0787 - Das Mordreptil
wenig beruhigt hat«, erklärte er.
»Tun Sie das«, antwortete Martino ruhig, »Aber denken Sie daran: Wir haben unsere Zeit auch nicht gestohlen!«
Zainuri nickte. »Ich setze mich morgen mit Ihnen in Verbindung«, versprach er.
Er nickte den beiden Männern noch einmal zu, griff dann nach seinen Unterlagen und verließ den Tagungsraum. Auf dem Flur angekommen, lehnte sich Zainuri schweratmend gegen die Wand.
Wieder hatte sich vor seinen Augen der ganze Raum zu drehen begonnen. Bishop hatte schon recht. Zainuri verspürte das heftige Bedürfnis, sich zu betrinken. Seit Martino geschildert hatte, wie der Amerikaner zu Tode gekommen war, geisterten unheimliche Bilder durch sein Bewusstsein. Bilder von großen, aufrecht gehenden Echsen, die sich zischend durch das Dunkel der Nacht bewegten und auf Beute lauerten. Und das Schlimmste daran war, dass Zainuri plötzlich eine dunkle Ahnung hatte, woher das Blut unter seinen Fingernägeln stammte. Seine Erinnerung kehrte zurück…
Taumelnd verließ er das Hotel und verschwand in einer der zahlreichen Gassen Matarams.
***
Selaparang Airport
Als Zamorra und Nicole Duval den von Tendyke Industries zur Verfügung gestellten Privat-Jet verließen und hinaus in den unablässig prasselnden Monsun-Regen traten, verzog die hübsche Französin unwillkürlich das Gesicht.
»Am Strand tummeln!«, entfuhr es ihr. »Ich glaube, der gute Robert wollte uns vergackeiern!«
Zamorras Mundwinkel zuckten, als er seine Gefährtin betrachtete, der das blonde Haar nass in die Stirn hing. Nur wenige Augenblicke hatten ausgereicht, um den Monsun seine Wirkung tun zu lassen und Nicoles aufregendes Styling kurzerhand zu ruinieren.
»Er wird einfach vergessen haben, dass hier gerade Regenzeit herrscht, Chéri«, erwiderte er schließlich.
»Wart’s ab, wenn wir ihn Wiedersehen, vergesse ich mich auch«, gab Nicole zurück, grinste aber schon wieder.
Eilig rafften sie ihr Gepäck zusammen und hasteten hinüber zum Flughafengebäude, um die Zoll- und Einreiseformalitäten über sich ergehen zu lassen. Da sie nicht mit größeren Gefahren rechneten, hatten sie nur wenig Ausrüstung dabei. Zamorra hatte seinen Einsatzkoffer mitgenommen, darüber hinaus führten sie ihre beiden Dhyarra-Kristalle mit sich. Auf die Energie-Strahler der Ewigen hatten sie verzichtet. Diese hätten sie ohnehin kaum durch den örtlichen Zoll bekommen.
Am Vormittag hatten Zamorra und Nicole die in den Kellergewölben des Châteaus angepflanzten Regenbogenblumen benutzt und waren so nach Sydney in Australien übergewechselt. Die dortige Blumenkolonie befand sich etwa vierzehn Kilometer südlich der City in der nahegelegenen »Homebush Bay«. Dort war einst die Sydney-Olympiastadt gebaut worden. Seit Ende der Spiele handelte es sich jedoch um einen verlassenen Ort, sodass die Chance, dass jemand zufällig auf die Blumen stieß, gleich Null war.
In Sydney hatten die beiden Dämonenjäger dann den von Tendyke Industries bereitgestellten Firmenjet bestiegen, um nach Lombok zu fliegen. Mataram, das Ziel ihrer Reise, befand sich nur ca. drei Kilometer vom Flughafen entfernt. Jetzt war es dank der verschiedenen Zeitzonen und des rund sechsstündigen Fluges von Sydney nach Indonesien bereits nach Mitternacht.
»Suchen wir uns erst einmal ein Hotel«, beschloss Zamorra, nachdem sie endlich die Einreiseformalitäten hinter sich gebracht hatten. »Heute Abend erreichen wir doch nichts mehr.«
Sie mieteten sich eines der am Flughafen bereitstehenden Taxis, luden ihr Gepäck ein und machten sich auf den Weg.
»Ab zweiundzwanzig Uhr ist Schlafenszeit. Könnte schwer sein, jetzt noch ein Zimmer zu finden«, warnte sie der Fahrer in gebrochenem Englisch vor.
»Wir verlassen uns ganz auf Sie«, gab Nicole zurück und lächelte freundlich.
Als sie Mataram erreichten, konnte die Französin vom Wagen aus zahlreiche ältere Moscheen ausfindig machen. Das war kein ungewöhnlicher Anblick, immerhin waren rund neunzig Prozent der Bevölkerung Lomboks - zumindest offiziell - islamischen Glaubens. Der Rest entfiel auf kleinere Mischreligionen, die Elemente verschiedener Glaubensrichtungen miteinander vereinten.
Aus den Augenwinkeln sah Nicole die Ruinen einer vermutlich bei Aufständen in den Jahren 1999 und 2000 zerstörten Kirche. Unwillkürlich seufzte die schöne Französin. Wenn es um Religion ging, verhielten sich viele ihrer Mitmenschen ähnlich blindwütig wie die Dämonen. Die Mächte der Hölle hätte es gar nicht gebraucht.
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