0808 - Anruf aus dem Jenseits
Vorbereitungen mit dem Übernatürlichen eingelassen zu haben!
Endlich ließ er das enge Gassengewirr, das zu dem kleinen Hinterhof führte, hinter sich und erreichte offenes Gelände. Seine Lungen rasselten. Schwer atmend blieb Zindler stehen und hielt sich die schmerzenden Seiten.
Auf der anderen Straßenseite sah er die Freunde stehen. Mit schreckensbleichen Gesichtern blickten sie ihm entgegen und schienen unschlüssig zu sein, wie sie sich weiter verhalten sollten.
Aus den Augenwinkeln bemerkte Zindler, wie es hinter ihm heller wurde.
»Helft mir!«, rief er den Freunden zu. Auch diesmal reagierten sie nicht. Von ihnen hatte er nichts mehr zu erwarten, das wusste er. Er zerknirschte einen Fluch zwischen den Zähnen. Die Freunde bedeuteten ihm nichts, schließlich hatte er lediglich ihre Bekanntschaft gesucht, um sie Hemorgian als Opfergabe darzubringen. Nun jedoch brodelte unbändiger Hass in ihm hoch.
Die Worte des Dämons kamen ihm wieder in den Sinn: »Ich werde dich zu meinem Diener machen, aber anders, als du es dir vorgestellt hast…«
Zindler ahnte bereits, dass hinter diesem simplen Satz eine grauenhafte Teufelei stand.
Er warf sich herum. Die leuchtende Kugel hatte sich ihm bis auf wenige Meter genähert und schien sich ihres Opfers völlig sicher zu sein.
Langsam wich der Österreicher zurück. Er war sich darüber klar, dass es für ihn kein Entkommen mehr gab. All seine Arroganz war nun von ihm abgefallen. Mit einem Mal glitzerte Todesangst in seinen Augen.
»Nein! Lass mich, bitte…«, stammelte er, während der Dämon auf ihn zuschwebte. Er wusste, alles war jetzt vorbei.
Schmerzhaft stieß Zindler mit dem Rücken gegen eine Telefonsäule und klammerte sich instinktiv an dieser fest. Seine Knie drohten einzuknicken.
Dann war die Kugel heran.
Blitzartig schoss sie auf den Verzweifelten zu und hüllte ihn in ihren blauen Schein. Zindler schrie auf, als kaltes dämonisches Feuer über seine Haut züngelte. Seine Finger krallten sich fester um die-Telefonsäule. Ein Nagel brach ab, aber er bemerkte es kaum.
Entsetzt beobachteten die Übrigen das unheimliche Geschehen.
»Wir müssen ihm helfen!«, stammelte Corbiere.
Paul Vignier winkte unwirsch ab. »Bist du verrückt, Mensch?«, gab er zurück. »Er wollte uns diesem Ding opfern! Außerdem bin ich nicht lebensmüde!«
Wieder schrie Zindler gellend auf. Mittlerweile wurde sein gesamter Körper von dem unheimlichen blauen Licht eingehüllt. Seine Gestalt flackerte wie bei einem schlecht eingestellten Fernsehbüd.
Unvermittelt zerriss ein greller Blitz die Nacht und blendete die Freunde. Als sie wieder sehen konnten, waren sowohl Zindler als auch die unheimliche Energieerscheinung verschwunden.
»Wo ist er hin?«, fragte Christine mit zitternder Stimme.
Paul schnaubte. »Wenn du mich fragst, Schätzchen, würde ich sagen, der Teufel hat ihn geholt!«
»Das glaubt uns kein Mensch«, murmelte Corbiere leise. Er konnte kaum fassen, was er gerade gesehen hatte.
»Richtig, Michel«, gab Paul zurück. Er blickte die Freunde der Reihe nach an. »Deshalb sollten wir auch alle schön den Mund halten.«
»Wenn wir die Story jemandem auftischen«, ergänzte Claude Gougeon, »landen wir am Ende noch im Irrenhaus!«
Die Freunde schwiegen. Was hätten sie auch sagen sollen?
Als sie sich später in dieser Nacht trennten, hatten sie eine Übereinkunft getroffen. Niemals wieder wollten sie ein Wort über die schrecklichen Ereignisse dieser Nacht verlieren.
»Vergesst es - es ist nie passiert!«, hatte Paul zum Abschied gesagt.
Und so versuchten sie, das Grauen aus ihren Erinnerungen zu verdrängen…
***
Ein Jahr später
Claude Gougeon klappte das Lehrbuch zu und rieb sich die Augen. Der dickliche Mittzwanziger gähnte herzhaft. Für heute Abend hatte er genug gelernt, fand er. Zu viel Stress brachte einen ohnehin nur früh ins Grab. Deshalb ließ er die Dinge lieber ruhig angehen.
Er warf dem Lehrbuch noch einen letzten, angesäuerten Blick zu. Zu Beginn seines Studiums war ihm Naturwissenschaft als relativ leichtes Fach erschienen. Mittlerweile hatte er diesen Eindruck jedoch gründlich revidieren müssen.
Seufzend erhob sich Gougeon vom Schreibtisch und stapfte in die Küche, wo er auf die Uhr sah. Es war bereits nach Zehn.
Gougeon runzelte die Stirn. In den Lehrstoff vertieft, hatte er gar nicht gemerkt, wie die Zeit dahinraste. Für heute musste es wirklich reichen!
Entschlossen trat er zum Kühlschrank und nahm eine Flasche Bier
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