0793 - Die Aktivatorjagd
CASIX endlich durch war. Orghschletz beobachtete Ansgar Fries, der in dem Kontursessel neben ihm saß.
Der Mensch wurde blaß, als er die Lichtfülle des galaktischen Zentrums zum erstenmal in seinem Leben ungefiltert sah. Auf die Beschleunigung des Schiffes reagierte er nicht, da sie in folge der Andruckabsorber nicht zu spüren war.
Er bemerkte nicht einmal, daß die CASIX sich nach dem Verlassen der Wolke plötzlich immer schneller durch den Raum bewegte. Dazu waren die optischen Anhaltspunkte viel zu weit entfernt.
Aber wenig später wandte sich Fries um. Er wollte wohl einen Blick zurück auf das Eisschloß werfen. Seine Augen weiteten sich, und der Mund verzerrte sich voller Entsetzen, als er weder das Eisschloß noch die Sternenschuttwolke sah. Er konnte nicht wissen, daß das kleine graue Wölkchen irgendwo hinter ihnen der Sternenschutt war, in dem sich seine Heimat, das Eisschloß, verbarg.
„Wo ..?" fragte er fast tonlos.
Orghschletz deutete auf die Wolke, die zusehends schrumpfte, weil die CASIX inzwischen beinahe Lichtgeschwindigkeit erreicht hatte.
„Das ist unsere Heimat", erklärte er ernst. „So sieht sie aus der Perspektive des Raumfahrers aus. Aus der Perspektive des Universums ist sie nicht einmal soviel wie ein Elektron. Dennoch fahren wir, die wir aus diesem scheinbaren Nichts kommen, durchs All. Es gibt also keinen Grund zu Minderwertigkeitskomplexen."
Ansgar Fries schluckte ein paarmal. Er fing sich erstaunlich schnell wieder. Schon nach wenigen Minuten trat in seine Augen das charakteristische Glitzern, das eine Folge des Glücksgefühl war, wie der unvermittelte Flug zwischen den Sternen es bei den meisten Intelligenzen hervorrief.
Dieses Glücksgefühl war prinzipiell postitiv zu bewerten; es konnte die Psyche eines Intelligenzwesens aber auch zum Negativen verändern.
Deshalb sagte Orghschletz: „Niemand kann die Sterne erobern, Fries. Viele Intelligenzen haben es geglaubt, aber sie alle wurden entweder von ihrem Wahn geheilt oder sie trieben ihre Zivilisationen in den Untergang.
Alles, was Intelligenzen erobern können, ist die Einsicht, daß sie ein vergängliches Produkt einer bestimmten Entwicklungsphase des Universums sind."
Fries sah den Extraterrestrier ungläubig an.
„Meinen Sie das im Ernst, Orghschletz? Das würde doch bedeuten, daß unsere Existenz sinnlos ist."
„Ich habe lange nachgedacht", erwiderte Orghschletz, „und bin zu der Auffassung gekommen, daß nichts im Universums sinnlos ist, nicht einmal das Werden und Vergehen einer einzigen Zelle.
Die heute existierenden Intelligenzen sind zwar vergänglich, aber damit ist ihre derzeitige Existenzform gemeint. Aus ihrer Gesamtheit werden neue Existenzformen hervorgehen, wie wir sie uns heute nicht vorzustellen vermögen."
„Achtung, wir wechseln in dreißig Sekunden in den Linearraum!" rief Agschbdaaf von seinem Platz aus.
„Erschrecken Sie nicht, Fries", sagte Orghschletz. „Der Linearraum ist ein ganz normales Kontinuum unseres Universums, auch wenn er anders ist als das Kontinuum, in dem wir uns entwickelt haben."
Ansgar Fries nickte. Er hielt sich an den Seitenlehnen seines Sessels fest und preßte die Lippen zusammen. Als auf den Bildschirmen der Panoramagalerie das Abbild der Sterne und des Zentrumsleuchtens verschwand und den schemenhaften Leuchtphänomenen des Linearraums Platz machte, stöhnte Fries leise.
Orghschletz konnte nicht lächeln, sonst hätte er es in diesem Augenblick getan. Er wußte, daß er den Menschen des Eisschlosses dadurch, daß er einige von ihnen mit in den Weltraum genommen hatte, ein Geschenk machte.
Es würde dazu beitragen, daß alle Bewohner des Eisschlosses eines Tages frei und gleichberechtigt sein würden - wenn nichts Unvorhergesehenes dazwischenkam.
Und eines fernen Tages, so hoffte der Extraterrestrier, würde er oder einer seiner Nachkommen das Raumschiff führen, das nach der Heimatwelt seines Volkes suchen sollte. Das war die große Sehnsucht, die ihn erfüllte, seit er ein Alter erreicht hatte, in dem er begriff, daß er und seine Leute nicht den gleichen Ursprung hatten wie Menschen und Ertruser.
Runeme Shilter ging unruhig in der geräumigen Kabine auf und ab, die er sich als Wohnzimmer eingerichtet hatte. Er wußte selbst nicht genau, was die Ursache seiner kribbelnden Unruhe war.
Vor der automatischen Bar blieb er stehen. Er drückte zwei Tasten. In der in allen Farben schillernden Frontwand bildete sich eine Öffnung. Shilter griff hinein und
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