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079 - Die Dämonenstadt

079 - Die Dämonenstadt

Titel: 079 - Die Dämonenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Elliot
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Chance.
    Will Douglas hatte in seinem ganzen Leben noch kein einziges medizinisches Fachbuch in der Hand gehabt. So konnte er auch nicht wissen, daß wechselhafte Stimmungen geradezu symptomatisch für Paranoiker waren, daß seine plötzliche Ruhe Doktor Hopkins in seiner Diagnose nur bestärken würde.
    Doktor Hopkins täuschte sich auch glatt. Er wandte sich nicht einmal mehr an den Rancher. Er sprach zur Schwester.
    »Er hat den Anfall sehr schnell überstanden. Ich fürchte nur, daß Sie in dieser Nacht nur wenig Ruhe haben werden. Ich muß jetzt nach Hause. In meinem Zimmer finden Sie noch eine aufgezogene Spritze. Wenn sich der Vorfall von eben wiederholen sollte, dann geben Sie ihm bitte die volle Dosis. Er wird dann bis morgen mittag schlafen. Aber geben Sie die Spritze nur, wenn es unbedingt notwendig wird. Sein Kreislauf ist labil, und auch sein Blutdruck gibt mir zu denken. Also nur im Notfall.«
    Die Schwester nickte.
    »Ist gut, Doktor. Ich habe verstanden. Wenn er sich nochmals so aufregt, gebe ich ihm die Spritze.«
    »Sehr gut, Miß West.«
    Hopkins warf noch einen Blick voller Mitleid auf den Patienten. Dann drehte er sich um und ging grußlos.
    Will Douglas lag still. Es war ihm nicht anzusehen, daß seine Gedanken rasten, daß er Pläne schmiedete.
    Pläne, die ihn aus diesem Haus bringen sollten.
    Hinaus nach Goodluck-Town.
    Um Sally wieder in das Reich der Lebenden zu holen...
    ***
    Er tauchte auf aus einer milchig weißen Helligkeit. Wie ein zäher Brei umfloß sie seine Glieder. Er bewegte sich, als wäre er in Watte verpackt.
    Ein unwirkliches Singen umgab ihn. Er fühlte sich schwerelos. Seine Bewegungen erschienen ihm wie in Zeitlupe verlangsamt. Das Oben und das Unten waren verschwunden. Er erkannte weder links noch rechts. Er schwebte im leeren Raum. Die Naturgesetze hatten ihre Bedeutung für ihn verloren.
    »Slim ...«
    Wie aus weiter Ferne und doch so nah klang die Stimme Sallys, umschmeichelte ihn wie ein warmer Wind oder wie die warmen Fluten des Ozeans.
    »Sally...?«
    »Ja. Ich bin hier bei dir.«
    Schemenhaft tauchte ihr Gesicht aus den milchig weißen Nebeln.
    »Wo sind wir Sally?«
    »Wir sind beisammen, Slim. Nur das zählt. Frag mich nicht weiter. Ich kann dir keine Antworten geben. Ich habe mir so gewünscht, daß du kommst.«
    »Ich sehe dich nicht richtig, Sally.«
    »Du spürst mich, Slim. Es ist meine Seele, die dich umschmeichelt. Ich bin glücklich, Slim.«
    »Ich habe mich auch nach dir gesehnt, Sally.«
    »Wir sind jetzt für alle Ewigkeiten zusammen, Slim.«
    »Ewigkeiten sind für Tote, Sally.«
    »Es gibt uns nicht mehr, Slim. Wir haben keine Körper mehr. Es gibt nur einen, der uns die Körper wiedergeben könnte. Grandpa könnte das. Aber Grandpa kommt nicht. Er wird nie kommen.«
    »Aber wir sind nicht richtig gestorben, Sally?«
    »Nein, Slim. Wir sind nicht richtig gestorben. Es gibt uns nur nicht mehr in unserer Welt. Wir müssen sie vergessen.«
    »Ich kann sie nicht vergessen, Sally.«
    »Du bist erst ganz kurz bei mir, Slim. Du wirst unsere Welt vergessen müssen. Es gibt keine Wiederkehr. Grandpa kommt nicht. Er kann nicht kommen. Sammy hat es mir gesagt.«
    »Ist... ist dein Vater auch hier?«
    »Ja, Slim. Er ist auch hier. Er ist sehr traurig. Er möchte nicht hierbleiben. Er möchte zu Margareth. Aber Margareth ist nicht hier. Margareth ist meine Mutter. Aber sie ist woanders. Nur Grandpa könnte ihm helfen. Aber Grandpa kommt nicht.«
    »Vielleicht kommt Grandpa doch?«
    »Grandpa kann nicht kämmen, Slim. Sammy sagte, daß er will und nicht kann.«
    »Was ist, Sally, wenn Grandpa nicht kommen kann?« »Wir bleiben verdammt, Slim ... Wir können nicht leben, und wir werden nicht sterben. Wir können uns nicht berühren und wir können uns nicht fühlen. Wir sind Geister, Slim.«
    »Wir werden Geister bleiben müssen?«
    »Ich liebe dich, Slim ...«
    ***
    Will Douglas lag still. Er hatte die Augen geschlossen. Er hörte das Klappern der Stricknadeln.
    Die Schwester strickte.
    Sie saß auf ihrem Stuhl und warf zwischendurch immer wieder einen Blick auf das Krankenlager.
    Will Douglas spürte jeden dieser Blicke.
    Und er spürte die Lederriemen, die seine Gelenke umschlossen.
    »Schwester...«
    Nach fast einer halben Stunde hatte er wieder etwas gesagt. Er brauchte sich nicht anzustrengen, um seine Stimme müde klingen zu lassen.
    Er war müde, und er war es auch wieder nicht. Aus seiner Lethargie konnte er jederzeit zu einem Gebündel geballter Energie

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