos wieder hoch.
Einer der Panzer rollte auf ihn zu.
Das Rohr schwenkte von einer Seite zur anderen, als sei die Jagd nicht mehr als ein Spiel. Fraapoth warf Maymi wieder über seine Schulter. Halb hinkend, halb rennend überquerte er die Distanz bis zum Waldrand. Kugeln schlugen in Äste und Bäume ein, aber er lief weiter, hoffte auf den Schutz der Götter und auf sein eigenes Glück.
Irgendwann wurde Fraapoth klar, wie still es im Wald geworden war.
Taumelnd kam er zum Stehen und wartete, aber er hörte weder Kugeln noch Panzer.
Die Tyrannen waren verschwunden.
***
»Majela war im Panzer« , sagte Laramy, »das ist alles, was ich weiß. Danach habe ich sie nicht mehr gesehen.«
»Dann isse wohl imme noch da.«
Pieroo trat nach ein paar leeren Patronenhülsen.
»Verdamm, wie könne das passiere?!«
Der Rest seines Stammes, eine kleine Gruppe aus vier Männern und zwei Frauen, beachtete ihn kaum. Die fünf Unverletzten waren damit beschäftigt, in dem Chaos, das die Panzer hinterlassen hatten, nach Verwendbarem zu suchen. Maymi lag mit geschienten und verbundenen Beinen auf einer Zeltplane. Sie hatte schmerzstillendes Doop-Kraut bekommen und lächelte ununterbrochen.
Pieroo fragte sich, wie sie transportiert werden sollte. Fast alle Yakks waren ausgerissen, und an das eine, das mit blutigem Kopf und tückischem Blick auf der Lichtung stand, wagte sich niemand heran. Fraapoth hatte behauptet, es habe einen der Panzer angegriffen, aber das glaubte Pieroo dann doch nicht.
Sein Blick fand den Doc, der seit der Rückkehr ins Lager kein Wort gesagt hatte. Er kniete neben einem Zelt und steckte ein paar Funkgeräte in eine Satteltasche.
Laramy hatte sie zuerst zerstören wollen, weil er Angst vor etwas hatte, das er »Peilung« nannte, aber der Doc hatte sie ihm einfach abgenommen.
Jetzt stand er mühsam auf und ging zu seinem Yakk. Das Tier wirkte benommen und schnappte nur einmal nach ihm. Er wich aus, ohne hinzusehen.
Pieroo seufzte. Es war offensichtlich, was der Doc vorhatte, und ebenso offensichtlich, dass er allein chancenlos war.
»Fraapoth?« Er winkte den Krieger zu sich. »Ich möchte, dass du en Stamm na Norde führs.«
»Aber…« Fraapoth sah ihn irritiert an. »Was machs du, wenn du nich bei uns bist?«
»Ich hab jemandem verspreche, ihn lebend durch de Reise zu bringe, und wies aussieht, is de Reise no lang nich vorbei.« Er schlug dem Krieger auf die Schulter. »Wir hole euch ein.«
Eine Weile gingen sie schweigend neben dem Yakk her,
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