0812 - Der Howalgonier
deutlich hatte er den Druck gespürt. Er lachte verzerrt.
„Verdammt, Piet", sagte er mit rauher Stimme. „Fast hättest du mich hereingelegt. Ich habe doch tatsächlich nicht daran gedacht, daß es so etwas wie Deflektoren gibt, mit denen man sich unsichtbar machen kann. Also gut, Junge, du hast deinen Spaß gehabt. Leg die Tarnmaske ab und benimm dich wie ein Erwachsener. Wir haben die Jet gefunden, und damit ist alles klar. Hm?"
Piet Alfrat antwortete nicht. Ärgerlich drehte Jaan Wegenrat sich um sich selbst.
„Hör mal", sagte er. „Allmählich habe ich kein Verständnis mehr für diesen Mist."
In seinem Helmlautsprecher knackte es. Er schaltete das Funkgerät ein.
„Jaan", rief Piet Alfrat keuchend. „Wo bist du?"
„Ich habe die Jet gefunden. Aber das weißt du ja selbst. Komm jetzt zu dir und laß den Quatsch."
Ein grauenhafter Schrei antwortete ihm. Piet Alfrat schien sich in höchster Gefahr zu befinden.
„Piet, was ist los?" brüllte Wegenrat.
Nur noch ein Ächzen und Keuchen antwortete ihm. Es hörte sich so an, als ob der Nukleartechniker versuchte, ihm etwas zu sagen, es aber nicht mehr über die Lippen brachte. Dann war Stille.
Jaan Wegenrat zitterte am ganzen Körper. Er blickte sich gehetzt um und flüchtete zur Space-Jet. Mit fliegenden Fingern betätigte er den Öffnungsmechanismus. Er atmete auf, als das Schleusenschott zur Seite glitt, und er sprang förmlich in die Schleuse hinein.
Als das Schott sich schloß, wähnte er sich in Sicherheit. Sein wild jagendes Herz beruhigte sich. Er kletterte zur Zentrale hoch und schaltete das Stromaggregat ein. Dabei erinnerte er sich an Piet Alfrat, und sein Gewissen meldete sich. Er schaltete das starke Funkgerät des Kleinraum-schiffs ein, wurde sich dann aber dessen bewußt, daß er damit so etwas wie ein Alarmsignal an die Laren abstrahlen würde. Deshalb versuchte er es noch einmal mit seinem Helmgerät.
„Piet?" rief er zaghaft.
Der Nukleartechniker antwortete nicht. Wegenrat ließ sich in einen der Andnjcksessel sinken. Er dachte nach, und er wurde sich dessen bewußt, daß er nie mehr ohne Gewissensbisse würde leben können, wenn er sich jetzt nicht um Alfrat kümmerte. Er mußte etwas tun. Er konnte nicht einfach starten und fliehen.
Er erhob sich und durchsuchte die Schränke. Wie erhofft, fand er eine Waffe. Es war ein schwerer Kombistrahler, dessen Reichweite größer war, als die äußeren Bedingungen im Bergwerk verlangten.
Er überprüfte die Waffe und fand, daß sie in Ordnung war.
Die Energiepatrone wies eine Leistungskapazität von fast neunzig Prozent aus.
Wegenrat entsicherte die Waffe und kletterte wieder nach unten. Nachdem er sich noch einmal davon überzeugt hatte, daß der Strahler wirklich einsatzbereit war, verließ er die Space-Jet.
Der Lichtkegel seines Helmscheinwerfers huschte über das brüchige Gestein, in dem sich die schimmernden Erzadern abzeichneten, als er in den Gang zurückkehrte, durch den er gekommen war.
Er hielt sich nicht lange auf und stürmte, so schnell er konnte, zum Ausgangspunkt zurück. Dann schlug er den Weg ein, den Piet Alfrat genommen hatte.
Dabei versuchte er mehrmals, Funkkontakt zu dem Nukleartechniker zu bekommen. Ohne Erfolg.
Je weiter Jaan Wegenrat vordrang, desto langsamer ging er. Vorsichtig tastete er sich voran. Er wollte nicht überrascht werden.
Mittlerweile zweifelte er nicht mehr daran, daß irgend etwas Fremdartiges in den Bergwerksstollen lauerte. Dieses Fremde mußte Piet Alfrat überwältigt und vielleicht gar getötet haben.
Plötzlich bemerkte der Ingenieur einen Schuh. Er kniete sich nieder und betrachtete ihn. Er erinnerte sich, bei Alfrat derartiges Schuhzeug gesehen zu haben.
Hinter ihm knackte etwas.
Darauf hatte er gewartet. Blitzschnell fuhr er herum und feuerte den Energiestrahler ab. Deutlich konnte er sehen, wie der Blitz den geraden Stollen entlangschoß und sich irgendwo in der Ferne verlor.
Für einige Sekundenbruchteile war der Stollen auf etwa hundert Meter taghell beleuchtet. Wenn jemand irgendwo auf dieser Strecke gewesen wäre, dann wäre er von dem Hitzeschock zu Boden geworfen worden. Da war jedoch nichts.
Jaan Wegenrat faßte sich stöhnend an den Kopf.
„Nerven behalten", ermahnte er sich leise und drehte sich wieder um. Seine Augen weiteten sich. Der Schuh war verschwunden.
Er sprang auf und wich einige Schritte weit zurück. In panischem Entsetzen suchte er seine Umgebung nach dem Schuh ab, ohne ihn entdecken zu können.
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