0799 - Gefangen in Choquai
hilfloser Käfer lag er auf dem Rücken und sah verschwommen, wie sich besorgte Gesichter über ihn beugten: Nicole, Gryf, Chin-Li und Jin Mei. Und schließlich auch Fu Long. Der Vampir sah erschöpft aus, aber er lächelte: »Wir haben es geschafft. Es ist vorbei!«
Irgendjemand schob Zamorra einen Arm unter den Rücken und half ihm auf. Schwankend kam der Parapsychologe auf die Beine. Nicole stützte ihn, als er sich in dem Thronsaal umsah. Der Raum wimmelte nur so von Vampiren, aber sie stammten nicht aus Choquai. Zamorra hatte einige von ihnen schon vorher gesehen. Sie gehörten zu Fu Longs Familie.
»Sie haben mit uns gegen die Tulis-Yon gekämpft«, erklärte Nicole. »Als die Realitäten verschmolzen, fanden sich die meisten von ihnen in irgendwelchen Räumen des Palastes wieder.« Zu Zamorras Erstaunen kümmerten sich die Vampire geradezu liebevoll um die chinesischen Dorfbewohner, von denen einige in ihren Betten langsam zu sich kamen und sich verängstigt umsahen.
Der einstige Mittelpunkt von Kuang-shis Vampirreich glich einem Lazarett und der Lärm, der von außen zu ihnen drang, bewies, dass der Krieg noch in vollem Gange war.
Doch die entscheidende Schlacht war bereits geschlagen. In der Mitte des Thronsaals lag Kuang-shi. Der Götterdämon hatte wieder seine ursprüngliche Größe angenommen. Er wirkte so steif wie eine Statue und seine Aura war deutlicher schwächer als zuvor.
»Er schläft!«
Zamorra fuhr herum. Neben ihm stand Fu Long. »Ich habe mich geirrt. Nicht du warst der Träger des Hong Shi, aber ich war es auch nicht. Nur gemeinsam konnten wir Kuang-shi in den ewigen Schlaf schicken.«
»Hoffen wir, dass er nie wieder daraus erwacht.«
»Das werden wir sicherstellen.«
Zamorra nickte. Er wusste, dass er sich in diesem Punkt auf Fu Long verlassen konnte. Der Vampir wollte genauso wenig wie er, dass der Götterdämon je wieder zu Bewusstsein kam. »Was geschieht jetzt?«
»Jetzt, wo Kuang-shi besiegt ist, können wir die Realitäten wieder trennen und euch in eure Welt zurückschicken.«
»Euch? Was ist mit dir und deiner Familie?«
»Wir bleiben in Choquai.«
»Was?« Zamorra glaubte, sich verhört zu haben. »Falls es dir entgangen sein sollte, die Stadt wird von unseren Verbündeten gerade dem Erdboden gleich gemacht.«
Der Vampir lächelte hintergründig. »Mag sein, aber Kuang-shis Reich besteht nicht nur aus einem Palast und mit Gold bedeckten Häusern. Choquai ist vor allem eine Idee, eine Vorstellung, die sich in unserer Realität einnistet und sie umformt. Und ihr Ursprung liegt genau dort.«
Fu Long deutete auf den reglosen Körper des schlafenden Götterdämons.
»Du meinst, es gibt noch ein Choquai? In ihm?«
»Du warst selbst dort, in seinen Träumen, kurz vor Kuang-shis Erwachen.«
»Und du willst in seine Träume einziehen?« Zamorra fand die Idee so absurd, dass er beinahe laut aufgelacht hätte. »Na, dann viel Spaß!«
»Nein, ich will sie nur anzapfen, um mit ihrer Hilfe ein neues Choquai zu schaffen, in einer völlig neuen Realität, gespeist von Kuang-shis Träumen, aber kontrolliert durch uns.«
»Eine Art Parallelwelt?«
»Ja, und ein ideales Exil. In der Welt, aus der wir beide stammen, werden wir für immer Verfolgte sein. Also werden wir uns unsere eigene Welt schaffen, in der wir in Frieden leben können, ohne eure Art zu gefährden. Und sie ist zugleich das perfekte Gefängnis für Kuang-shi. Ihr werdet nie wieder etwas von ihm sehen oder hören.«
Zamorra dachte nach. Die Idee hatte tatsächlich etwas Bestechendes. »Und du meinst, das funktioniert?«
»Ich habe den Hong Shi lange genug studiert. Mit seiner Hilfe werden wir es schaffen.«
Der Dämonenjäger sah sein Gegenüber lange an. »Werden wir uns wieder sehen?«
Fu Long sah ihn ernst an. »Ich glaube nicht, mein Freund. Aber zum Abschied habe ich noch ein Geschenk für dich.«
Der Vampir ergriff Zamorras Kopf mit beiden Händen. Sofort schien ein Stromstoß durch das Hirn des Parapsychologen zu fahren. Er wollte laut aufschreien, doch dann erkannte Zamorra, was Fu Long ihm schenkte -und er lächelte.
***
Choquai brannte.
Einige der Bewohner stellten sich den Aufständischen und den durch die zerstörte Stadtmauer eindringenden Soldaten entgegen, andere flohen in hellem Entsetzen. Doch als Kuang-shi in den tiefen Schlaf fiel, erlosch die Schutzsphäre, die es seinen Untertanen erlaubte, auch bei Tag zu existieren.
Als die, die sie beschützen sollten, im grellen Sonnenlicht zu
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