083 - Der Mann aus der Retorte
des Riesen berichtet. An die Bevölkerung wurde eine Warnung durchgegeben. Jeder, der eine Spur des Riesen fand, sollte es sofort der Polizei melden.
„Also nichts Neues", brummte Dorian mißgelaunt. Vor sich hatte er eine Karte Islands liegen.
„Nach Gullfoss scheint es nur noch Berge und Lavawüsten zu geben."
„Stimmt", sagte Jonas. „Es ist ein unwegsames Gelände. Man kann es nur mit Jeeps befahren. Dort wohnt kein Mensch."
„Don könnte sich dort also verstecken, und es würde ziemlich lange dauern, bis er gefunden würde." Jonas nickte. „Es gibt dort unzählige Schluchten und Höhlen. Ganz in der Nähe befindet sich auch der Langjökull, ein gewaltiger Gletscher."
Dorian schob die Karte zur Seite und stand langsam auf. Er hatte keine Schmerzen mehr, aber er fühlte sich noch ein wenig müde. Dorian schritt einmal durchs Zimmer, dann setzte er sich wieder und steckte sich eine Zigarette an.
„Jonas, was wissen Sie über Magnus Gunnarsson?" fragte der Dämonenkiller.
„Gunnarsson ist einer der mächtigsten Männer Islands", antwortete der Dolmetscher. „Überall beliebt. Er arbeitet sehr eng mit der Regierung zusammen, gehört ihr aber nicht an."
„Ist irgend etwas Nachteiliges über ihn bekannt?" schaltete sich Coco ein.
Jonas schüttelte entschieden den Kopf. „Nein. Er hat keine Feinde."
„Wir versuchen schon seit unserer Ankunft mit Gunnarsson zu sprechen, doch er hat sich auf sein Landgut zurückgezogen. Rufen Sie bitte an, ob er schon zurück ist! Wenn ja, dann sagen Sie ihm, daß wir ihn gern sprechen möchten!"
Jonas telefonierte. Für einen Augenblick deckte er die Muschel zu und grinste.
„Wir haben Glück", sagte er. „Gunnarsson ist gestern nach Reykjavik zurückgekehrt."
Einen Augenblick später sprach Jonas mit Gunnarsson. Das Gespräch dauerte kaum zwei Minuten, dann legte der Dolmetscher auf.
„Sie sollen um zehn Uhr in sein Haus kommen. Ich bringe Sie hin."
„Hat er Ihnen gar keine Fragen gestellt, wer wir sind und was wir von ihm wollen?"
„Nein", sagte Jonas verwundert. „Er stellte keine Fragen. Irgendwie hatte ich den Eindruck, als hätte er auf diesen Anruf gewartet."
„Wie meinen Sie das, Jonas?"
„Es ist nicht in Worte zu fassen", flüsterte Jonas. „Man sagt, daß Gunnarsson über ungewöhnliche Fähigkeiten verfügen soll."
„Und die sind?"
„Etwas Genaueres weiß man nicht."
Magnus Gunnarsson bewohnte ein altes großes Haus in der Flokgata mit Blick auf den Miklatun- Park. Im Inneren des Hauses sah es wie in einem Museum aus: uralte Möbel, alte Waffen und Bilder.
Ein junges Mädchen führte sie in ein großes Zimmer, das im Gegensatz zu den anderen Zimmern fast spartanisch eingerichtet war.
Sie nahmen Platz. Sekunden später kam das Mädchen zurück und servierte einen starken Kaffee. Dorian stand rasch auf, als die Tür geöffnet wurde und Magnus Gunnarsson den Raum betrat.
Er war so groß wie der Dämonenkiller, schlank, aber grobknochig. Gunnarsson sah wie ein zum Leben erwachter Wikinger aus. Das Gesicht war schmal, die Stirn hoch, das gepflegte Haar schimmerte wie Gold; die Augen waren tiefblau, die Haut war mit unzähligen Sommersprossen bedeckt. Er trug einen sorgfältig gestutzten Schnurrbart. Sein kräftiger Körper steckte in einem maßgeschneiderten, grauen Flanellanzug, der wie angegossen saß.
„Guten Tag!" sagte Gunnarsson mit wohlklingender Stimme.
Der Dolmetscher stellte Coco und Dorian vor. Gunnarssons Händedruck war kräftig.
Jonas ging aus dem Zimmer, und Gunnarsson und der Dämonenkiller setzten sich.
Coco musterte den geheimnisvollen Isländer. Sie spürte keine dämonische Ausstrahlung - das besagte aber nicht viel -, aber eine unglaubliche Kraft schien von ihm auszugehen.
„Was kann ich für Sie tun?" fragte Gunnarsson. Er sprach englisch.
Der Dämonenkiller beugte sich vor.
„Wir sind Ihretwegen nach Island gekommen", sagte er. „Wir wollten mit Ihnen in Paris sprechen, aber da waren Sie bereits abgereist.."
„Und weshalb wollen Sie mit mir sprechen, Mr. Hunter?"
„Normalerweise falle ich nicht sofort mit der Tür ins Haus, aber es ist wohl besser, wenn ich Ihnen eine ganz konkrete Frage stelle. Halten Sie mich bitte nicht für unverschämt!"
Gunnarsson nickte leicht. „Fragen Sie ruhig!" „Weshalb besuchten Sie den Tempel der Magischen Bruderschaft in der Rue Beranger?"
„Deshalb also sind Sie hier", meinte Gunnarsson. „Ich kann es Ihnen ganz einfach erklären. Vor einiger Zeit
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