0812 - Der Howalgonier
Jahren schon kein Raumschiff mehr gelandet.
Sowohl die Laren als auch die Überschweren mieden die Anlage, als hätten sie hier mit Gefahren zu rechnen. Roboter und kleine Gruppen von Spezialisten warteten den Raumhafen, so daß dieser jederzeit wieder in Betrieb genommen werden konnte. Auch dafür hatte der Ingenieur nur wenig Verständnis. Er trat dafür ein, alle Anlagen zu versiegeln und sie so vor Verfall und Zerstörung zu bewahren. Er war der Ansicht, daß die Wartungseinheiten nur Energie verschwendeten, die an anderer Stelle nutzbringender eingesetzt werden konnte.
Der Zugang zum Bergwerk war verschlossen und mit Panzerschotten abgesichert. Doch das war kein Problem für Jaan Wegenrat. Er kannte sich hier aus. Mühelos öffnete er das positronische Schloß, das er selbst eingerichtet hatte. Danach glitten die Schotte zur Seite. Wegenrat blieb stehen und atmete einige Male tief durch.
Rührung drohte ihn zu übermannen. Dies war seit vielen Jahren das erste Mal, daß er das Bergwerk betrat. Die Erinnerung an die verlorene Freiheit und an den Reichtum überfiel ihn. Sie erdrückte ihn nahezu.
Auch Piet Alfrat schwieg. Er war nicht so reich und mächtig gewesen wie der Ingenieur, aber auch er hatte noch alle Vorzüge jener pulsierenden Welt genossen, die Goorn II selbst einige Zeit nach der Vernichtung des Solaren Imperiums gewesen war.
„Wo ist die Jet?" fragte Wegenrat mit belegter Stimme.
„Sie muß in der Halle in elf Bsein", antwortete der Nukleartechniker. „Wir werden sie schon finden."
Wegenrat schloß die Schotte, nachdem er sich einen Schutzhelm aufgesetzt hatte, an dem ein Scheinwerfer angebracht war. Auch Piet Alfrat versah sich mit einem Helm, so daß sie genügend Licht hatten. Der Boden des Ganges, der in den Berg führte, war glatt und eben. Transportgleiter hatten früher die Schwingquarze nach oben gebracht. Auch die Wände und die Decke waren glatt. Positronisch gesteuerte Desintegratorstrahler hatten den Weg zum Howalgonium freigeschnitten.
Hohl hallten die Schritte der beiden Männer von den Wänden wider. Beide schwiegen. Sie hingen ihren Gedanken nach.
Sie hofften, das Raumschiff so schnell wie möglich zu finden, damit sie keine Zeit verloren. Jaan Wegenrat dachte daran, die Jet mit Howalgonium zu beladen, doch dann fiel ihm ein, wie sinnlos das gewesen wäre. Verbittert lachte er auf.
„Was ist los mit dir?" fragte Piet Alfrat besorgt.
„Ich dachte gerade daran, daß wir für das Howalgonium Milliarden kassieren würden, wenn wir es nur irgendwo in der Galaxis absetzen könnten", antwortete der Ingenieur. Er schüttelte den Kopf. „Es ist nicht zu fassen. Da sitzen wir auf einem wahren Schatz. Noch vor wenigen Jahren hätten wir damit die halbe Galaxis kaufen können. Und heute ist das Zeug nichts mehr wert."
„Übertreibe nicht", sagte der Nukleartechniker ruhig. „Völlig wertlos ist Howalgonium heute auch nicht.
Aber du hast recht. Vorläufig können wir es nirgendwo verkaufen."
Die beiden Männer erreichten einen Verteiler.
Von hier zweigten fünf Gänge in verschiedenen Richtungen ab.
„Wir trennen uns", schlug Wegenrat vor. Er tippte sich mit den Knöcheln gegen den Helm. „Über Funk können wir in Verbindung bleiben. Wir schalten die Geräte aber nur dann ein, wenn wir etwas gefunden haben. Es ist nicht notwendig, die Laren aufmerksam zu machen."
„Glaubst du wirklich, daß sie uns abhören?"
„Ich weiß, daß es irgendwo eine robotische Sicherung gibt.
Die könnte Alarm schlagen, wenn wir uns allzu sorglos benehmen. Es bliebt also dabei: Wir melden uns nur, wenn einer von uns die Jet gefunden hat."
„Na schön. Wie du willst." Jaan Wegenrat lachte. „Hast du Angst, allein durch das Bergwerk zu laufen? Mensch, Piet, wir sind die einzigen hier. Und an Gespenster glaubst du doch wohl nicht?"
Piet Alfrat lächelte verlegen. Er schüttelte den Kopf.
„Was hältst du von mir?" fragte er. „Aus dem Windelalter bin ich heraus. Also, bis später."
Damit drehte er sich um und ging durch einen Gang davon. Jaan Wegenrat blieb stehen und beobachtete ihn, bis der Lichtschein in der Ferne verschwand. Dann wählte er einen anderen Gang aus und ging los.
Ein seltsames Gefühl beschlich ihn. Ihm war, als sei er nicht allein. Er schalt sich selbst einen Narren, drehte sich dann aber doch um und blickte zurück. Der Gang hinter ihm war leer.
Doch das Gefühl, nicht allein zu sein, blieb.
Ein kalter Schauer rann ihm über den Rücken. Jaan Wegenrat fluchte
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