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0808 - Anruf aus dem Jenseits

0808 - Anruf aus dem Jenseits

Titel: 0808 - Anruf aus dem Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Breuer
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Neben ihm stieß seine Freundin Yvette einen unwilligen Laut aus.
    »Geh schon ran«, forderte sie ihn missmutig auf. »Das ist ja nicht zum Aushalten!«
    Sprachs und zog sich demonstrativ die Bettdecke so weit über die hübschen Ohren, bis nur noch die obersten Zipfel ihrer zerzausten Kurzhaarfrisur hervorlugten.
    Corbiere lächelte noch etwas schlaftrunken, um sich dann endgültig aus dem Bett zu schwingen. Mit zwei schnellen Schritten durchquerte er das gemeinsame Schlafzimmer und erreichte den Störenfried. Ehe es ein weiteres Mal klingeln konnte, nahm er den Hörer des schnurlosen Telefons ab.
    »Ja?«, fragte er kurz angebunden, während er sich leise ins Wohnzimmer stahl, um Yvette nicht weiter zu stören.
    »Michel?«, fragte eine Stimme, die ihm vage bekannt vorkam.
    »Am Apparat«, gab Corbiere zurück. »Wer da?«
    Er warf einen Blick aus dem Fenster. Es dämmerte gerade und der Himmel zeigte ein tiefes, blutiges Rot. Hoffentlich hatte der Anrufer gute Gründe, ihn um diese nachtschlafende Zeit zu stören!
    »Paul«, wurde ihm geantwortet und nach einer kurzen Pause: »Paul-Vignier.«
    Jetzt erst erkannte Corbiere die Stimme. Urplötzlich war er hellwach. Mit steifen Schritten ging er herüber zum Fenster und öffnete es. Kühle Morgenluft drang ihm entgegen. Die Geräusche der langsam zum Leben erwachenden Stadt waren zu hören, doch Corbiere nahm sie nur am Rande wahr.
    »Was gibt es?«, fragte er mit einiger Verzögerung.
    Zwölf lange Monate waren vergangen seit der schicksalhaften Nacht, in der Corbiere und seine Freunde Zeuge von Geschehnissen geworden waren, die jeder menschlichen Logik widersprachen. Damals hatten sie einen Schwur geleistet, niemals wieder ein Wort über die erlebten Dinge zu verlieren. Sie alle hatten sich daran gehalten, doch seither war nichts mehr wie früher zwischen ihnen. Wenn sie sich nun auf den Fluren der Universität begegneten, schien eine unsichtbare Mauer zwischen den Freunden zu stehen. Verstohlene, verschwörerische Blicke, beiläufig gemurmelte Grüße - mehr war von der einstigen Gemeinschaft nicht mehr übrig geblieben.
    Corbiere war sich immer noch nicht sicher, ob sie in jener Nacht nicht doch irgendeinem obskuren Trick aufgesessen waren. Er warf einen Blick in Richtung Schlafzimmertür. Seit er kurz nach den damaligen Ereignissen-Yvette kennen gelernt hatte, war es ihm immer besser gelungen, jeden Gedanken an die Ereignisse weit von sich zu schieben. Bis jetzt.
    »Ist dir in letzter Zeit irgendetwas Ungewöhnliches passiert?«, vernahm er wie aus weiter Ferne Pauls Stimme. Die Worte klangen fast lauernd.
    »Etwas Ungewöhnliches?«, echote Corbiere.
    »Nun sag schon!«, polterte Paul los. Seine Nerven schienen aus irgendeinem Grund blank zu hegen.
    Corbiere seufzte und zwang sich zur Ruhe. »Nein«, antwortete er dann. »Yvette und ich sind gerade erst von einem Wochenendtrip nach England wiedergekommen. Was soll mir schon Ungewöhnliches passiert sein? Im Übrigen, meinst du nicht, dass es für solche Spielchen noch etwas früh am Tag ist?«
    Paul ging auf die Frage gar nicht erst ein. »Michel, wir müssen uns treffen«, erklärte er in einem Tonfall, der keinen Widerspruch zu dulden schien.
    Kurz spielte Corbiere mit dem Gedanken, dem Freund zu sagen, er solle sich zum Teufel scheren, doch aus irgendeinem Grund spürte er, dass es sich um etwas Wichtiges handelte.
    »Willst du mir nicht endlich verraten, was los ist?«, fragte er.
    Paul wehrte ab. »Ich kann darüber nicht am Telefon reden«, antwortete er. »Wann hast du Zeit?«
    Corbiere überlegte einen Moment und ergab sich in sein Schicksal.
    »Heute Mittag«, seufzte er. »Komm einfach vorbei, ich bin den ganzen Tag zu Hause. Meine Adresse hast du noch?«
    »Ja, natürlich«, antwortete Paul. »Bis nachher also…«
    Er zögerte einen Moment, bevor er hinzufügte: »Pass auf dich auf, Michel!«
    Stirnrunzelnd öffnete Corbiere den Mund, um zu fragen, wie er das meinte, doch im gleichen Moment verriet ihm ein Klicken, dass der Freund den Hörer aufgelegt hatte.
    Corbiere legte den Hörer auf dem Wohnzimmertisch ab und fluchte leise. Er überlegte kurz, ob er sich wieder zu Yvette ins Bett kuscheln sollte, verwarf den Gedanken aber. Jetzt konnte er genauso gut wach bleiben.
    Während er in die Küche schlurfte, um sich eine Kanne Kaffee aufzubrühen, fragte er sich, was den Freund wohl so aus der Fassung gebracht hatte. Sicher, Paul war ein aufbrausender, manchmal hektischer Typ, aber seine Stimme

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