0816 - Die Schattenfrau
Der Hubschrauber ist ja nicht grundlos abgeschmiert. Da war jemand, und der hat nachgeholfen, Mr. Tandy.«
»Stimmt.«
»Sie haben etwas erweckt, Mr. Tandy. Diese… die Frau – Zeo! Was oder wer ist sie genau?«
Der Kommissar erwartete eine Antwort, die er nicht sofort bekam, denn Cliff Tandy schaute mich an.
Ich hatte mich aufgesetzt, hustete und hob die Schultern. »Wenn es irgendwelche Unklarheiten geben sollte, dann solltest du mithelfen, sie aus der Welt zu schaffen.«
Tandy wand sich. »Es ist da etwas, das gebe ich zu«, murmelte er, »aber es ist schwer verständlich.«
»Sie können es trotzdem mit einer Erklärung versuchen«, schlug der Kommissar vor.
»Ja, natürlich«, murmelte Tandy. Er räusperte sich. »Wie wir alle wissen, gibt es viele Kulturen. Und jede Kultur hat ihre eigene Geschichte. Sie hat auch ihre besonderen Persönlichkeiten hervorgebracht. Das können Kaiser, Könige und auch Feldherren gewesen sein. Wie gesagt, da trifft man sich. Ich erforsche die ägyptische. Mal abgesehen von berühmten Pharaonen wie Cheops oder Tutanchamun, gab es auch andere Personen, die nicht so bekannt gewesen sind. Die die Geschichte vergessen oder die sie noch gar nicht gefunden hat. Menschen mit besonderen Kräften, wie sie auch in unseren europäischen Geschichtsbüchern auftauchen. Männer und Frauen, die im Geheimen wirkten, wobei ich mich auf die Frauen konzentriere.«
»Aha«, sagte Feisal.
Tandy ließ sich nicht beirren. Er betrachtete den dunklen Himmel, als suchte er dort nach den richtigen Worten. »Die Frauen waren etwas Besonderes. Auch wir in unserer Kultur kennen die so genannten Mystikerinnen. Die geheimnisvollen Frauen, die in der katholischen Kirche eine große Rolle gespielt haben. Ich denke da an Hildegard von Bingen. Diese Mystikerinnen waren oft genug leidend, sie hatten schwer an ihrer Last zu tragen. Sie wussten und spürten Dinge, die anderen verborgen blieben, und diese Mystikerinnen gab es auch hier in Ägypten. Es ist nie viel über sie geschrieben worden, aber sie waren bekannt. Zumindest in Fachkreisen. Nur hat man sich selten mit ihnen beschäftigt. Sie waren nicht so spektakulär wie die Pharaonen oder die Hohepriester. Sie blieben im Hintergrund, aber Eingeweihte kannten sie doch. Ich habe mich mit ihnen beschäftigt und bin dabei eben auf Zeo gestoßen, auf eine besondere Frau.«
»Auf ihr Grab, meinen Sie?«
»Ja.«
»Das Sie geöffnet haben!« Feisal sprach mit scharfer Stimme. Er wollte Tandy als Grabräuber überführen.
Der jedoch ließ sich nicht aufs Glatteis locken. »Das ist ein Irrtum. Ich habe das Grab nicht geöffnet, zudem kann man von einem Grab im eigentlichen Sinne nicht sprechen. Es ist mehr eine Anlage.«
»War sie schon aufgebrochen?«
»Ja.«
»Wer tat es?«
»Sie fragen mich zu viel, Kommissar. Jedenfalls war das Grab oder die Grabstätte bereits offen.« Tandys Gesicht verschloss sich.
Ein Zeichen dafür, dass er vorerst nichts mehr sagen wollte.
Im Gegensatz zu Feisal. Der Kommissar legte den Kopf schief, sein Lächeln wirkte kantig. Er sagte mit leiser Stimme. »Wenn das alles stimmt, was Sie mir da unterschieben wollen, dann würde diese Mystikerin ja noch leben.«
»Erfasst.«
Der Ägypter trat einen Schritt zurück. »Sie… Sie … sind nicht mehr ganz …«
»Richtig im Kopf, meinen Sie?«
»So ähnlich.«
»Da irren Sie, Kommissar. Es ist möglich. Warum hätte ich sonst meinen alten Schulfreund John Sinclair alarmieren sollen, der sich mit diesen und ähnlichen Dingen beschäftigt?«
Feisal warf mir einen fragenden Blick zu. Er erwartete von mir eine Antwort, und ich wollte Cliff Tandy nicht im Regen stehen lassen. »Ja«, sagte ich, »so fremd es für Sie auch klingen mag, Kommissar, aber es ist möglich. Ich habe selbst die Erfahrung machen müssen, dass Personen, die eigentlich schon Tausende von Jahren tot sein müssten, plötzlich lebten. Wobei man dieses Wort nicht genau nehmen soll. Sie waren lebende Tote oder Personen, die es geschafft haben, den Tod zu überwinden.«
Hosni Feisal stöhnte auf. »Die Rache der Pharaonen, meinen Sie?«
»Nicht ganz.«
»Da gab es doch auch Spekulationen, dass Hohepriester oder Pharaonen nicht starben. Man hat in Ihrem Land entsprechende Filme gedreht und die Menschen in Panik versetzt.«
»Sehr richtig.«
»Und so etwas soll es in Wirklichkeit geben?«
»Ich habe es erlebt. Auch in Ihrem Land, Kommissar, das ich ja nicht zum ersten Mal besuche.«
Feisal raufte sich die
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