0810 - Homo sapiens X7
dem Zufall.
In beiden Fällen stand er vor dem gleichen Problem: Er mußte ergründen, wo er sich befand, ob es Gefahren für ihn gab und wie er Kontakt zu anderen Menschen aufnehmen konnte.
Seine Nachdenklichkeit machte ihn unaufmerksam, so daß es dem Bewußtsein von Pale Donkvent gelang, ihn ziemlich rücksichtslos zurückzustoßen.
Was immer das für ein Gebäude war, überlegte Donkvent, es rechtfertigte eine gründliche Untersuchung, denn vielleicht gab es dort drüben einen ordentlichen Schluck zu trinken.
Ärgerlich über die Unterbrechung übernahm Vanne sofort wieder das Kommando.
So, wie ihm die Gewohnheiten aller Bewußtseine bekannt waren, wußte er auch um Donkvents stille Leidenschaft.
Das fehlte noch, daß er seinen Körper diesem Säufer überließ!
Eigentlich war es einzigartig, daß Donkvent als Aphiliker dem Alkohol verfallen war. Damals hatte der Ultra-Physiker sich diverse Getränke selbst hergestellt und seine Trunksucht dadurch getarnt, daß er sie als die Folge einer rätselhaften Strahlenkrankheit ausgegeben hatte. Für diese Behauptung hatte er sich mit Hilfe von „Meßergebnissen" sogar glaubwürdige Atteste beschafft.
Vanne befürchtete, daß es Situationen geben würde, in denen man Donkvent aufgrund seiner speziellen Fähigkeiten notgedrungen den gemeinsamen Körper überlassen mußte.
Das würde Probleme mit sich bringen.
Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die gebäudeähnliche Ansammlung.
Daß sie von ihren Bewohnern längst verlassen worden war, bedeutete nicht gleichzeitig, daß es dort keine Gefahren mehr gab.
Trotzdem mußte er sich dorthin begeben. Wo wollte er Auskünfte über diese Welt erhalten, wenn nicht dort? Vanne durfte sich nicht darauf verlassen, daß ES ihn irgendwann auf die gleiche Weise zurückholen würde, wie es ihn hergeschickt hatte. Angesichts der mentalen Überfüllung innerhalb des Geisteswesens war das sogar das letzte, was er erhoffen durfte. ES war wahrscheinlich froh, daß es sieben Bewußtseine losgeworden war.
Vanne setzte sich in Bewegung.
Die sechs anderen Bewußtseine hielten sich diszipliniert im Hintergrund, es gab ja auch keine Veranlassung, Vanne die Führung abzunehmen. Vanne hatte den Eindruck, daß er bereits als Anführer akzeptiert war.
Das bürdete ihm gleichzeitig eine nicht geringe Verantwortung auf.
Er fragte sich, ob ein einzelnes, von ES ausgestoßenes Bewußtsein sich in dieser fremden Umgebung überhaupt zurechtgefunden hätte. Womöglich wäre es seelisch zusammengebrochen.
ES hatte bestimmt Gründe, ausgerechnet sieben Bewußtseine in einem Körper zu vereinigen.
Plötzlich ertönte ein Schrei.
Vanne blieb abrupt stehen.
Er war sicher, die Stimme eines lebenden Wesens gehört zu haben. Sie war aus Richtung des gebäudeähnlichen Komplexes gekommen.
Sollten sich dort doch noch Intelligenzen aufhalten?
Vanne zog sich zurück und ließ seinen Platz Ankamera.
Die Medizinerin und Biologin überlegte, wer diesen Schrei ausgestoßen haben mochte.
Hochintelligente Wesen, wie man sie in dieser Umgebung vermutet hätte, pflegten sich nicht durch solche Laute zu verständigen. Noch unwahrscheinlicher erschien es ihr, daß sich in dieser künstlichen Umgebung Tiere aufhalten konnten.
Vielleicht hatte Vanne sich auch getäuscht und ein technisches Geräusch falseh interpretiert.
Ankamera rief die Erinnerung an den Schrei aus dem gemeinsamen Gehirn ab.
In diesem Augenblick ertönte der Ruf ein zweites Mal. Diesmal schien er aus größerer Entfernung zu kommen, aber Ankamera vermutete, daß dies ein Trugschluß war. Wer immer den Lärm verursachte, er hatte lediglich seine Position innerhalb dieser stadtähnlichen Anlage gewechselt.
Ankamera zweifelte nicht mehr daran, daß sie ein lebendiges Wesen gehört hatte.
Zögernd setzte sie den Körper wieder in Bewegung.
Einem objektiven Beobachter wäre aufgefallen, daß sich die Gangart dieses Menschen veränderte - sie wurde weiblich.
Etwa hundert Meter vor dem fremden Komplex übernahm Vanne wieder die Führung. Die Aura von Ankameras Bewußtsein beunruhigte ihn, zumal er sich aufgrund des gemeinsamen Wissens aller sieben Bewußtseine genau vorstellen konnte, wie die körperliche Ankamera ausgesehen hatte.
Vanne ließ seine Blicke über die Ansammlung gebäudeähnlicher Erhebungen wandern. Die einzelnen Gebilde waren so ineinander verschachtelt, daß es schwerfiel, ihre Bedeutung zu erkennen. Ungefähr in der Mitte der Anlage ragte eine Art Turm in die
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