0824 - Don Jaime, der Vampir
Strahlwaffe, die der Butler aus Zamorras Büro geholt hatte. Der Blitz verästelte sich, die einzelnen Enden tanzten über den Körper des Vampirs. Ein heftiger Schock durchfuhr Jaime.
Er konnte sich nicht mehr bewegen. Er konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten. Er konnte nur noch auf den Boden stürzen. Und er konnte noch atmen und sehen. Alle anderen Körperfunktionen waren gelähmt.
Er sah den Butler da stehen, die Strahlwaffe in der Hand, und zufrieden lächelnd.
Der verdammte Kerl hat mich ausgetrickst!
Dann setzte auch Jaimes Denken aus.
***
Zamorra und Nicole hatten sich von Charlotte erzählen lassen, was in der vergangenen Nacht geschehen war, und dann kam die wilde Geschichte von vorhin.
»Dafür, dass dieser Jaime eigentlich ein großer Feigling ist, ist er doch ziemlich frech«, sagte Zamorra. »Ich hätte eher damit gerechnet, dass er wie Sid Amos ›zum Teufel‹ geht und versucht, sich dort auf meine Rechnung zu betrinken - und ebendort auf mich zu warten. Warum zum Henker macht er sich an Charlotte heran? Er hat sie nicht mal gebissen, wie’s aussieht.«
»Noch nicht«, unkte Nicole. »Das kommt noch. Vorerst hat er sie nur ein wenig hypnotisiert. Ich glaube, er wollte sich hier eine Art Unterschlupf verschaffen.«
»Ob er gedacht hat, er könnte seinen Sarg hier abstellen?«, grummelte Jules.
»Wer weiß schon, was so ein Vampir denkt…«
»Ich dachte übrigens immer, Vampire seien in Wirklichkeit tot«, warf Charlotte ein. »Dieser aber atmet. Ich hab’s gestern gesehen, als wir draußen vor dem Haus waren. Es war kalt, und ich konnte seinen warmen Atem als Dampfwölkchen sehen. Also hat er auch seine gewisse Körperwärme. Er lebt. Wie kann er da ein Vampir sein?«
»Er ist ein Vampirdämon«, sagte Zamorra. »Keine einfache Dienerkreatur. Zu der wirst du mit der Zeit, wenn er dein Blut trinkt. Der Keim breitet sich in dir aus, dein Spiegelbild verblasst, du wirst immer schwächer und stirbst irgendwann. Dann stehst du als vampirischer Diener wieder auf. Vermutlich kannst du dann sogar eine eigene Familie heranzüchten und andere zu deinen Dienern machen. Das ist die Art, wie Vampire sich vermehren.«
»Brrrrr«, machte Charlotte. »Da ziehe ich die menschliche Methode aber entschieden vor. Die macht wenigstens Spaß.«
»Vampirdämonen haben auch ihren Spaß daran«, sagte Zamorra. »Die großen, alten Sippenführer sind unterschiedlich mächtig. Sie rivalisieren, ringen um die Macht. Es gibt nur ein Tabu: ein Vampir darf keinen anderen Vampir töten. Das gilt ganz besonders für die Dämonen. Sarkana ist der erste mir bekannte Blutsauger, der sich nicht an dieses ungeschriebene Gesetz gehalten und seinesgleichen umgebracht hat. Und dieser Don Jaime war Zeuge des Massakers…« [3]
»Ich glaube nicht, dass ich diese Einzelheiten wissen will. Ich habe mich nur gewundert, dass er atmet.«
»Das unterscheidet die-Vampire in Filmen von den wirklichen«, sagte Zamorra. »Gut, die Diener atmen wohl nicht, die sind untot. Aber Kreaturen wie Don Jaime, Tan Morano und andere atmen durchaus. Ihre Körper sind warm, ihr Blut auch, ihre Herzen schlagen. Sie sind eben etwas Besonderes.«
»Nicht nur die Herzen schlagen«, murrte Fronton. »Die Fäuste auch.«
Er nippte an einer Bierflasche, die Justine nebst anderen Flaschen aus dem Keller geholt hatte, damit die Besucher und auch ihr Göttergatte nicht verdursteten.
»Wir werden dieses Haus absichern«, sagte Zamorra. »Dann kann der alte Vogel machen, was er will - er kommt nicht mehr herein. Und ihr seid vor ihm sicher, solange ihr euch zu Hause aufhaltet.« Dabei sah er Charlotte eindringlich an.
»Wie stellst du dir das vor, Professor?«, fragte Jules. »Ich muss zur Arbeit, Justine muss einkaufen.«
»Marie-Claire wird euch ins Haus bringen, was ihr braucht«, schlug Nicole vor. »Und du kannst dich doch krank melden, Jules.«
»Und dazu muss ich zum Arzt, also aus dem Haus…«
»Ich schreibe dir ein Attest«, sagte Zamorra.
»Du bist Dämonenjäger, kein Arzt!«
»Ich kann auch als Psychotherapeut arbeiten«, erläuterte Zamorra. »Und einen Doktorhut habe ich auch. Da wird dein Chef kaum danach fragen, was ich tatsächlich mache. Notfalls verweist du ihn darauf, dass ich einen Lehrstuhl an der Sorbonne hatte und auch jetzt noch Gastvorlesungen halte. Es ist bei dir was Psychosomatisches, klar? Da reicht meine Unterschrift.«
»Na gut. Wenn ich das nächste Mal vom Saufen bei Mostache wieder ’nen Riesenkater habe,
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