0808 - Das unheimliche Herz
dichten Dschungel weiter zu kommen.
Nach knapp einer halben Minute hatte ich den oberen Rand der Böschung erreicht und legte mich flach auf den heißen Boden. Hier stand das Gesträuch weniger dicht, es gab Lücken und helle Flecken, wo die Strahlen der Sonne hintupften.
Noch wagte ich es nicht, mich aufzurichten und zum anderen Ufer hinzuschauen. Stattdessen sah ich den Aufbau der Brücke beinahe zum Greifen nahe vor mir, und auch dort rührte sich nichts. Die Straße, die auf die Brücke zuführte, konnte man vergessen. Sie war mehr eine Schlaglochpiste.
Vor mir bewegte sich das Buschwerk, dann erschien das Gesicht des farbigen Bob Crane. Blut rann über sein Gesicht. Er sah aus wie ein wilder Dschungelkämpfer, der sich Rambo als Vorbild ausgesucht hatte. Suko war noch zurückgeblieben. Er wartete darauf, dass von der anderen Seite geschossen wurde.
Es blieb dort still.
Wenig später hatte auch er das Boot verlassen und blieb neben uns hocken. Als Einziger von uns blutete er nicht. Ich band mir ein Taschentuch um die Armwunde und ließ mir von Suko eines für die Hand geben. Damit tupfte ich das Blut ab und war froh, dass nicht mehr viel aus der Schnittwunde nachfloss.
»Teil eins haben wir überstanden«, sagte Crane. »Was bringt uns der zweite Akt?«
»Bestimmt kein Vergnügen.« Ich bewegte den Kopf. »Am besten wäre es, wenn wir an die Brücke herankämen. Wir gelangen so auf die andere Seite.«
»Glaubst du nicht, dass unsere Freunde darauf warten?«
»Klar.«
»Wir könnten auch schwimmen.«
»Dann schießen sie uns ab wie Fische«, sagte Suko.
Bob schüttelte den Kopf. »Nein, wir müssen es nur richtig anstellen und uns einen Ort aussuchen, den sie nicht unter Kontrolle haben.«
Suko und ich waren dagegen. Uns gefiel der Weg über die Brücke noch immer am besten.
Crane fand sich damit ab. »Okay, wer macht den Anfang?«
»Du und Suko«, sagte ich. »Ihr beide habt die MPs. Ich möchte mich da etwas zurückhalten.«
»Einverstanden.«
Wir krochen wie Rekruten aus der Deckung hervor und hatten eigentlich Glück, dass wir anschließend noch durch den natürlichen Bewuchs geschützt wurden.
Er breitete sich nicht allein nahe des Wassers aus oder an der Kanalböschung, er wuchs auch noch darüber hinweg, wurde aber flacher, je weiter er sich vom Kanal entfernte. Er endete schließlich als flacher Bodenbewuchs dort, wo das harte, sonnenverbrannte Land begann. Uns gelang es, einen Blick über den Kanal zu werfen. Wir sahen den gelben Wagen. Er war direkt zwischen das Buschwerk gefahren worden. In seiner Nähe aber bewegte sich nichts. Suko und Bob Crane bewegten sich tief geduckt auf die Brücke zu. Beide wollten kein Ziel bieten. Ich blieb etwas zurück und schaute ihnen zu, wie sie sichernd am Rand der schlechten Straße standen, ihre Köpfe bewegten und die Umgebung absuchten.
Als sie mir zuwinkten, wusste ich, dass die Luft wahrscheinlich rein war.
»Jetzt die Brücke!«, sagte ich.
Sie lag vor uns. Auch ihre geteerte Straßendecke zeigte Löcher und Risse. Das Holzgeländer war an den beiden Seiten gleich hoch. An der rechten entdeckte ich die weißen Flecken und lange Risse, die Sukos Geschosse hinterlassen hatten.
Dann sahen wir den Toten.
Genau in dem Augenblick, als der Motor des gelben Wagens ansprang. Wir kümmerten uns nicht um den Mann, sondern schauten über das Geländer hinweg und sahen bereits den Staub, der von den Autoreifen aufgewirbelt wurde.
Sie rasten weg, als wäre der Teufel persönlich hinter ihnen her.
Aber der war mehr ihr Freund.
Voller Wut hob Bob Crane die Waffe an. Es sah so aus, als wollte er hinter dem Fahrzeug herschießen, überlegte es sich dann anders und ließ die MP wieder sinken.
»Die sind weg – scheiße auch.«
Ich hob die Schultern.
Suko blickte betreten zu Boden, und bei uns löste sich allmählich die Spannung. In meinem Knie spürte ich das leichte Zittern. Das war haarscharf gewesen und hätte auch ins Auge gehen können.
Wir hatten einfach Glück gehabt, von keiner Kugel getroffen worden zu sein, aber sie würden es immer weiter versuchen, wir waren dieser unsnoch unbekannten Gruppe einfach zu dicht auf den Fersen.
Bob strich über seine glatten Haare. »Fragt sich nur, was wir jetzt noch unternehmen sollen?« Er fluchte wieder. »Zu Fuß gehen?«
»Es wird uns nichts anderes übrig bleiben«, erwiderte ich.
Er schaute mich an, als wollte er mich fressen. Dann fragte er: »Ob Kiki noch lebt?«
Wir konnten ihm keine Antwort
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