0802 - Besuch aus der Hölle
sterben.
Doch sie starb nicht, denn der Schmerz verging, als sich die Zähne wieder aus ihrem Hals schoben.
»Ja«, flüsterte Paola Lukos, »ich werde zu Zamorra gehen. Ich weiß, wo er sich aufhält…«
Alle weiteren Instruktionen nahm sie widerspruchslos hin. Denn konnte es etwas Schöneres geben, als ihrem Herrn und Meister zu gehorchen? Den Willen ihres Herrn zu erfüllen und ihm eine willige Dienerin zu sein?
Sie konnte es kaum abwarten, bis die Nacht endlich vorbei war und der neue Tag anbrach. Der Todestag für die Feinde ihres Meisters!
***
»Ich habe nachgedacht«, sagte Andrew Millings bedächtig, »und ich bin zu folgendem Schluss gekommen: Sie sagen mir entweder, warum Sie hier auf Paxos sind, oder ich reiche Ihnen die Hand und verabschiede mich. In dem Fall war es schön, Sie kennen gelernt zu haben.«
Zamorra lehnte sich in dem Stuhl zurück. »Harte Worte«, sagte er, aber ihm schien, als sei Millings' Entschlossenheit nur Maske, unter der dieser eine tiefe Unsicherheit verbarg. Man musste ihn aus der Reserve locken. »Wir könnten ganz ähnliche Forderungen stellen«, fügte er deshalb an.
Sie befanden sich auf dem Hotelzimmer, das Zamorra und Nicole für die Zeit ihres Aufenthalts gebucht hatten. Seit Andrew Millings aufgetaucht war, war die Stimmung zunehmend kühler geworden, und seine letzten Worte bildeten den bisherigen Höhepunkt.
»Hören Sie, Zamorra. Ich bin hier zu Hause und per Zufall in die ganze Sache hineingerissen worden. Sie hingegen kommen von weit her, und ich bin mir sicher, dass Sie hier nicht etwa Urlaub machen!«
Zamorra nickte. Er hingegen war überzeugt davon, dass Millings an dieser Stelle log. Er wollte nicht an einen Zufall glauben. »Wir sind hier, weil ein Dämon, den ich in Paris vernichtet habe, mich auf Paxos aufmerksam gemacht hat.« Es war eine spontane Entscheidung, einen Schritt auf Millings zuzugehen. Vielleicht konnte das die angespannte Beziehung ein wenig auflockern.
Millings nickte, und seine Wangen wurden ein wenig blasser. »Was wissen Sie?«
»Es müssen sich mehrere Dämonen hier aufhalten. Der Gehörnte, den ich vernichtete, war nur einer. Die ganze Insel…«
In diesem Moment klopfte es, und Zamorra unterbrach sich. Wer konnte das sein? Der Zeitpunkt hätte kaum unpassender sein können.
Ärgerlich rief er: »Wer ist da?«
Doch er erhielt keine Antwort. Statt dessen klopfte es erneut, härter und fordernder als zuvor.
Nicole stand auf und öffnete die Tür. »Was ist denn?«
Ihre nächsten Worte waren von Überraschung geprägt.
»Was führt Sie hierher?«
Sie gab die Tür frei, und Zamorra konnte einen Blick auf die Besucherin werfen. Es war Paola Lukos, die junge Griechin, die sie gestern aus dem Griff des Dämons befreit hatten.
Das Amulett erwärmte sich leicht, und Zamorra spannte die Muskel an. Das sah gar nicht gut aus.
»Ich habe einen Auftrag«, sagte Paola hölzern. »Ich bedanke mich bei Ihnen für meine Rettung, und ich bringe Sie zu meinem Herrn.« Ihre Stimme ließ jede Emotion vermissen. Monoton leierte sie die Worte hinunter.
Die junge Griechin stand zweifelsfrei unter dem Einfluss eines Dämons. Wenn sie ihr folgten, begaben sie sich in höchste Gefahr. Andererseits konnte Paola sie direkt zu den Drahtziehern führen, zu denjenigen, die für das grauenhafte Geschehen auf der Insel verantwortlich waren.
Merlins Stern griff sie nicht von selbst an, und Zamorra war darüber froh. Andererseits war Paola Lukos auch kein Dämon, sondern nur dämonisch beeinflusst.
Zamorra musterte die junge Frau genauer und sah die beiden kleinen Einstiche am Hals der Paola Lukos. Sie war das Opfer eines Vampirs geworden.
Zamorra fluchte innerlich, denn die Chancen, ihr zu helfen, waren verschwindend gering. Doch die ganze Art ihres Verhaltens zeigte, dass sie noch nicht selbst zum Blutsauger geworden war, sondern lediglich unter einem magischen Bann stand. Kein typisches Schicksal für ein Vampiropfer. Vielleicht bestand doch noch Hoffnung für sie.
»Folgen Sie mir«, forderte Paola Lukos mit ausdruckloser Stimme. »Sie werden erwartet!«
Sie drehte sich um und verließ das Zimmer. Ohne auf Zamorra, Nicole oder Millings zu warten, ging sie auf die Treppe zu, die nach unten führte.
»Eigenartig«, murmelte Nicole, und Zamorra sah ihr an, dass sie dieselben Schlüsse gezogen hatte wie er. »Sehr eigenartig. Das ist doch eine allzu offensichtliche Falle.«
»Du hast Recht, doch wir werden Paola folgen. Wir müssen die Chance, die
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