0815 - Die Höllenbestie
Ich wollte auf keiner Fall, dass sie in die Sache mit hineingezogen wurden. Gegen eine Unperson wie Mister Amok kam kein braver Polizist an.
Der Polizist nickte einige Male, als hätte jemand mit einem Band an seinem Schädel gezogen. Ich ließ ihn stehen und lief wieder nach draußen, wo mich Jake Lester mit hängenden Armen erwartete. Er schaute zu Boden atmete heftig und gab keine Antworten auf Fragen, die ihm von Nachbarn gestellt worden waren.
Er sprach aber mit mir. »Wie geht es weiter, Mr. Sinclair?«
»Wir müssen zu Ihrer Mutter.«
Ei, knetete seine Hände. »Meinen Sie dass Jory jetzt zu ihr geht?«
»Rechnen müssen wir damit.«
»Und Ihr Kollege?«
»Zwei sind immer besser als nur einer. Kommen Sie.« Ich zog ihn weiter auf den Wagen zu.
Als wir dort waren, blieb er stehen. »Wollen Sie nicht fahren, Mr. Sinclair. Ich… ich fühle mich einfach nicht in der Lage. Wirklich – meine Gedanken …«
»Geben Sie mir den Schlüssel.«
Er drückte ihn mir in die Hand. Ich schloss die Tür auf und nahm hinter dem Steuer Platz.
Zitternd setzte sich der Lehrer neben mich. Er konnte nicht sprechen, obwohl er immer wieder ansetzte.
Ich startete, rollte an den Polizisten vorbei, anschließend an den geschockten Nachbarn.
Die Idylle war noch vorhanden. Allerdings nur äußerlich. Hinter ihr lauerte die Fratze des Todes, und die hatte einen Namen, den ich nie mehr vergessen würde.
***
Mister Amok!
Nein, er hatte die Kugel nicht kommen sehen, aber er hatte gewusst, wie verdammt gefährlich dieser blonde Hundesohn gewesen war. Er war zur Seite gewuchtet, aber das Geschoss hatte ihn trotzdem gestreift.
Jory war geschockt gewesen.
Nie zuvor hatte er einen derartigen Schmerz gespürt. Der wiederum hatte ihn in die Knie getrieben, zu seinem Glück, so war die folgende Kugel über ihn hinweggeflogen.
Dann hatte er geschossen.
Leider nicht gezielt, das war ihm nicht möglich gewesen. In seinem Kopf war einiges durcheinander geraten. Er hatte das Brennen gespürt, die verfluchten Schmerzen, aber instinktiv hatte er gewusst, dass er auf der Straße nicht mehr bleiben konnte.
Er musste weg.
Flüchten!
Und das zum ersten Mal in seiner fürchterlichen Existenz. Zum Glück fürihn gab es in der Umgebung genügend Deckung, die ihm ein sicheres Versteck bot.
Er war in die Schatten der hohen Bäume gehuscht und hatte sich dann wie ein Berserker durch einen Buschgürtel geschlagen. Roboterhaft war er weiter und weiter gelaufen, bis sich der weiche Boden unter seinen Füßen verändert hatte, und Jory spürte, wie das hochgeschleuderte Wasser in sein Gesicht fegte.
Er rannte weiter.
Er sank tiefer, und plötzlich hatte der kleine See seine Gestalt verschluckt. Die mächtigen Füße bewegten sich über den schlammigen Grund, sie wühlten den Dreck in die Höhe, und sie machten eine Sicht noch unmöglicher.
Mister Amok aber ging weiter. Nicht lange blieb er unter der Oberfläche verborgen. Sehr bald verlor der kleine See an Tiefe, und Mr. Amok konnte am anderen Ufer an Land klettern.
Dort fand er wieder Deckung im nahen Gestrüpp. Wenn er seinen hässlichen Schädel nach rechts drehte, sah er eine Brücke, die über das Wasser führte. Um dorthin zu gelangen, musste er einen flachen, mit Gras bewachsenen Hang hochgehen.
Das ließ Jory zunächst bleiben. Wichtiger war seine Verletzung, die er unzweifelhaft erhalten hatte. Am Ufer des Teichs ließ er sich auf den Boden fallen. Die Waffe legte er neben sich. Es war wieder ruhig geworden, niemand schaute ihm zu, aber er hörte das Heulen einer Polizeisirene.
Mister Amok kümmere sich nicht darum. Wichtig war seine linke Kopfseite. Zwischen Stirn, Auge und Wange war das Geschoss vorbeigeschrammt wie ein tödlicher Hauch.
Er fuhr mit seiner Hand am Gesichthoch. Es war nicht sein Fall, so zart mit der Haut umzugehen. Normalerweise reagierte er anders, härter und roher. Hier bewies er, dass er die Finger auch sanft einsetzen konnte, und er merkte plötzlich, wie die Kuppen von etwas Weichem, Lappigem berührt wurden.
Jory erschrak.
Er fühlte weiter. Klebrige Nässe, Blut wahrscheinlich. Eine Wunde, in die er sogar seinen Finger hineinlegen konnte. Unter der Kuppe spürte er den harten Widerstand. Es stammte aus dem Gefüge in seinem Kopf. Für eine Weile hockte er im Gras und war enttäuscht.
Von Depressionen konnte keine Rede sein, aber er wusste nicht, was er jetzt noch tun sollte. Da war eine Welt für ihn zusammengebrochen, denn bisher hatte man ihm
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