081 - In der siebenten Hölle
über mich zu verhängen gedachte, sofort vollstrecken?
Ein letzter Blick auf Peckinpah war mir noch gegönnt. Eine mitleiderregende Gestalt war er, wie er so allein am Schlangenstein hing. Das Herz konnte einem brechen, wenn man ihn ansah.
Aber meines war schon gebrochen.
Einmal, als ich Vicky Bonney sterben sah, und noch ein zweites Mal, als ich Jubilees Tod mit ansehen mußte.
Die geflügelten Teufel schleppten mich zu einem brennenden Tor, das sich von selbst öffnete, sobald wir auf fünf Schritte herangekommen waren.
Ich blickte in einen Saal. Der Boden bestand aus schwarzem Stein, die Wände ebenfalls. Gelbliche Schwefeldämpfe füllten den großen Raum aus. Sie bewegten sich wie Nebelschwaden, wenn eine leichte Brise aufkommt.
Und in diesen nach faulen Eiern stinkenden Schwaden hockten grauenerregende Horrorgestalten, dämonisches Gezücht, wie es nur in den tiefsten Abgründen der Hölle existieren konnte.
Das war das »Publikum«, das der Verhandlung beiwohnen wollte. Sie alle wußten, was mir bevorstand. Asmodis hatte sie bestimmt schon informiert.
Ich hörte unirdische Stimmen, die normalerweise nur die Dämonensprache benützten. Jetzt versuchten sie sich in meiner, für sie ungewohnten Sprache verständlich zu machen.
Kläffend, heulend, bellend wünschten sie mir einen schrecklichen Tod. Sie verfluchten mich, und ich sah furchtbare Klauen, die sich zu Fäusten ballten und drohend geschüttelt wurden.
Eine ausgemergelte Hexe, deren Beine stellenweise verholzt waren, sprang vor mich. Sie bespuckte mich und schlug mir ihre eiskalte Hand ins Gesicht. Der Schlag war so kräftig, daß ich glaubte, er würde mir den Kopf abreißen.
Ich fiel gegen einen der beiden Teufel, die mich flankierten, und der stieß mich derb zurück.
Die Hölle haßte mich. Alle zeigten mir, wie sehr. Mir ging es dreckig, und es mag paradox klingen, aber irgendwo tief in meinem Inneren fühlte ich mich gut.
Man hätte mich nicht so sehr verachtet, wenn ich nicht all die Jahre so erfolgreich gewesen wäre, und darauf konnte ich stolz sein. Sie konnten mir antun, was sie wollten, diese Genugtuung konnten sie mir nicht nehmen.
Wir gingen weiter, und aus dem Schwefelnebel schälte sich der lange Richtertisch, etwas erhöht. Ich sah vier Beisitzer, zwei links, zwei rechts, Teufel mit grimmigen, haßerfüllten Gesichtern. Hatte schon jemals ein Urteil so felsenfest festgestanden wie diesmal?
Normalerweise tritt ein Gericht zur Wahrheitsfindung zusammen. Aber hier war die »Wahrheit« bereits bekannt.
Die Hölle hatte Tony Ballard, einen ihrer erbittertsten Feinde, in ihre Gewalt bekommen! Ich konnte mir vorstellen, wie die Zuschauer bei jedem einzelnen Anklagepunkt, der verlesen wurde, aufheulen würden.
Ich würde im Verlauf dieser Gerichtsverhandlung an Auseinandersetzungen mit der Hölle erinnert werden, die ich bereits vergessen hatte.
Punkt für Punkt, Kampf für Kampf, Sieg für Sieg würde zur Sprache kommen, und mich würde das, was ich hören würde, stärken. Ich werde vor dir nicht auf die Knie fallen und um mein Leben betteln, Asmodis! dachte ich trotzig. Stolz und aufrechten Hauptes werde ich alles ertragen, was ihr mir antut.
In der Mitte des Richtertisches saß Asmodis.
Ich mußte zu ihm aufblicken, und ich sah in seinem Gesicht einen Ausdruck, den ich nicht zu deuten wußte.
War es Unsicherheit?
Bei Asmodis?
Unmöglich, sagte ich mir. Aber irgend etwas ging in meinem größten Feind vor. Nicht alles, was ich zunichte gemacht hatte, war von ihm geplant und befohlen worden. Er kümmerte sich nur selten um das, was zum Beispiel Mago oder Atax taten. Sie hatten freie Hand. Schließlich würden sie ja doch nie etwas tun, was nicht im Sinne des Bösen war.
Asmodis behielt sich die Oberaufsicht vor. Alles andere delegierte er. Er brauchte nicht alles selbst zu tun beziehungsweise zu überwachen. Es gab Höllendiener in ausreichender Zahl.
Der Stuhl, auf dem er saß, glich einem Thron und war des Fürsten der Finsternis würdig. Ich sah vergoldete Totenschädel und fluoreszierende Knochen. Die Armlehnen endeten in lebenden roten Fratzen, die sich ab und zu bewegten.
Was war es, was ich in Asmodis' Gesicht sah?
Zweifel?
Hielt der Anführer aller höllischen Heerscharen sich nicht für unfehlbar? Woran sollte er zweifeln? Daß es richtig war, mich vor Gericht zu stellen?
Natürlich war es - aus Asmodis' Sicht - richtig.
»Laßt ihn los!« befahl der Höllenfürst den geflügelten Teufeln. Die beiden
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