0810 - Der Geist des Hexers
verschiedene Richtungen drückte, rissen die Stricke.
Suko war frei!
Er fiel zur rechten Seite, rollte sich von der Kerze weg und blieb zunächst schwer atmend liegen. Seine Handgelenke brannten, und in seinem Kopf hämmerte es. Die Schläge erwischten ihn wie scharfe Stiche, die Augen brannten, er holte Luft mit weit geöffnetem Mund, er schmeckte das Feuer, die Zunge lag dick in seinem Mund, dann richtete er sich so weit auf, dass er in eine sitzende Stellung geriet.
So blieb er hocken.
Die Arme und Hände nicht mehr auf dem Rücken. Er konnte sich die Gelenke anschauen. Selbst das Licht der einen Flamme reichte aus, um erkennen zu können, dass es auf keinen Fall spaßig war, was er da zu Gesicht bekam. Die Haut war aufgerissen, die Wunden brannten und schmerzten. An den Rändern sah die Haut schwarz aus, und sie hatte sich dort eingerollt.
Auch Sukos Augen brannten. Im Hals war alles zu, er konnte kaum schlucken. Er sah das Blut an seinen Gelenken.
Suko holte ein Tuch aus der Tasche. Er tupfte die Wunden ab. Jede Berührung schmerzte, nur gehörte der Inspektor zu den Menschen, die eine andere Erziehung genossen hatten als der normale Europäer. Schmerzen gehörten zum Leben, das hatte man ihm beigebracht.
Er würde damit existieren können, und er schaffte es auch, sie zu ignorieren, denn die vor ihm liegende Aufgabe war groß genug. Er stand auf.
Den leichten Schwindel ignorierte er. Wichtig war jetzt der Glatzkopf. Suko wusste nicht einmal, wo er sich befand. Pic hatte ihn niedergeschlagen, hatte ihn überrascht, und erst in dieser stickigen und stinkenden Dunkelheit war der Inspektor wieder zu sich gekommen.
Er nahm die Kerze mit, als er auf Pic zuging. Er hatte sie wieder auf den Teller gestellt und brachte sie in die Nähe des Bewusstlosen.
Zuerst suchte er seine Waffe. Pic hatte sie in seinen Gürtel am Rücken gesteckt.
Es tat ihm gut, die Beretta wieder bei sich zu haben. Nicht dass Suko schießwütig gewesen wäre, er löste Probleme lieber waffenlos, aber manchmal ging es nicht anders, da musste die Beretta in Aktion treten, besonders dann, wenn es um Leben und Tod ging oder irgendwelche Schwarzblüter ausgeschaltet werden mussten.
Er kniete neben dem Glatzkopf nieder. Der Kerzenschein wischte nicht nur über das Gesicht, auch über den kahlen Schädel hinweg und ließ ihn fleckig aussehen. Rote und schwarze Farben wechselten einander ab, und in sie hinein glitten gelbe Streifen.
Deshalb sah Pic aus wie ein Monstrum auf zwei Beinen, nur dass er eben lag.
Suko wollte von ihm wissen, wie er hier rauskam. Er fand noch einen Schlagring, auch einen Totschläger und schleuderte beide Waffen weit weg. Einen Revolver entdeckte er bei ihm nicht.
Einige Male klatschte er seine flache Hand in das Gesicht des Mannes. Pic grunzte, er murmelte irgendetwas, als würde jemand im Halbschlaf sprechen.
»He, wach auf!«
Pic stöhnte. Er kam wieder zu sich. Es dauerte Minuten, bis Suko den Mann so weit hatte, dass der seine Umgebung einigermaßen wahrnahm. Da hockte Pic bereits am Boden, und sein Rücken war gegen die Wand gepresst, damit er so sitzen bleiben konnte.
Suko lächelte ihn kalt an.
Erst jetzt bekam der Glatzkopf mit, dass sich die Lage zu seinen Ungunsten verändert hatte. Ein Schreck fuhr durch seine Glieder.
Zusätzlich malte er sich auch in den Augen ab.
»Begriffen?«
Pic bewegte seine Arme. Er wollte die Beretta suchen, die aber zeigte ihm Suko kurz.
»Sie gehörte ja mir…«
Pic stöhnte. Er war fertig. Zu wissen, dass er verloren hatte, passte ihm überhaupt nicht. Er sah aus, als hätte man allen Widerstand aus ihm herausgeblasen. In seinem Kopf dröhnte es. Er presste die Hände gegen den Schädel, dann holte er tief Luft und zischelte Suko einen Fluch zu.
»Rede keinen Unsinn, Glatzkopf. Ich will wissen, wo ich mich hier befinde.«
Pic hatte ihn verstanden. Er lachte sogar und sagte: »In der Hölle bist du gelandet, Meister. Oder in der Vorhölle. Leider brennt nur eine Flamme, aber der Teufel wird dir schon bald einheizen, das kann ich dir versprechen.«
»Zunächst bin ich an der Reihe!«
»Du hast dich überschätzt, Chinese. Auch wenn du der Schlinge entwischt bist, der Sieger bin immer ich.«
»Mal sehen.« Suko legte ihm eine Hand auf die Schulter und griff zu. »So, ich bin dafür, dass du aufstehst.«
»Wieso… ich …?«
»Hoch mit dir!«
Der Glatzkopf quälte sich auf die Beine. Er stützte sich dabei an der Wand ab und hatte Mühe, überhaupt auf den
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