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0799 - Gefangen in Choquai

0799 - Gefangen in Choquai

Titel: 0799 - Gefangen in Choquai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Balzer
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hatte ihm nur offen ins Gesicht gelacht. Seitdem gingen sich die beiden möglichst aus dem Weg.
    Doch dies war ein viel zu schöner Tag, um ihn mit Gedanken an Wu Huan-Tiao zu verschwenden. Yu hatte vorgeschlagen, den Wagen vorauszuschicken und zu Fuß nach Hause zu laufen. Auf seinen Einwand, er müsse noch ein paar bedeutende magische Schriften studieren, hatte sie nur gelacht: »Du studierst doch Tag und Nacht. Für heute haben wir unser Tagewerk getan. Das Leben besteht nicht nur aus Arbeit!«
    Sanft zog der Zauberer seine Gefährtin zu sich heran. Ihre spitzen Eckzähne spielten sanft mit seinen Lippen, als er sie küsste. Die Berührung jagte kalte Schauer über seinen Rücken. »Wir hätten die Kutsche doch nicht wegschicken sollen. Ich kann es kaum erwarten, bis wir zu Hause sind«, flötete sie, als ein plötzlicher Tumult sie unterbrach. Irgendwo, ein paar Dutzend Meter von ihnen, krachte etwas zu Boden, und dann ertönte lautes Geschrei.
    »Die Gefangene, die Gefangene! Haltet sie!«
    Und dann sahen sie sie. Eine junge Frau, fast noch ein Mädchen, hatte sich irgendwie aus dem Käfigwagen eines Sklavenhändlers befreit, der in den umliegenden Tälern auf Jagd ging, um die Bestände aufzufüllen, die durch Überarbeitung, Krankheit und Treibjagden regelmäßig dezimiert wurden. Offenbar hatte einer der Handlanger des Sklavenhändlers nicht aufgepasst und dem Mädchen so die Flucht ermöglicht.
    Doch wo wollte es hin - in einer Stadt voller Vampire?
    »Wir müssen sie aufhalten«, sagte ShaoYu, und was Tsa Mo Ra in ihren Augen erblickte, erschreckte ihn zutiefst. Es war die reinste Blutgier.
    Das Mädchen hatte sie fast erreicht. Seit seiner Befreiung aus dem Kerker hatte Tsa Mo Ra jeden näheren Kontakt zu anderen Wesen seiner Art gemieden - und jetzt wusste er auch, warum. Er konnte unmöglich zulassen, dass dieses unschuldige Mädchen vor seinen Augen abgeschlachtet wurde. Aber konnte er sich wirklich offen gegen die stellen, die ihm so großherzig ihre Gastfreundschaft angeboten hatten?
    Fieberhaft überlegte Tsa Mo Ra, was er tun sollte. Der fette Sklavenhändler schrie Zeter und Mordio, war aber offenbar nicht bereit, selbst einzugreifen. Stattdessen trat er nach seinem trotteligen Handlanger, der das Mädchen hatte entkommen lassen. Missmutig rannte der Gescholtene hinter der Sklavin her, doch die Todesangst schien dem Mädchen Flügel zu verleihen.
    Die Passanten griffen nicht ein. Lieber genossen sie das Schauspiel wie eine der öffentlichen Hinrichtungen, die Kuang-shi manchmal zu ihrem Vergnügen veranstaltete.
    Aber Shao Yu hatte das Jagdfieber gepackt. »Lass uns ein bisschen mit der Kleinen spielen. Ich treibe sie zu dir«, rief sie. Mit einem gewaltigen Satz sprang sie an die gegenüberliegende Hauswand, stieß sich dort ab und landete fauchend hinter dem Mädchen. Sie packte die junge Frau an der grauen Kleidung, riss sie zu sich und bohrte ihr die Fänge tief in den Hals. Voller Panik schlug die Kleine um sich, und schließlich gelang es ihr, die Vampirfrau zu Boden zu schleudern. Wie von tausend Teufeln gehetzt rannte sie los - direkt auf Tsa Mo Ra zu.
    »Ja, Mädchen, lauf! Du wirst weit kommen, hier im Reich der Vampire«, rief Yu, und die Umstehenden fielen in ihr Gelächter ein.
    Niemand merkte, wie Tsa Mo Ra hinter seinem Rücken mit den Fingern geheimnisvolle Zeichen in die Luft schrieb, während er fast unhörbar einen Zauberspruch vor sich hin murmelte.
    Dann war das Mädchen da. Tsa Mo Ra sah ihren schreckgeweiteten Blick, als er vorsprang und mit beiden Händen den Kopf des Mädchens packte.
    »Ja, lass sie nicht entkommen! Ich bin noch durstig!«, rief ShâoYu.
    »Das Mädchen gehört mir!«, schrie der Sklavenhändler empört. »Wenn du von ihr trinken willst, musst du bezahlen.«
    In dem Tohuwabohu fiel es niemandem auf, dass sich durch Tsa Mo Ras Berührung etwas an dem Mädchen veränderte. »Hör zu«, flüsterte der Zauberer. »Du wirst für deine Jäger mindestens zwei Stunden unsichtbar sein. Das reicht, um in die Berge zu fliehen. Nutze deine Chance!«
    Die Kleine sah den Zauberer fassungslos an. Dann krächzte sie »Danke!«
    »Viel Glück«, sagte Tsa Mo Ra. Dann warf er sich mit einem Aufschrei zur Seite, als habe ihn das Mädchen mit dem Knie an einer sehr empfindlichen Stelle getroffen.
    »Nein!«, schrie ShaoYu, doch dann tauchte das Mädchen im Gewühl unter - und war verschwunden. Die Vampirin hetzte dem Mädchen hinterher, aber schließlich musste sie die Jagd

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