0829 - Der Alpen-Teufel
haben.«
»Den gibt es.«
»Dürfen wir ihn wissen?«
»Klar, es geht um Geld.«
Mit allem hatte ich gerechnet, aber nicht mit einer derartigen Antwort.
»Wieso um Geld?«
»Um Grundstücke, verdammt! Ich will Alpbach zu einer kleinen Hölle machen, zu einem Ort, an dem sich niemand mehr sicher fühlen kann. Schon jetzt reden die Leute darüber, daß sie wegziehen wollen. Sie spielen mit dem Gedanken, ihren Besitzt im Stich zu lassen. All das, was sie sich aufgebaut oder geerbt haben, wollen sie nicht mehr haben, wenn das so weitergeht. Sie haben Furcht, das Grauen steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Es ist in ihre Körper gedrungen, es hat sie übernommen, und ich allein weiß, wo hier die Musik gespielt wird, denn ich bin der große Dirigent. Ich habe ihn, und Paul hat mich, denn ich allein kann ihn führen.«
»Sie lassen also töten, damit Sie an die Grundstücke und Häuser herankommen.«
»Zu einem Spottpreis, Herr Sinclair.«
»Und wer ist Paul?«
»Mein Helfer.«
»Das wissen wir. Nur würde es uns interessieren, wer er genau ist, Herr Brandner. Ein Mensch, ein Tier, eine Mischung aus beidem? Oder eine dämonische Bestie?«
»Eine Mischung«, flüsterte er, »Paul ist ein Ausgestoßener, mit dem niemand etwas zu tun haben wollte. Er war etwas debil. Er war anders als die Menschen hier. Man hat ihn gefunden, man kennt seine Eltern nicht. Wer immer ihn geboren hat, mit dieser Person muß etwas Schreckliches passiert sein, denn das Tierische in ihm kommt immer stärker durch. Er hat lange in der Einsamkeit gelebt, bevor er kam. Er war mehr Tier als Mensch, er konnte kaum laufen, aber er riß die Beute und nahm keine Rücksicht darauf, ob sie zwei- oder vierbeinig war.«
»Das haben wir ja leider gesehen.«
»Eben.«
»Gehorcht er Ihnen?« fragte Suko.
»Ja, denn ich habe ihn gefüttert, als ich ihn in den Bergen traf. Ich habe ihn auch mit der Dorfgemeinschaft bekannt gemacht. Ich wollte damals schon, daß sich die Leute vor ihm fürchten, was auch geschah. Ich gab ihm seinen Namen, und als die Zeit reif war, da entließ ich ihn aus meiner Kontrolle. Ich erklärte ihm, daß er seinem Trieb nachgehen könnte und keine Rücksicht mehr zu nehmen braucht.«
»Er tötete.«
»Und er wird weitertöten.«
»Damit wollen Sie und Ihre Frau durchkommen?« fragte ich.
»Meine Frau weiß nichts. Sie ahnt höchstens etwas, aber das braucht mich nicht zu stören. Wenn ich die Zeit für gekommen halte, wird sie ebenfalls ausgeschaltet. Paul gehorcht mir, er würde sich auf sie stürzen und sie töten.«
Ich schüttelte den Kopf. »Herr Brandner, was sind Sie nur für ein Mensch? Es tut mir leid, aber Ihren Weg kann ich nicht nachvollziehen. Das ist mir zu hoch.«
»Es ist mir egal, was Sie von mir denken. Sie sind jetzt schon so gut wie tot.« Er bewegte den Doppellauf seiner Schrotflinte. »Gehen Sie bis an die Wand und bleiben Sie dort stehen.«
»Und dann?«
»Machen Sie schon!«
Mir blieb nichts anderes übrig, als zu gehorchen, und auch Suko kam dem Befehl nach. Es war klar, daß wir nach einem Ausweg suchten, und es ärgerte mich auch, daß ich Paul noch nicht gesehen hatte, das jedoch änderte sich sehr bald.
Kaum hatten wir unsere Plätze eingenommen, als Brandner Pauls Namen rief.
Genau dort, wo der dritte Stall am dunkelsten war, öffnete sich die Tür eines Verschlags, den wir wegen der Dunkelheit bisher nicht gesehen hatten. Auch jetzt wurde es nicht heller, aber wir sahen den Schatten, der sich geduckt aus dieser Öffnung hervorschob.
Ja, das war er.
Wir rochen ihn, wir hörten ihn ächzen und knurren. Er war ein schwarzes Gebilde, eine Mischung aus Mensch und Tier, das sein Maul weit geöffnet hatte, so daß wir das Blitzen seiner Zähne erkennen konnten. Schon immer hatte er seine Beute damit gerissen oder sie mit den Krallen zerfetzt. Was sollte ihn daran hindern, es jetzt nicht zu tun?
Brandner lachte leise. »Ich bin ja eigentlich ein netter Mensch«, lobte er sich selbst. »Sie können bestimmen, wie Sie sterben wollen. Entweder durch eine Schrotladung oder durch Paul. Vielleicht entscheiden Sie sich unterschiedlich…«
»Wir werden nicht sterben«, sagte Suko, und ich bekam mit, wie er seine rechte Hand bewegte. Ich wußte, was er vorhatte, seinen Stab zu berühren, um die Zeit einzufrieren, aber dazu kam es nicht, denn Herbert Brandner gab höllisch acht.
»Lassen Sie die Hand ruhig!«
»Schon gut, ich wollte nur…«
»Was du wolltest, ist mir egal. Ich will, daß ihr
Weitere Kostenlose Bücher