08
ich mir niemals gewünscht hatte, zu meckern, dass ich manchmal die positiven Seiten nicht richtig zu schätzen weiß.
Weihwasser, Kreuze und Pflöcke können mir nichts anhaben. Genauso wenig wie Knoblauch. Antonia, meine liebe Freundin, hatte keine Ahnung, ob Kugeln mich töten würden, und wollte das Risiko nicht eingehen, es herauszufinden. Deswegen reiste sie jetzt auch im Frachtraum statt auf den weichen Sitzen des Privatflugzeugs.
Ich verdrängte den Gedanken an Antonia; es tat immer noch zu weh, an ihr Opfer für mich zu denken.
Und da wir gerade bei Opfern waren, musste ich auch an Garrett, Antonias toten Geliebten, denken. Als er begriffen hatte, dass Antonia tot war -
teilweise wegen seiner eigenen Feigheit -, hatte er sich vor unseren Augen umgebracht. Auf sehr blutige Weise.
Sinclair gegenüber wagte ich das Thema kaum anzusprechen. Er verspürte lediglich Verachtung für jemanden, der erst seine Geliebte in die Klemme brachte und dann nicht für die Konsequenzen geradestand.
Ich dagegen sah es nicht ganz so schwarz-weiß. Garrett war nie stark gewesen. Er war nie mutig gewesen. Aber er hatte Antonia geliebt und konnte nicht ohne sie leben. Buchstäblich.
Tina und Sinclair hatten sich um seine Leiche gekümmert. Sie hatten ihn von dem zerbrochenen Treppengeländer gehoben (der arme Garrett war darauf aufgespießt gewesen wie auf riesigen Zähnen), ihm dann den Kopf abgeschnitten und ihn auf dem Gelände von Nostros Gut beerdigt (wo die Biester lebten -die, die noch am Leben waren).
Aber nun wollte ich fürs Erste nicht mehr daran denken. Garrett war tot, daran würde ich nichts ändern können. Aber mit meiner angeblich besten Freundin musste ich über ihr beleidigendes und idiotisches Memorandum (oder hieß es Memoranda?) reden.
Also wirklich. Narzisstisch? Hatte sie denn keinen Gedanken daran verschwendet, wie ich mich fühlen würde, wenn Cooper das las? Ganz zu schweigen davon, dass ich noch nicht einmal cc gesetzt war.
Ich wusste nicht, was in die Frau gefahren war, seitdem ich ihren Krebs geheilt und sie ihren Freund abserviert hatte, weil 8
er mich nicht ausstehen konnte. Ich hatte, ehrlich gesagt, eine schlimme Woche hinter mir.
Und jetzt wurden auch noch Memos hinter meinem Rücken verschickt! Das war zu viel für mich. Das ging über meine Kräfte. Und das würde ich Jessica auch deutlich zu verstehen geben, sobald ich sie zu Gesicht bekommen würde.
Egozentrisch? Ich? In mancher Hinsicht kannte mich diese Frau überhaupt nicht.
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3
Liebes Ich,
ich kann mich gar nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal ein Tagebuch geführt habe.
Dieses hier wird, denke ich, das gleiche Schicksal wie die anderen erleiden. Ich werde eine Woche oder zwei wie verrückt hineinschreiben, bis ich dann keine Lust mehr habe, über mein Leben zu schreiben, und es lieber lebe. Aber trotzdem versuche ich es noch mal und beginne das erste Mal seit zwanzig Jahren wieder ein Tagebuch.
Das ist natürlich gelogen. Einer meiner Psychologie-Profs im College hat mir einmal gesagt, dass wir am überzeugendsten lügen, wenn wir uns selbst anlügen.
Der Mann wusste, wovon er sprach. Ich weiß genau, wann ich damit aufgehört habe, ein Tagebuch zuführen: Nämlich als ich entdeckt hatte, dass ich mich nicht für Mädchen, sondern für Jungen interessierte. Ich war vierzehn und habe darauf gewartet, dass sich das irgendwie auswachsen würde. Immer wieder habe ich mich gefragt, ob mit mir etwas nicht stimmte. Ich hoffte, es wäre nur eine Phase. Ich habe gebetet, dass mein Vater nicht dahinterkommen würde. Und auch niemand aus der Highschool.
Das ist nämlich das Schlimme, wenn man ein versteckter Homosexueller ist: Man lebt immer in der furchtbaren Angst, dass es herauskommen könnte.
Ich habe mich versteckt, bis ich alt genug war, um Alkohol zu trinken.
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Als ich sechzehn war, habe ich mein Tagebuch aus einem einfachen und feigen Grund zerrissen: Ich wol te nicht, dass mein Vater es fand. Der einzige Sohn von Colonel Phillip P. Spangler ein Arschficker? Ein Schwuler? Ein Schwanzlutscher? Er hätte mich umgebracht, oder ich hätte mich selber umgebracht. Es war also besser, wenn ich aufhörte, Dinge niederzuschreiben wie: „Ich wünschte, Steve Dillon würde mit dieser blöden Cheerleaderin Schluss machen und mir zwei Stunden lang einen blasen."
Das Risiko, dass der Colonel dieses Tagebuch, das ich jetzt beginne, findet, geht gegen null, denn im Moment wartet er in einem Hospiz schlecht gelaunt auf
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