0816 - Die Schattenfrau
»Es fällt mir schwer, es zu glauben. Ich bin natürlich froh, dass Sie mich in etwas eingeweiht haben, aber mit der Existenz dieser Person komme ich einfach nicht zurecht. Tut mir Leid.«
»Ich auch nicht, obwohl ich ihren Namen kenne.«
»Ach ja?«
»Sie heißt Zeo, und sie ist eine Mörderin. Im Bungalow meines Freundes werden Sie einen Toten finden. Der Mann gehört zum Hotelpersonal. Ich habe keine Ahnung, weshalb er sterben musste. Aber es ist nun mal geschehen. Möglicherweise wollte sie uns demonstrieren, wozu sie fähig ist.«
Feisal nickte. Er schaute dorthin, wo sich einige Menschen versammelt hatten, diskutierten und kaum wussten, um was es tatsächlich ging. Ich sah Clifford Tandy neben einer Frau im weißen Kostüm stehen und auf sie einreden. Er wirkte um Jahre gealtert.
Auch der Hoteldirektor hatte sich zu ihnen gesellt.
»Wer ist diese Person?«
»Sorry, Kommissar, das weiß ich nicht.«
»Sie heißt Zeo?«
»Ja.«
»Das ist kein sehr gebräuchlicher Name bei uns. Diese Person wird sich finden lassen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Auch wenn ich Ihre Hoffnungen zerstöre, Kollege, aber das können Sie sich abschminken. Sie werden die Mörderin nicht so leicht aufspüren können.«
»Warum nicht? Trauen Sie uns das nicht zu?«
»Das hat damit nichts zu tun. Diese Person ist einfach zu stark. Sie ist uns Menschen voraus, und sie war es auch, die den Hubschrauber zum Absturz brachte, denn sie schleuderte eine Statue gegen die sich drehenden Rotorblätter. Durch diese Tat ist die Funktion nicht gestoppt worden. Der Kopter musste kippen.«
Feisal blickte mich scharf an. »Das haben Sie gesehen?«
»Mein Schulfreund ebenfalls.«
»Sie haben nicht eingegriffen und diese Person an ihrer Tat gehindert?«
»Nein, es war nicht möglich. Es ging alles viel zu schnell. Wir konnten nichts tun. Und sie verschwand blitzartig.«
»Wohin?«
»Ins Nichts.«
»Was?«
Ich kam um eine Antwort herum, denn Cliff Tandy stand plötzlich neben uns. »Wie geht es dir, John?«
»Wenn eine Person vor dem Ertrinken gerettet wurde, kann es der nur gut gehen.«
»Da hast du Recht.«
»Was ist mit dir?«
Er senkte den Kopf. »Ich bin in einer Stimmung, in der ich mich am liebsten verkriechen möchte.«
Feisal sagte: »Dann sind Sie derjenige, der uns diesen Ärger eingebrockt hat?«
Tandy schaute mich an. »Was soll ich sagen, John?«
»Die Wahrheit.«
Er nickte. »Also gut, Kommissar, die Wahrheit. Wenn Sie es so sehen, ist das in Ordnung, obwohl ich aus verständlichen Gründen anderer Meinung bin.«
»Was haben Sie der Person getan?«
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihr etwas angetan habe.«
»Aber Sie werden von ihr verfolgt.«
»Das ist richtig.«
»Dafür muss es ein Motiv geben. Rache? Haben Sie etwas getan, was diese Frau zu einer Rachetour verleiten könnte?«
»Nein.«
Feisal dachte einen Moment nach. »Aber Sie öffnen Gräber, Mr. Tandy.«
»Ich bin Archäologe.«
»Eben.«
Cliff Tandy regte sich auf. »Was soll das heißen, Kommissar?« Er fuchtelte mit den Händen. »Den Schuh ziehe ich mir nicht an, darauf können Sie sich verlassen. Ich arbeite hier nicht als Grabschänder, sondern mit Ihren Behörden zusammen. Nein, da müssen Sie sich schon ein anderes Motiv suchen.«
Feisal zupfte an seiner nassen Kleidung. »Wir haben in diesem Land schon die finstersten Dinge erlebt. Es sind Fälle eingetreten, bei denen Menschen ums Leben kamen, deren Tod man nicht aufklären konnte. Vieles hing mit den Pyramiden zusammen und verständlicherweise auch mit euch Archäologen. Ich kenne Kollegen von Ihnen, die als Grabräuber Karriere gemacht haben, die mit Banden zusammenarbeiteten und die es dann getroffen hat. Durch den Fluch oder durch wen auch immer. Sie haben deshalb…«
»Ich habe gar nichts«, unterbrach Tandy den Kommissar. »Ich habe bei meiner jetzigen Arbeit nicht einmal ein Pharaonengrab betreten. Mich interessierten ganz andere Gräber. Ich suchte die unbekannten Höhlen, nicht die Massengräber, sondern die Anlagen, die sich begüterte und auch reiche Menschen leisten konnten. Die Bürgergräber, die Gräber der Priester, die nicht mit ihren Pharaonen zur letzten Ruhe gebettet wurden. Das war mein Ziel.«
»Haben Sie denn da etwas gefunden?«
»Mehr als genug.«
»Was denn?«
Tandy schüttelte den Kopf. »Das wäre zu aufwendig, um es Ihnen zu erklären. Ich will nur wissen, ob Sie es mir glauben oder nicht.«
Feisal lächelte hinterlistig. »Klar, ich glaube Ihnen.
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