0784 - Avalons Geistergräber
und sie hatte die Schritte auch beschleunigt, als wollte sie uns und ihre alten Erinnerungen an die beiden Leben auf der normalen Erde so schnell wie möglich hinter sich lassen. Das durfte alles nicht mehr sein, sie hatte sich für das neue Leben entschieden, und ein Zurück gab es nicht mehr.
Erst jetzt sah ich, dass das Gelände leicht abfiel. Genau dort, wo es den tiefsten Punkt erreicht hatte, erhob sich aus dem Boden die seltsame Leinwand.
Merlin war vorgegangen. Der Zauberer zeigte uns seinen Triumph. Er konnte es kaum erwarten, den Gral endlich zu bekommen, und er schickte Nadine Berger ein Lachen entgegen.
Sie ging noch schneller.
Dann lief sie.
Bill gab seinen Kommentar. »Schau sie dir an, John. Wir haben sie für immer verloren…«
Ich hob die Schultern. »Das weiß ich nicht. Sie konnte nichts anderes tun.«
»Bist du sicher?«
»Ja!«
»Du trägst es ihr nicht nach.«
»Nein, Bill, und ich rechne auch damit, dass wir noch in Zukunft von ihr hören werden.« Meine Worte hatte ich kaum gesprochen, als die Umrisse des Frauenkörpers anfingen zu flimmern. Da hatte Nadine die magische Grenze innerhalb Avalons überschritten.
Merlin ging ihr einen Schritt entgegen. Sie war stehen geblieben.
Ihre Arme bewegten sich vor, und der Zauberer nahm ihr mit einer feierlich anmutenden Geste den Dunklen Gral aus der Hand. Als ich dies sah, brach es mir beinahe das Herz, und ich musste die Zähne schon fest zusammenbeißen und hart schlucken.
Er hatte ihn!
Suko ging auf ihn zu.
Merlin wich zurück. Er sagte etwas zu meinen Freunden, was ich nicht verstand.
Sie nickten und blieben stehen.
»Verdammt«, sagte Bill, »die sollen doch kommen! Dieser Hundesohn hat uns gelinkt.«
»Abwarten.«
Ich hatte dem Gefühl nach gesprochen und genau ins Schwarze getroffen, denn vor uns veränderte sich das Bild. Die Düsternis blieb, doch plötzlich war ein Tisch zu sehen. Leere Stühle umgaben ihn, und Merlin schritt auf die Mitte des Tisches zu, wo sich eine Vertiefung befand. In sie hinein stellte er den Dunklen Gral.
Merlin war kaum einen Schritt zurückgetreten, da strahlte der Dunkle Gral auf und strafte seinen Namen Lügen. Eine blendende Helligkeit durchzuckte das Gewölbe, und in dieses Licht hinein hörten wir das schrille Lachen des Zauberers.
Es war das Letzte, was wir von ihm hörten und auch sahen, denn diese magische Zone brach zusammen.
Unsere Blicke schweiften durch das normale Land, und sie blieben an zwei Menschen hängen.
Suko und dem Abbé!
Beide lächelten nicht, bis wir auf sie zuliefen und wir uns in die Arme fielen…
***
Keiner von uns wollte mehr in Avalon bleiben. Der Rückweg war leicht. Wir schritten auf die andere Seite des Tors zu, das nach wie vor für uns geöffnet war. Auch da hatte Merlin sein Versprechen gehalten. Ich war als letzter gegangen und hatte den Schatten des Durchgangs kaum betreten, als ich hinter mir ein fauchendes Geräusch hörte, als wäre etwas zusammengefallen.
Ich blickte zurück.
Nein, nicht Avalon lag vor mir, sondern die hügelige Landschaft Cornwalls. Ich spürte auch wieder den kalten Wind, der durch mein Gesicht strich, dachte nicht mehr daran, sondern folgte meinen Freunden, deren Rücken ich sah.
Vor dem Tor trafen wir wieder zusammen. Der Abbé schaute sich um und schüttelte immer wieder den Kopf. »Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie es ist. Aber ich kann wieder sehen, ich nehme die Welt wieder auf…« Er holte tief Luft. »Ihr könnt sagen, was ihr wollt, und ich verstehe euch auch, aber ich persönlich verdanke die Rückkehr meines Augenlichts dem Zauberer Merlin.«
»Das bestreitet keiner«, sagte Bill.
Ich hielt mich aus diesem Gespräch heraus. Auf eine Stufe ließ ich mich nieder und schaute hinein in den grauen und doch irgendwo klaren Dunst, der über den Dächern der Häuser von Glastonbury lag. Auch die Nebel sah ich im allmählich schwindenden Licht des Tages. Dort, wo die Gegend sumpfig war, hatten sie sich verdichtet.
Suko kam zu mir. Auch er setzte sich. »Soll ich fragen, was du jetzt denkst, John?«
»Nein, lieber nicht.«
»Ich darf mich aber bedanken.«
»Wenn du willst.«
»Ich werde es dir nicht vergessen. Merlin war fest entschlossen, uns zu behalten.«
»Dafür hat er jetzt den Dunklen Gral«, sagte ich und lachte plötzlich. »Weißt du, Suko, es tut mir nicht mal Leid, wenn ich darüber nachdenke. Was ist schon ein Gral oder ein Gefäß gegen die Freundschaft eines Menschen? Außerdem wollte ich nicht,
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