Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff

08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff

Titel: 08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
Vom Netzwerk:
war Schwester Canair nicht da.«
    »Also war Schwester Muirgel nicht sofort so krank, daß sie ihre Pflicht als Führerin der Gruppe nicht erfüllen konnte?«
    »Sie war sich ihrer Verantwortung bewußt«, erwiderte Guss. »Aber sie wußte nicht, daß du an Bord kommen würdest. Sie richtete es so ein, daß sie eine Kajüte für sich hatte. Wir wollten später …« Er erschauerte und schlug die Hände vors Gesicht.
    »Es muß sie sehr gestört haben, als ich unangemeldet in ihre Kajüte kam«, meinte Fidelma.
    »Das hat es«, bestätigte Guss.
    »Woher weißt du das?« fragte Fidelma rasch.
    Guss blieb gelassen.
    »Ich ging zu ihr«, sagte er.
    »Aber sie war doch so krank geworden, daß sie mir sagte, sie wolle niemanden sehen.«
    » Mich wollte sie sehen.«
    »Na gut. Wann hast du sie zuletzt gesehen?«
    »Das muß bald nach Mitternacht gewesen sein. Der Sturm tobte mit voller Stärke.«
    »Erzähl mir, was geschah.«
    »Ich brachte ihr etwas zu essen und zu trinken, und wir redeten ein bißchen. Das war alles. Ach, und einmal hörten wir jemanden draußen vor der Kajüte. Wir hörten die Stimme trotz des schrecklichen Sturms, aber ich glaube nicht, daß sie mit jemandem sprach. Es klang eher so, als rezitiere sie laut etwas gegen den Wind und das Brüllen der See.«
    »Wer war das?«
    »Das weiß ich nicht. Es war eine Frauenstimme. Wer die Person auch war, sie klopfte nicht an und kam nicht herein, sondern stand nur draußen und redete. Als sie aufhörte, ging ich zur Tür und sah hinaus, aber sie war verschwunden. Ich glaubte noch zu hören, wie sich eine Kajütentür schloß.«
    »Was tatest du dann?«
    »Muirgel meinte, sie wolle die Nacht über ruhen und ich solle in meine Kajüte zurückkehren, wir würden noch bessere Gelegenheiten finden. Das tat ich auch. Am Morgen kam dann Cian mit der Nachricht, sie sei über Bord gespült worden. Das glaubte ich nicht.«
    »War es wegen dieses Schocks, daß du seitdem in deiner Kajüte geblieben bist?«
    Bruder Guss zuckte die Achseln.
    »Ich konnte den Anblick der anderen nicht ertragen, besonders den Crellas nicht.«
    Fidelma stand auf und ging zur Tür.
    »Vielen Dank, Bruder Guss. Du hast mir sehr geholfen.«
    Der junge Mann blickte zu ihr auf.
    »Schwester Muirgel wurde nicht über Bord gespült«, sagte er finster.
    Fidelma antwortete nicht. Im stillen gab sie ihm recht. Aber eins beunruhigte sie. Bruder Guss zeigte keineswegs die Anzeichen von Trauer, die man von einem Mann erwartete, der gerade die Frau verloren hatte, die er zu lieben behauptete.
     

K APITEL 12
    Es war am späten Nachmittag. Der Himmel hatte sich aufgehellt, und die Sonne wärmte zwar nicht, überschüttete aber die See mit funkelnden, tanzenden Lichtpunkten. Fidelma stand am Bug, an die Reling gelehnt, und dachte über das nach, was sie bisher über das seltsame Verschwinden Schwester Muirgels gehört hatte. Es ergab ein eigenartiges Bild. Manche der Pilger hatten anscheinend ausgeprägte Meinungen über Schwester Muirgel. Bruder Guss behauptete, er habe sie geliebt, war aber merkwürdigerweise von ihrem Tod nicht sehr erschüttert. Zweifellos sagte Guss nicht die Wahrheit – doch worüber nicht? Über sein Verhältnis zu Muirgel? Oder über etwas anderes?
    Ein Ruf aus dem Mastkorb unterbrach ihr Nachsinnen. Am Heck, wo Murchad wie üblich seinen Platz am Steuerruder eingenommen hatte, entstand ungewohnte Unruhe. Fidelma wanderte über das Hauptdeck nach hinten und bemerkte, daß der Kapitän und mehrere seiner Leute nach Nordosten spähten. Sie folgte ihren Blicken, sah aber nichts als glitzernde graue Wogen.
    »Was gibt’s?« fragte sie Murchad. »Ist etwas nicht in Ordnung?«
    Der Kapitän schien stark beschäftigt. »Der Ausguck im Mastkorb hat ein Schiff gesichtet«, antwortete er.
    »Ich sehe nichts.« Fidelma schaute wieder in die Richtung, in die alle wie gebannt starrten.
    »Der Rumpf ist noch unter der Kimm im Nordosten, aber es hat alle Segel gesetzt.«
    Fidelma war sich nicht sicher, was diese seemännischen Ausdrücke bedeuteten, und sagte es auch.
    »Der Schiffsrumpf wird noch von der See verdeckt«, erläuterte Murchad. »Bei solchem Wetter wie heute kann man etwa drei bis vier Meilen bis zum Horizont sehen. Das Schiff ist noch außer unserer Sichtweite, aber die Segel sind vom Mastkorb aus zu erkennen, weil er entsprechend höher ist.«
    »Ist das ein Grund zur Sorge?« fragte Fidelma.
    »Solange ich nicht weiß, was es ist, macht mir ein fremdes Schiff immer Sorgen«,

Weitere Kostenlose Bücher