081 - In der siebenten Hölle
traten augenblicklich zwei Schritte zurück.
Asmodis' böser Blick tastete mich ab. Der Herrscher des Schattenreichs kam mir nervös vor. Was störte ihn? War es etwas an mir? War es mein Dämonendiskus? Er brauchte davor keine Angst zu haben. Ich konnte ihn nicht abnehmen und nach ihm schleudern; nicht, solange meine Hände gefesselt waren.
Warum eröffnete er nicht endlich die Verhandlung? Worauf wartete er? Warum zögerte er?
Es war laut im Saal. Grauenerregende Laute drangen an mein Ohr. Die Zuschauer wurden ungeduldig. Sie wollten, daß der Höllenfürst endlich das Zeichen für den Beginn der Verhandlung gab.
Er hob die Hände. Lange Krallen wuchsen an seinen Fingern.
Das dämonische Gezücht verstummte jäh. Es wurde schlagartig so still wie in einer Gruft.
Asmodis starrte mich durchdringend an. »Du bist Tony Ballard, der auch Dämonenhasser genannt wird!« peitschte die Stimme des Höllenfürsten durch den Saal.
»Tod dem Dämonenhasser!« brüllte irgend jemand, und alle wiederholten es im Chor, aber Asmodis brachte sie abermals mit einer herrischen Handbewegung zum Verstummen.
Ich schwieg. Ich brauchte die Behauptung des Höllenfürsten nicht zu bestätigen.
»Du weißt, weshalb du vor dem Höllengericht stehst. Noch läßt du keine Reue erkennen, aber das wird sich ändern. Noch bist du stolz auf deine Taten, doch bald wirst du sie bedauern.«
»Niemals!« entgegnete ich mit erstaunlich fester Stimme.
Doch Asmodis schien es besser zu wissen. Ein kaltes Lächeln zuckte um seine Lippen. »Du wirst zur Einsicht kommen, Tony Ballard.«
»Nie!« behauptete ich.
Ein feindseliges Knurren brandete gegen meinen Rücken. Es gab wohl keinen Dämon, dem es kein außergewöhnliches Vergnügen gewesen wäre, mir an die Kehle zu gehen.
»Du bist an einem Wendepunkt angelangt, Tony Ballard!« behauptete Asmodis. »Ein Leben, wie du es bisher geführt hast, wird dir nicht mehr möglich sein.«
»So? Laß mich frei, und ich beweise dir das Gegenteil!«
Die Zuschauer forderten die Verlesung der Anklageschrift, doch Asmodis betrachtete mich wieder mit zweifelndem Blick. Er schien nachzudenken. Und dann ordnete er an: »Bringt den Kopf der schwarzen Wahrheit!«
Ein Raunen ging durch die Menge. Ich hatte noch nie vom Kopf der schwarzen Wahrheit gehört. Was wollte Asmodis damit?
Es dauerte nicht lange, bis der Schädel zur Stelle war. Ein häßliches Höllenwesen trat vor mich hin. Zwischen seinen Pranken hielt es einen schwarzen Totenschädel, der mich schaurig angrinste.
Bestand der Schädel aus Stein? Oder handelte es sich um einen versteinerten Knochen?
»Hebe deine Hände, Tony Ballard!« verlangte Asmodis.
Ich gehorchte.
»Nimm den Schädel zwischen deine Hände!« befahl Asmodis.
»Wozu?«
»Weil ich es dir befehle!« herrschte mich der Höllenfürst an.
Ich nahm den schwarzen Kopf zwischen die gefesselten Hände. Ein unbeschreiblicher Schmerz durchbohrte meine Handflächen. Hitze, Kälte… Eine eisige Glut… Ich weiß, es ist ein Widersinn, aber das spürte ich, und dieses Gefühl blieb nicht in meinen Händen. Suchend, tastend wanderte es durch meine Arme, erreichte die Schultern, verästelte sich, stieg hinab in meinen Körper, hinauf in meinen Kopf.
Eine neue Form der Folter?
Ich wankte, stöhnte, verdrehte die Augen. Mir war, als würde die Lebensflamme in mir ersticken.
Ein Trick! schrie es in mir. Ich hätte es wissen müssen! Magie befindet sich in diesem verdammten Schädel! Sie wird mich umbringen. Ich werde sterben. Hier, auf der Stelle. Ohne Verhandlung…
Ich hätte den Kopf der schwarzen Wahrheit nicht berühren dürfen!
Die Kraft, die von dem Schädel ausging, durchforschte jeden Winkel meines Körpers.
Was suchte sie?
Eine Wahrheit? Die schwarze Wahrheit? In mir?
Ich machte Schreckliches mit, aber die Kraft des Schädels vermochte mich nicht niederzuwerfen. Schweißüberströmt blieb ich stehen. Zitternd trotzte ich dem schmerzhaften Reißen in meinen Nervenbahnen. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich Asmodis an.
Er bewegte die rechte Hand. Es schien ein Wink zu sein. Der furchterregende Teufel, der vor mir stand, nahm mir den Kopf der schwarzen Wahrheit wieder aus den Händen. Die Kraft des Schädels floß aus mir. Nichts davon blieb zurück.
Und was sah ich in Asmodis' Augen? Ich habe es geahnt! schien sein Blick zu rufen. Welche Bestätigung hatte er durch den Kopf der schwarzen Wahrheit bekommen?
»Der Kopf!« hörte ich es hinter mir raunen. »Er hat ihn
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