0803 - Meleniks Mordnacht
ersten Eindruck vermittelt zu bekommen, außerdem suchten wir hier nach Spuren, die uns tief in die Vergangenheit führten, in die Zeit Meleniks. Diese Kathedrale war kurz vor der Zerstörung der Wand noch einmal wie ein Schattenbild erschienen, und ich wurde das Gefühl einfach nicht los, dass uns das Orakel noch einmal eine letzte Botschaft hatte übermitteln wollen.
Gleichzeitig war sie auch ein Rätsel gewesen. Bisher hatte ich nichts gesehen, was uns auf unsere erste Spur zurückgeführt hätte.
Bei meinem Rundgang hatte ich Suko und Bill getroffen. Auch sie waren von dem Bauwerk angetan gewesen, obwohl sie ihr Geheimnis bisher nicht hatten ergründen können.
Wir wollten uns in einem der in der Nähe liegenden Cafés treffen. Noch war es nicht so warm, dass Tische und Stühle draußen standen, doch auch im Innern dieser kleinen Läden konnte es gemütlich sein, denn Touristen waren zum Glück Mangelware.
Ich hatte zum zweitenmal auf meiner Wanderung das Südportal erreicht und brauchte jetzt einfach einen Schluck Café oder Wasser, dazu einen guten Cognac oder ein Glas Wein.
In der Nähe befanden sich einige kleine Lokale, ich konnte mir eines aussuchen. Bill und Suko würden mich sicherlich hier finden, außerdem wollte ich mich ans Fenster setzen.
Ich schaute mir die Lokale an, eigentlich mehr wie nebenbei, denn ich schlenderte gleichzeitig auf sie zu.
Dann passierte etwas, das mich wie aus einem tiefen Traum schreckhaft hervorriss. Gegenüber dem Südportal lag ein Café, dessen Name mich fast umhaute. Ich schaute zweimal hin, noch ein drittes Mal, aber es stimmte. Die Schrift verblasste nicht, sie war keine Täuschung, über dem Eingang stand sie tatsächlich.
La Reine de Saba.
Meine Kehle war trocken geworden. Ich kam mir vor wie jemand, der im Sumpf steckte und verloren war. Mehrmals wiederholte ich den Namen, schüttelte den Kopf und stellte fest, dass sich in dem Fenster das Licht der Sonne spiegelte, die schon schräg stand.
Das war doch mein Ziel!
Ich ging jetzt schneller, denn ich wollte mehr über diesen Namen wissen. Es musste einen Grund geben, weshalb man das Café so genannt hatte, und ich hoffte, dass mich jemand darüber informieren konnte.
Als ich die Tür aufschob und mich umschaute, ließ ein Kellner seine Zeitung sinken. Ein Radif dudelte in der Ecke. Hinter der Theke stand eine Frau und putzte Gläser. Zwei ältere Männer hockten an einem runden Tisch zusammen und schlürften ihren Wein.
Ich grüßte und schaute mich nach einem günstigen Platz am Fenster um. Das Gehen hatte mich etwas angestrengt, so war ich froh darüber, mich setzen zu können.
Der Kellner hatte die Zeitung zur Seite gelegt und kam auf mich zu. Er war schon älter, hatte graues Haar und war mit einer schwarzen Hose, einem weißen Hemd und einer ebenfalls schwarzen Weste bekleidet. »Monsieur, was darf ich bringen?«
»Ein Wasser.«
»Gut.«
»Und bitte noch einen Cognac.«
»Gern.«
Zu essen bestellte ich nichts. Mein Hungergefühl war vergangen, was an der Aufregung liegen mochte. Ich wartete und hatte mich so gesetzt, dass ich die Kathedrale sehen konnte. Die Türme ragten in den Himmel wie eine Stütze des Glaubens. Viele Wolken hatten sich verzogen und einer sanften Bläue Platz geschaffen. Vögel umschwirrten die beiden Türme. Manche von ihnen ließen sich auch darauf nieder.
Der Kellner kehrte zurück. Die bauchige Flasche Perrier stand ebenso auf dem Tablett wie das Glas mit dem Cognac. »Bitte sehr, Monsieur«, sagte er, stellte alles auf den Tisch und wollte sich wieder zurückziehen. Dagegen hatte ich etwas.
»Einen Augenblick, bitte.«
»Ja…«
Ich lächelte so freundlich, dass er mir einfach nicht böse sein konnte. »Wissen Sie, ich bin fremd hier…«
»Das sind die meisten, die hier herkommen. Für einen Touristen ist die Zeit noch zu früh.«
»Ich bin auch kein Tourist in dem Sinne.«
»Was dann?«
»Nun ja, ich schaue mir gern Kirchen und Kathedralen an und muss sagen, dass diese hier zu den schönsten gehört, die ich in meinem Leben je gesehen habe.«
»Das wissen wir hier.«
»Kann ich mir denken, aber ich möchte Sie eigentlich etwas anderes fragen.«
Er knurrte. »Muss das sein?«
»Kommen Sie. Es geht ja nicht um Menschen.«
»Sie sind Ausländer, wie?«
»Stimmt. Ich komme aus London. Das nur am Rande. Ich möchte von Ihnen gern wissen, warum dieses Café ‘La Reine de Saba’ heißt. Die Königin von Saba, das ist ein sehr ungewöhnlicher Name.«
Der
Weitere Kostenlose Bücher