081 - In der siebenten Hölle
Tony.«
Ich wollte es ihm erklären, aber da stülpte sich die Glocke über meinen Kopf und alles verschwand hinter diesem heftigen Flimmern. Das Brausen wurde so laut, daß ich es kaum aushalten konnte. Es drang aggressiv auf mich ein, schmerzte mich nicht nur in den Ohren, sondern drang durch alle Poren, grub sich durch meine Kopfhaut, drang überall in meinen Schädel, und mir war, als würde mir mein Gedächtnis herausgerissen.
Es flog hoch, hinein in diese Glocke, und weiter, durch einen endlos langen Schlauch. War mir das Gehirn abgesaugt worden?
Als das Brausen aufhörte, befand sich mein Geist außerhalb meines Körpers.
Er war auf dem Weg, aber ich hatte keine Ahnung, wohin. Ich hatte den Eindruck, es würde zurückgehen, dorthin, woher ich gekommen war.
Auf die Erde.
Aber nur mein Geist durfte diese Rückreise antreten. Mein Körper mußte in der Hölle bleiben.
Warum passierte das? Was geschah mit mir?
Mein Geist raste dahin. Grelles Licht wechselte sich mit bodenloser Dunkelheit ab. Licht, Schatten - Licht, Schatten - Licht, Schatten… In immer schneller werdendem Wechselspiel.
Und irgendwann spie der Schlauch meinen Geist in eine kohlschwarze Dunkelheit. Aber diese Schwärze, die mich blind machte, blieb nicht. Sie löste sich auf, und ich konnte sehen.
Ich sah Vicky Bonney!
Sie befand sich in ihrem Arbeitszimmer, korrigierte die Druckfahnen ihres neuesten Buches. Ich war bei ihr, konnte sie ganz deutlich sehen, aber sie hatte davon keine Ahnung.
Ich wollte ihren Namen rufen, doch ich besaß keinen Mund, keine Stimmbänder. Es war mir nicht möglich, mich bemerkbar zu machen. Ich konnte nur beobachten, was geschah.
Und es sollte etwas ganz Entsetzliches passieren…
***
Der schwarze Seelenvogel schnitt elegant durch die Luft. Er sauste über die Gräber und hatte einen unverkennbaren Kurs eingeschlagen.
»Roxane!« rief Mr. Silver. »Beschütze die beiden Teufel! Ich kümmere mich um Jacho!«
Die Hexe aus dem Jenseits wirbelte herum. Sie hob die Hände. Der schwarze Seelenvogel stieß soeben auf Gismina herab. Die hübsche Teufelin wandte sich schreiend ab. Sie vergrub ihr angstverzerrtes Gesicht an Valerians Hals.
»Valerian!« schluchzte sie verzweifelt. »Hilf mir!«
Beato war gezwungen, mit anzusehen, wie seine Seele das Mädchen angriff. Roxane wollte mit Zauberblitzen dazwischenfunken, doch der Seelenvogel reagierte auf ihre Attacke, sackte ab und versuchte, Gismina den schlanken gebogenen Schnabel in den Hals zu schlagen.
Valerian packte die Teufelin und riß sie hinter sich. Beatos Seele schwenkte nicht ab. Die Höllenkrähe versuchte nun Valerian zu verletzen.
Bis jetzt hatte Valerian die Teufelin festgehalten. Jetzt ließ er sie los. Gismina fiel auf einen Grabhügel, blieb auf den Knien liegen, während sich Valerian dem schwarzen Vogel entgegenwarf.
Er durfte Beatos Seele nicht schonen. Sie war an die Hölle verloren. Der Seelenvogel würde nur noch Böses tun. Das einzige, was er jetzt noch für Beato tun konnte, war, ihn zu erlösen.
Die Satanskrähe wich Valerians Händen aus, stieg flatternd hoch und setzte hinter ihm zum Sturzflug an. Abermals war ihr Ziel Gismina, doch Valerian ließ es nicht zu, daß der Vogel die Teufelin erreichte.
Er hechtete nach dem Tier, erwischte einen Flügel und ließ ihn nicht mehr los. Dicht neben Gismina prallte Valerian mit der Höllenkrähe auf den Boden.
Der freie Flügel klatschte laut auf den Grabhügel. Der Vogel hackte mit dem Schnabel nach Valerians Hand. Dieser schrie seinen Schmerz laut heraus und schleuderte den Seelenvogel von sich.
Das Tier überschlug sich in der Luft, spreizte die Flügel, um sich zu fangen, konnte aber nicht verhindern, daß es Roxane vor die Füße fiel.
Darauf hatte die weiße Hexe nur gewartet. Abermals zuckten Blitze aus ihren Fingerspitzen, und diesmal trafen die grellen Adern.
Sie stachen in den gefiederten Leib und zerstörten die schwarze Kraft, die sich in ihm befand. Die Höllenkrähe verging. Beatos Seele löste sich auf. Der Seelenvogel hatte nicht lange gelebt. Mit seinem Ende hörte auch Beato zu »leben« auf. Sein Körper erschlaffte. Er brach zusammen wie eine Marionette, deren Fäden gekappt wurden.
Der abtrünnige Teufel war tot - und erlöst.
Mr. Silver konzentrierte sich auf Jacho, den Bestrafer. Er versuchte ihn mit seinem Feuerblick zu vernichten, doch Jacho war dagegen geschützt. Ein ungemein starkes Kraftfeld umgab seinen Körper. Die Feuerlanzen prallten wirkungslos
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