0784 - Avalons Geistergräber
nichts zu sehen, sie sahen völlig normal aus. Irgendwie erinnerten sie auch etwas an eine Filmkulisse. Dass hier ein Ritter erschien, um das Burgfräulein zu retten, würde wohl kaum eintreten, obwohl auch in Avalon Ritter existierten, allerdings auf und in einer anderen Ebene.
Die Farbe der Steine lag zwischen einem dichten Grau und dem kräftigen Braun eines Stamms. Der normale Eindruck änderte sich etwas, als die beiden Männer näher an die quer und längs stehenden Steine herangekommen waren. Da entdeckte Suko nämlich den weichen und feinen Dunst, der sich wie ein Kokon über das Gebilde gelegt hatte. Sofort machte er den Abbé darauf aufmerksam.
Bloch blieb stehen. Er lächelte. »Ich wusste, dass es nicht so normal ist, Suko.«
»Was meinst du damit?«
»Ganz einfach. Diese Steine senden etwas aus. Ich möchte sie als sensibel bezeichnen, und ich habe den Eindruck, dass wir hier in einem Zentrum sind.«
Das war Suko zu allgemein. Deshalb bat er den Abbé, sich konkreter auszudrücken. »Das will ich dir sagen. Auch Avalon hat einen Mittelpunkt, und ich bin sicher, dass wir den jetzt gefunden haben.«
»Mehr weißt du nicht?«
»Wieso? Was sollte ich noch wissen?«
»Was dieser Mittelpunkt eventuell noch beherbergen könnte. Vielleicht Avalons Kraft? Sein Geheimnis? Das ultimative Rätsel der Insel, das von uns gelöst werden könnte?«
»Möglich ist alles.«
»Und du willst weitergehen?«
Bloch lachte. »Natürlich, Suko. Ich werde mich doch jetzt nicht zurückziehen wollen.«
Suko schlug seinem Templer-Freund auf die Schultern. »Das ist eine gute Sache.«
»Rede nicht so. Ich will wissen, welches Geheimnis es hier gibt. Ich bin gespannt. Ich fühlte mich so anders, so kräftig. Mir macht seltsamerweise auch meine Blindheit nichts mehr aus.« Er strich über seine Wangen. »Ich habe das Gefühl, dicht vor einer Veränderung zu stehen, ohne dir im einzelnen sagen zu können, wie diese Veränderung aussehen wird.« Er atmete ein. »Zum ersten Mal seit wir auf dieser Insel sind, fühle ich mich wohl.«
»Warum? Es hat sich nichts verändert.«
»Doch. Vielleicht nicht für dich, Suko, für mich schon.« Der Abbé bewegte beide Arme. »Vor uns liegt etwas, das ich nicht erklären kann. Es ist eine geheimnisvolle Kraft, es ist etwas Einmaliges, und ich freue mich darauf, ihm begegnen zu dürfen.«
Suko war da nicht so optimistisch, freute sich allerdings mit seinem Templer-Freund. Zudem war es besser, sich den Tatsachen zu stellen, als an ihnen herumzumäkeln.
Bloch wartete nicht mehr ab, bis ihm Suko die Hand gereicht hatte.
Er setzte seinen Weg kurzerhand allein fort. Er konnte es kaum erwarten, an die Steine zu gelangen.
Suko folgte ihm. Er schaute gegen den Rücken des Templers, hörte auch, dass der Abbé mit sich selbst sprach – oder nahm er bereits Kontakt mit anderen Wesen auf?
Jedenfalls ließ er sich nicht mehr stoppen. Er stolperte auch nicht.
Er ging sicher wie ein Sehender, obgleich der Untergrund noch immer leicht abfiel.
Er hielt die Arme ausgestreckt und den Kopf zurückgelegt.
Suko folgte ihm langsamer. Er konnte sich das Verhalten des Templers nicht erklären. Es war ihm suspekt, er kam da nicht mit, aber der Abbé ließ sich nicht beirren. Er blieb erst stehen, als er die ersten Steine erreicht hatte und sie mit seinen flachen Händen berührte. Es sah so aus, als wollte er sie wegstoßen.
Suko schritt langsamer über den weichen Grasteppich. Er sprach seinen Freund nicht an, der Abbé sollte ihm selbst sagen, wenn etwas nicht stimmte. Bei ihm schien sich einiges zum Positiven gewendet zu haben.
Der leichte Nebel umgab wenige Schritte später auch den Inspektor.
Neben dem Abbé stoppte Suko. Bloch tastete die Steine ab. Er hatte gemerkt, wo sich Suko aufhielt, und er sprach ihn mit leiser Stimme an. »Himmel, wenn ich daran denke, was diese Steine hier schon alles erlebt und durchgemacht haben, dann gerate ich nicht nur ins Schwärmen, sondern auch ins Grübeln, denn sie sind Zeugen einer Geschichte geworden, von der wir Menschen nur träumen können. Ich habe den Eindruck, etwas Einmaliges angefasst zu haben. Sie sind einfach wunderbar, in ihnen steckt ein Geist, und ich wage es sogar, von einem anderen Leben zu sprechen. Die Steine haben etwas mitbekommen, was sie eigentlich verdecken sollen.«
Suko hatte dies nicht begriffen. »Kannst du mir das etwas genauer erklären?«
»Ich werde es versuchen.« Der Abbé ließ die Arme wieder sinken.
»Steine sind
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