0794 - Sieben Leben, sieben Tode
Industries, wenn es sein muss. Bestechen Sie einen Piloten. Entführen Sie eine Maschine, ist mir scheißegal.«
Das war eigentlich nicht ihre Ausdrucksweise. Ihre Stimme kam ihr fremd vor.
Sie schaltete das-Visofon aus, ohne Williams Antwort abzuwarten, kleidete sich an und verließ das Zimmer.
Fünf Minuten später befand sie sich in jenem Kellergewölbe, das unter einer rätselhafterweise frei schwebenden künstlichen Mini-Sonne die Regenbogenblumen beherbergte. In einem Park in Lyon befanden sich an abgelegener Stelle ebenfalls solche Blumen, magisch abgesichert, damit nicht jemand sie aus Versehen benutzte. Augenblicke später befand Nicole sich bereits in Lyon.
Und jetzt?, fragte sie sich in Gedanken. Es war noch tiefste Nacht.
Da meldete sich William über das Handy.
»Ich habe alles arrangiert, Mademoiselle Duval. Der Flieger startet in Lyon, in einer halben Stunde. Ein Taxi holt Sie am Park ab.«
Eine halbe Stunde. Es war Nacht, die Straßen waren frei. Die Zeit musste einfach reichen.
»Ich wünsche Ihnen viel Glück, Mademoiselle«, sagte William ernst.
Sie schaltete ab und begann zu laufen; jede Minute, die der Taxifahrer warten musste, ging von der Fahrzeit zum Flughafen ab.
Dreißig Minuten bis zum Airport. Zwei weitere Stunden bis nach Hamburg.
Eine Ewigkeit, in der man problemlos den-Verstand verlieren konnte.
***
Der Schwärze folgte das Erwachen.
Zamorra schlug die Augen auf. Deutlich erinnerte er sich der letzten Eindrücke, bevor er das Bewusstsein verloren hatte.
Schmerzen. Atemnot. Todesangst.
Aber die zentnerschweren Betontrümmer, die seinen Brustkorb, seine Arme und Beine zu zerquetschen drohten, waren verschwunden. Er fühlte sich frei. Unendlich frei.
So ist das also, wenn man tot ist.
Aber er konnte seinen Körper spüren, jede Zehe, jedes Fingerglied. Er konnte sich bewegen. Er konnte hören, sehen, schmecken, riechen. So fühlte sich das Leben an und nicht der Tod.
Er richtete sich auf. Mörtelstaub rieselte von seiner Kutte, die nicht mehr schwarz aussah, sondern weiß und wie von feinem Mehlstaub überzogen.
Er hustete sich die Kehle frei.
Um ihn herum lagen Trümmer. Betonplatten, Glassplitter, zerfetzte Stahlträger, die Überreste von Fenstern, Wänden und Dachkonstruktionen. Ein diffuses Licht, von dem er nicht wusste, wo es seinen Ursprung hatte, erleuchtete die Szenerie.
Die Trümmer mussten ihn um Haaresbreite verfehlt haben. Das Gefühl des Erstickens… nichts als eine aus der Panik geborene Illusion?
Über sich erblickte er eine aus Fels gehauene Decke. Der Raum, in dem er sich befand, hatte eine rundliche Ausdehnung mit einem Durchmesser von vielleicht fünfzehn Metern. Zu mehreren Seiten zweigten Gänge ab, in denen dasselbe unerklärliche Zwielicht herrschte und die sich irgendwann in der Unendlichkeit verloren.
Schreie, Chaos, Tod…!
Endlich erinnerte er sich, was geschehen war. Die Schwarze Messe in der alten, verlassenen Fabrikhalle im Hamburger Stadtteil Altona. Der fremde Hexer, der die Adepten in seinen Bann gezogen und vor ihren Augen drei Toten das Leben wiedergegeben hatte. Dann hatte die Polizei die Fabrikhalle umstellt, und das Unglück hatte seinen Lauf genommen - ein Unglück, mit dem der Hexer offenbar von Anfang an gerechnet hatte. Mit Hilfe seiner magischen Kräfte brachte er die Fabrikhalle zum Einsturz und begrub die Adepten unter den Trümmern. Auch Zamorra hatte es erwischt. War die Vernichtung Teil eines kalkulierten Plans - oder nur ein letzter, verzweifelter Versuch, Zeugen zum Schweigen zu bringen?
Er würde es wohl nie erfahren.
Zamorra erhob sich und klopfte den Staub von seinen Kleidern. Seltsamerweise fühlte er keine Schmerzen. Merkwürdig, dabei konnte er sich genau erinnern, wie er unter den Trümmern begraben worden war, wie ihn das Gewicht zu zerquetschen drohte. Er hatte bereits mit dem Leben abgeschlossen gehabt…
Er tastete nach seinen Waffen. Das Amulett war an seinem Platz, aber den Blaster suchte er vergeblich. Wahrscheinlich lag er irgendwo unerreichbar unter den Trümmern begraben.
Ein Stöhnen ließ ihn herumfahren.
Er erblickte einen Mann von etwa dreißig Jahren, mit einem asketischen Gesicht und einer sportlichen Figur. Sein Oberschenkel war zwischen zwei Betonplatten eingeklemmt. Er keuchte vor Schmerz.
»Warten Sie, ich helfe Ihnen.«
Er schob die Platten soweit zur Seite, dass der Mann seinen Fuß herausziehen konnte. Zamorra untersuchte das verletzte Bein. Es ließ sich problemlos
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