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0816 - Die Schattenfrau

0816 - Die Schattenfrau

Titel: 0816 - Die Schattenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ja, gut. Du weißt«, er holte tief Atem, »dass ich mich mit alten Gräbern beschäftige, wobei ich nicht nur auf die Pyramiden achte, sondern auch auf Gräber, die für verhältnismäßig normale Menschen errichtet wurden. Die kleineren Grabstätten, die nicht allzu tief unter der Erde liegen. In ihnen wurden diejenigen begraben, die zum ägyptischen Bürgertum zählten und noch genügend Einfluss hatten, sich ein Grab zu leisten.«
    »Sie war plötzlich da, nicht?«
    »Ja. Ich durchstreifte die Grabanlagen in der Nacht. Sie war mondhell, nicht so dunkel wie heute. Und plötzlich stand sie vor mir. Als wäre sie aus der Erde erschienen. Eine – eine wunderbare Frau. So schön, so edel, wie ich niemals zuvor eine erlebt habe. Ich war wie gebannt, konnte zuerst nicht reden, dann fragte ich sie nach ihrem Namen. Sie hieß Zeo.«
    »Fiel dir ihre Kleidung nicht auf?«
    »Nicht so sehr. Sie trug wohl ein Gewand, was ich im Nachhinein als ungewöhnlich ansehe, aber in dieser besagten Nacht war eben alles anders. Ihrer Ausstrahlung, ihrem Zauber konnte ich mich nicht entziehen.«
    »Verstehe.«
    Tandy hob die Schultern. »Ich denke nicht, dass es dir anders ergangen wäre, John. Du bist auch nur ein Mann, und wer erliegt nicht dem Zauber einer derartigen Person? Ich konnte mich nicht wehren. Ich freute mich darüber und war sogar stolz, als sie mich an der Hand nahm und mich durch das Gräberfeld führte. Es kam mir vor, als wäre sie in dieser Gegend zu Hause, aber darüber dachte ich erst später nach, als es für mich quasi zu spät war. Da hatte mich der Zauber dieser Frau voll und ganz eingefangen. Sie verschwand wieder, als hätte sie zurück in ihr Grab gemusst. Ich blieb allein mit der Erinnerung. Du kannst dir vorstellen, dass ich in den restlichen Stunden der Nacht keinen Schlaf mehr fand.«
    »Das glaube ich dir.«
    »Aber es ging weiter.« Er nickte sich selbst zu. »Tage später, ich hatte Zeo natürlich nicht vergessen und hielt mich im Hotel auf, war sie plötzlich wieder da. Mitten in der Nacht. Sie stand auf einmal in meinem Zimmer.«
    »Was tatest du?«
    »Was hättest du getan, John?«
    Ich hob die Schultern. »Genau kann ich es dir nicht sagen, aber durch meinen Job wäre ich misstrauisch gewesen, was kein Vorwurf gegen dich sein soll, Cliff.«
    »Das habe ich auch nicht so aufgefasst, John. Ich war jedenfalls überrascht und sprachlos. Natürlich strömten sofort die Erinnerungen auf mich ein. Ich hatte nur Blicke für sie und sie für mich. Ich saß wie versteinert in meinem Bett. Es war ein normales Hotelzimmer, kein Bungalow wie dieser hier. Und dann – dann zog sie sich aus. Sie war plötzlich nackt, und ich konnte sie in den nächsten Stunden erleben.« Er fasste wieder gegen seine Stirn. »Du kannst dir kein Bild machen, was sie mit mir getrieben hat. Die Zeit verging wie im Rausch. Erst als sie verschwunden war, kam ich wieder zu mir. Da ließ die irrsinnige Spannung endlich nach, und ich stellte fest, dass ich am gesamten Körper brannte. Ich konnte es mir nicht erklären. Es war noch dunkel im Raum. Ich stand auf, ging ins Bad, schaltete dort das Licht ein und besah meinen nackten Körper im Spiegel. Ich erschrak, denn ich war über und über mit kleinen Wunden bedeckt, aus denen das Blut geströmt war. Am Hals, im Gesicht, auf der Brust, auf dem Rücken – es gab praktisch keine Stelle, die ihre Nägel ausgelassen hatten. Das Blut war aus den Wunden gequollen und war so verschmiert auf der Haut, dass eigentlich nur ein Schluss blieb: Sie musste Blut geschlürft haben. Jedenfalls war ich völlig durcheinander und kam überhaupt nicht mehr zurecht.«
    »Was tatest du?«
    »Ich schaute mir das Bett an.«
    »Es war blutbefleckt.«
    »Ja.«
    »Aber du hast mich nicht angerufen.«
    »Nein, das tat ich nicht. Ich flog zurück nach London, weil ich dort zu tun hatte. Die Verhandlungen mit dem Sender zogen sich in die Länge, ich musste also länger bleiben als vorgesehen, und an die Frau dachte ich kaum noch.« Er legte den Kopf zurück, winkelte ein Bein an und umspannte das Knie mit beiden Händen. Dann lachte er scharf auf. »Sie brachte sich wieder in Erinnerung, denn eines Tages fand ich sie in meiner Wohnung. Blutverschmiert, umgeben von Hundekadavern. Sie lachte mich an, sie begrüßte mich als ihren Geliebten, und dann riss sie ihren Mund weit auf. Noch heute schaudert es mich, wenn ich daran denke. Ihr Mund sah aus wie eine gewaltige Wunde.« Cliff leerte sein Glas. »Als ich dann anfing

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