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0782 - Die Bucht der blauen Geier

Titel: 0782 - Die Bucht der blauen Geier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Freund!" rief ich, obwohl ich wußte, daß der Vogel mich nicht verstehen konnte. Aber vielleicht vermochte er die Bedeutung der Geste zu begreifen.
    Es schien wirklich so, denn im nächsten Moment schraubte er sich zu uns herab und landete wieder auf dem Bugspriet des Bootes. Diesmal war sein Kopf allerdings nicht uns zugewandt, sondern der Küste von Yuurmischkohn, und der gekrümmte Schnabel deutete genau auf den Punkt, an dem die Bucht der blauen Geier liegen mußte.
     
    *
     
    Es war später Vormittag, als die Obya in die Bucht einlief. Die Tiere, der sie ihren Namen verdankte, kreisten zu Hunderten hoch über dem klaren Wasser. Ab und zu stießen sie einzeln oder in exakt formierten Ketten hinab, stießen ihre Krallen gleich Speeren durch die Wasseroberfläche, um kurz darauf mit einer Beute aufzusteigen.
    Die ins Festland hineinreichende Bucht war annähernd sichelförmig und mindestens fünfmal so groß wie die Bucht bei der Station der beiden Regelbewahrer. Hinter einem durchschnittlich hundert Meter breiten Kiesstrand ragten die Kulissen zerklüfteter Klippen zirka zweihundert Meter empor. Auf den kleineren Klippen nisteten die geierähnlichen Vögel, und auf den beiden größten waren prunkvolle Wohnanlagen errichtet.
    Zwei schmale Brücken verbanden diese Klippen, und weitere Brücken führten von ihnen zu einer Hochebene, die weiter hinten in das typische Inlandgebirge von Yuurmischkohn überging.
    „Hier also wohnen die abgesetzten Regelbewahrer", sagte ich nachdenklich. „Es geht ihnen offenbar gut."
    „Ich möchte nicht hier wohnen", erwiderte Sagullia. „Lebt hier überhaupt jemand? Wenn ja, dann scheinen die Bewohner zu schlafen."
    Ich kniff die Augen zusammen und beobachtete aufmerksam die beiden Zusammenballungen von miteinander verschachtelten, in vielfältiger Weise verzierten Wohneinheiten.
    Je länger ich hinsah, desto stärker wurde in mir das Gefühl, daß hier irgend etwas nicht stimmte. Es war zu ruhig für bewohnte Häuser. Vielleicht waren die beiden Ansiedlungen vor einiger Zeit von ihren Bewohnern verlassen worden - oder die Bewohner hatten Gründe, in ihren Wohnungen zu bleiben und sich still zu verhalten.
    Der Riesenvogel, der bisher fast unbeweglich auf dem Bugspriet gesessen hatte, stieß einen krächzenden Schrei aus und schwang sich hoch. Seine Artgenossen erwiderten den Schrei. Sie gingen tiefer, kreisten über der Obya und beobachteten uns. Hin und wieder stieß ein Tier herab, berührte mit den Krallen die Meeresoberfläche in der Nähe des Bootes und beäugte uns aus der Nähe, bevor es sich wieder zur Masse seiner Gefährten hinaufschwang.
    „Sie scheinen uns zu mögen", stellte Sagullia fest.
    Den Eindruck hatte ich auch.
    „Wahrscheinlich unterhalten sie nachbarschaftliche Kontakte zu den pensionierten Regelerschaffern", erwiderte ich. „Sonst würden sie sich nicht so dicht an uns heranwagen."
    Ich deutete auf ein paar etwa acht Meter hohe Felsblöcke, die ganz links von uns unmittelbar am Ufer lagen.
    „Dort werden wir das Boot verstecken.
    Anschließend suchen wir einen Weg zu einer der Ansiedlungen: Wir bewegen uns vorläufig so, daß die Feyerdaler uns nicht entdecken. Ich weiß nicht, wie sie auf unser Erscheinen reagieren würden. Vielleicht ist eine Kontaktaufnahme zu ihnen unmöglich, aber in erster Linie suchen wir DAS WORT."
    „Und wenn wir es gefunden haben?"
    „Dann sehen wir weiter."
    Noch einmal legten wir uns in die Riemen. Diese letzte Strecke machte Spaß, zumal die Wellen nur noch bis zu einem Meter hoch wurden. Sagullia und ich waren inzwischen ein eingespieltes Rudererteam. Ich lächelte bei dem Gedanken, daß der Solaner sich vor unserem Einsatz bei aller Phantasie nicht hätte träumen lassen, daß er einmal mit mir zusammen in einem Ruderboot über ein Meer fahren würde.
    Wenige Minuten später glitt der Bug des Bootes knirschend über den Kiesstrand. Sagullia und ich zogen die Riemen ein, sprangen hinaus und zogen die Obya so zwischen die Felsblöcke, daß sie von den Wohnanlagen aus nicht gesehen werden konnte. Fünf blaugefiederte Riesenvögel ließen sich auf den Felsblöcken nieder und äugten zu uns herab.
    Als Sagullia sich aufrichtete, wurde er blaß und stützte sich mit einer Hand an einem Felsblock ab.
    „Der Boden schwankt!" rief er.
    Ich lachte.
    „Das Gefühl täuscht, Sagullia. Der Boden scheint immer zu schwanken, wenn man von einem schaukelnden Schiff oder Boot auf festen Untergrund kommt. Der Gleichgewichtssinn hat

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