0827 - Der Rosenfluch
Familie aus den schlimmen Vorgängen herauszuhalten, was ihr jedoch nicht immer gelang.
»Ja, ist schon in Ordnung. Ich hinterlasse Johnny nur eine Nachricht, dass wir eventuell erst morgen früh zurückkehren.«
»Tu das.«
Der Reporter verließ das Haus und holte den Porsche aus der Garage.
Die erste Dunkelheit hatte ihr feines Gespinst über das Grundstück gelegt, und es war abendlicher Dunst aufgestiegen, dessen hellgraue Bahnen lautlos über den Boden krochen.
Im großen Vorgarten brannten die Laternen. Buntes Laub lag auf dem Boden und glänzte, als wäre es mit einem Film aus Öl bemalt worden.
Bill wartete im Wagen. Er hatte Sheila die Tür geöffnet und schaute zu, wie sie einstieg. Sie schenkte ihm ein Lächeln, das ziemlich aufgesetzt wirkte.
Der Wagen rollte an. »Du fühlst dich nicht wohl, denke ich.«
»So ist es, Bill. Ich habe mir deine Worte durch den Kopf gehen lassen. Es stimmt, wir wissen nicht, was da noch auf uns zukommt. Ich habe den Eindruck, als würde über uns eine gewaltige Felsplatte liegen, die immer tiefer sinkt, um uns irgendwann zu erdrücken. Das alles kann böse Dimensionen annehmen.«
Bill öffnete das Grundstückstor per Fernbedienung. »Dimensionen, über die vielleicht auch Bea Quentin Bescheid weiß?«
Sheila nickte.
»Das reicht mir nicht als Erklärung.«
Sheila lehnte sich zurück. Sie schaute auf der Straße, über die der helle Lichtfleck der Scheinwerfer hinwegglitt und das alte Laub aufleuchten ließ.
»Ich glaube mittlerweile, dass uns die gute Bea etwas Wichtiges verschwiegen hat und nun damit nicht zurechtkommt, weil ihr die Dinge über den Kopf wachsen.«
Bill warf ihr einen schiefen Blick zu. »Nimmst du das nur an, oder hast du konkrete Anhaltspunkte?«
»Beides.« Sie leckte ihre Lippen und zog sie dann mit einem feuchtigkeitsspendenden Stift nach. »Ich glaube fest daran, es aus ihren Worten herausgehört zu haben. Sie wollte nicht direkt mit der Sprache heraus, aber das werden wir noch schaffen.«
»Sicher.«
Sie schwiegen. Nach einer Weile, die Conollys hatten ihre Wohngegend bereits verlassen, sagte Sheila: »John wird inzwischen die Wachau erreicht haben.«
»Nicht nur sie, auch die Ruine.«
Sheila nickte. »Hoffentlich findet er den geheimnisvollen Rosenmann, und hoffentlich ist Suko auf der Hut und deckt ihm den Rücken.« Sie schüttelte sich, als würde sie frieren. Dann wechselte sie das Thema. »Ist dir eigentlich klar, dass wir von Bea Quentin und deren Familie so gut wie nichts wissen?«
»Genau.«
»Und das bereitet mir Sorgen. Wenn man über irgendetwas zu wenig weiß, Bill, kann man leicht in eine Falle hineintappen.«
Der Reporter nickte und streichelte Sheilas Wange. »Stimmt, aber wir werden uns vorsehen.«
Seine Frau hob nur die Schultern…
***
Irgendwie hatte ich den Eindruck, neben mir zu stehen und nicht mehr richtig in dieser Welt zu sein. Erinnerungen durchfluteten meinen Kopf, die sich einzig und allein um Professor Chandler drehten, den Mann, der in der Wachau in einem alten Schloss lebte, forschte und versuchte, die Magie und die Naturwissenschaft unter einen Hut zu bringen. Was ihm auch gelungen war, denn er hatte den Planeten der Magie damals gefunden, er hatte das Phänomen der Zeitreisen teilweise enträtselt. Er war ein Genie, zwar von seinen Kollegen nicht anerkannt und sogar verstoßen worden, was seiner Arbeit jedoch keinen Abbruch tat.
Nun stand er hier.
Nicht nur das.
Er verkaufte Rosen!
Es wollte mir nicht in den Kopf. Alles sah normal aus, aber nichts war normal, wobei ich mich davon ausnahm, denn ich sah mich in diesem Fall als normal an.
Er verkauft Rosen! dachte ich. Verdammt noch mal, ein Genie wie Professor Chandler stellt sich in eine Burgruine und bietet die Blumen an! Das gab es nicht, das war und konnte auch nicht normal sein. Ebenso wenig wie die Rosen selbst.
Sie dufteten, sie rochen, aber sie brachten den Geruch von Tod und Verwesung mit. Vergänglichkeit, Leichen, Friedhof, das alles strömte dieser intensive Geruch aus, der alles andere überdeckte und die frischte Luft völlig ausfüllte.
»Professor Chandler«, sagte ich. Es hatte eine Weile gedauert, bis ich in der Lage gewesen war, die Worte auszusprechen.
Er schaute mich an.
Warum sagte er nichts? War es zu dunkel? Hatte er mich nicht erkannt?
Himmel, er war älter als ich. Vielleicht hatte er mich auch vergessen, was ich allerdings nicht glauben konnte. Nicht, weil ich mich für unvergesslich hielt, sondern weil wir
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