0824 - Don Jaime, der Vampir
über hundert Jahre junge Drache hatte es faustdick hinter den nicht vorhandenen Ohren.
»Sieht so aus, als würdest du bei der Auswahl deiner Lehrstoffe nicht besonders sorgfältig vorgehen«, sagte Nicole. »Die meisten Chefs sind ganz anders.«
»Und wie anders?«
»Sie kommen nicht zu spät ins Büro, sondern gar nicht«, verkündete sie grinsend. »He, das war ein Witz!«
Ein Hustenanfall des Drachen war die Folge; dabei loderte eine Flammenwolke aus seinem Rachen, die den Vampir beinahe erreicht hätte.
»He, das war ein Lachen«, sagte Fooly schnell.
Nicole hob die Brauen.
Sie trat näher an Don Jaime heran und betrachtete ihn genau. Er rührte sich immer noch nicht. Die Ladung, die ihm William verpasst hatte, schien auszureichen, um ihn für einige Zeit auszuschalten.
Wie war er durch die Abschirmung gekommen?
Nicole hatte seit einiger Zeit den Verdacht, dass hier etwas nicht stimmte. Schon einmal war eine Kreatur der Finsternis hier erschienen! Aber Zamorra prüfte die weißmagischen Symbole in letzter Zeit fast täglich, und er fand sie jedes Mal in bester Ordnung vor.
Sagte er…
Was, wenn mit Zamorra etwas nicht stimmte? Wenn er unter einem fremden Einfluss stand?
Unmöglich, wischte Nicole den Gedanken fort. Sie besaßen beide eine mentale Abschirmung, die so etwas verhinderte. Niemand konnte sie beide zu etwas zwingen, sie hypnotisieren oder ihre Gedanken lesen, wenn sie das nicht selbst wollten und die Barriere willentlich senkten. Aber warum sollten sie das tun? Gerade jetzt, wo Zamorra an diesem verteufelten Siegelbuch herumlaborierte…
Also musste die Abschirmung in Ordnung sein. Wieso aber hatte Don Jaime sich dann ungehindert im Château bewegen können?
Wenn er erwachte, würde er einige Fragen zu beantworten haben.
Im nächsten Moment sah Nicole, dass seine Augen offen waren. Die Pupillen waren nicht nach hinten verdreht, sondern starrten sie an.
»Verdammt!«, stieß sie noch hervor.
Da griff Don Jaime sie bereits an!
***
William stoppte den BMW an einem Waldweg. Dann rangierte er ihn rückwärts hinein.
»Warum machen Sie das?«, fragte Zamorra etwas verblüfft.
»Wenn ich mich nicht irre, Monsieur, handelt es sich bei diesem Pfad um eine Sackgasse. Ich möchte nicht irgendwo im Gestrüpp wenden müssen. Da könnte sich das Auto festfahren. Immerhin haben wir keinen Allrad-Antrieb. Aber gerade weil dieser Weg im Wald plötzlich endet, halte ich ihn für besonders geeignet, die Kiste dort abzusetzen. Niemand wird sie da suchen, niemand wird sie da finden.«
Zamorra nickte.
Er bewunderte das fahrerische Geschick, mit dem William trotz des geringen Lichtes der für eine solche Aktion sicher nicht geeigneten Rückfahrscheinwerfer den Weg hinauffuhr, ohne ihn einmal irgendwo aufzusetzen. Dabei gab es dafür Gelegenheiten genug. Ein paar Fahrzeugspuren hatten sich in den durchfeuchteten Boden gegraben.
Das irritierte den Professor plötzlich.
»Wenn das eine Sackgasse ist, wer ist dann hier so fleißig hin und her gefahren?«
William stoppte. »Wie belieben zu meinen, Monsieur?«
»Die Radspuren hier! Wir sind nicht die Einzigen, die in letzter Zeit hier gefahren sind. Das möchte ich mir aber doch mal genauer ansehen.«
Er löste die Taschenlampe aus der Halterung im Handschuhfach. Sie gehörte zur Serienausstattung und konnte in dieser Halterung jederzeit aufgeladen werden. Zamorra stieg aus, knipste die Lampe an und besah sich die Spuren.
»Zwei Fahrzeuge«, sagte er. »Eines ist zweimal hier entlang gefahren, das andere wohl nur einmal. Seltsames Reifenprofil…«
Der Butler gesellte sich zu ihm. »Das sieht nach einem Geländewagen aus.«
»Ja, das da aber nicht.« Zamorra deutete auf eine andere Spurrille. »Ziemlich glatt und relativ schmal. Schmaler als unsere Bereifung. Aber ein ziemlich breiter Abstand…«
»Der Oldtimer«, entfuhr es William.
»Der…? Der Hispano-Suiza? Sie meinen, Don Jaime ist hier gewesen?«
»Beschwören kann ich es natürlich nicht, Monsieur. Aber der Verdacht liegt nahe. Näheres musste ein Profilvergleich ergeben. Aber die Eindrücke sind auch sehr tief. Es war also ein ziemlich schweres Gefährt. Der Hispano-Suiza ist ein ziemlich schweres Gefährt.«
Zamorra nickte. »Dann wollen wir mal schauen, was er hier gewollt hat.«
Sie folgten der Spur tiefer in den Wald hinein. Nach einer Weile schüttelte Zamorra sich.
»Gut, dass wir unten angehalten haben. Der Boden wird immer weicher. Hier hätten wir uns wahrscheinlich trotz
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