083 - Der Moloch
Zähne darin vergraben, um nicht schreien zu müssen.
„Was ist denn nun passiert?“ fragte Dorian.
„Etwas – Schleimiges hat mich am Hals gefaßt“, stammelte sie, dann brach sie bewußtlos zusammen.
Dorian entdeckte an ihrem Hals einen häßlichen Striemen. Die Haut war an dieser Stelle zerfressen. Er legte das Mädchen aufs Bett, dann durchsuchte er die Kabine, konnte jedoch nichts Ungewöhnliches entdecken.
So fand ihn Parker vor. Als er Doris auf dem Bett liegen sah, wollte er sich mit einem diskreten Oh sofort wieder zurückziehen, doch Dorian klärte ihn auf.
„Ist einer der Passagiere Arzt?“ fragte Dorian ihn.
„Fabienne Mercier studiert im vierten Semester Medizin“, sagte Parker. „Ich werde ihr sagen, daß sie sich um Doris kümmern soll.“
„Jeff!“ Dorian hielt den Freund am Arm zurück. „Am besten erwähnst du den anderen gegenüber nichts von diesem Vorfall. Sie würden ja doch wieder nur an einen makabren Scherz glauben.“ „Und was glaubst du?“ fragte Parker.
Dorian hob die Schultern.
„Ach, da ist noch etwas“, sagte er einer plötzlichen Eingebung folgend. „Versuche doch herauszufinden, wo sich die Mannschaft zum Zeitpunkt des Vorfalls aufhielt!“
Das Fest ging weiter. Dorian hatte sich mit Vali zurückgezogen und ihr von dem Vorfall mit Doris erzählt und daß die Stammbesatzung durch diese zwielichtigen Gestalten ersetzt worden war. Fabienne Mercier erschien wieder an Deck und meinte lässig, daß sie im Augenblick – und wahrscheinlich auch später, denn sie sei ja kein Psychiater – nichts für Doris tun könne. Sie bestätigte aber Dorian, daß die Halswunde wahrscheinlich durch Säure verursacht worden war, behauptete aber im selben Atemzug, daß Doris sie sich bestimmt selbst zugefügt hätte.
Parker setzte sich etwas später zu Dorian und Vali und berichtete, daß keiner von der Mannschaft etwas mit dem Zwischenfall zu tun haben konnte, denn der Smutje und die beiden Matrosen hatten ihre Kojen im Vorschiff ebensowenig verlassen wie der Maschinist den Maschinenraum. Das zumindest behaupteten sie – und das Gegenteil war nicht zu beweisen, als Jeff sie mit seinen dürftigen Griechischkenntnissen befragte. Der Steward und der Kapitän hatte dagegen ein Alibi, das jeder bestätigen konnte. Der Kapitän hatte das Ruderhaus nicht verlassen, und der Steward servierte auf der Plicht.
„Du solltest den Vorfall nicht zu ernst nehmen, Dorian“, meinte Parker mit schwerfälliger Zunge. Seine Augen hatten den leicht glasigen Ausdruck eines Beschwipsten. „Pepes Scherz hat sie ganz aus dem Häuschen gebracht. Sie ist durchgedreht. Das Mädchen neigte schon immer leicht zu Hysterie.“
„Du kennst sie doch erst drei Wochen“, meinte Dorian.
Parker kicherte. „Du solltest nicht glauben, wie rasch Menschen einander kennenlernen, wenn sie drei Wochen hindurch auf engstem Raum zusammengepfercht sind. Dorian, du hast gar keine Vorstellung davon, wie sehr mir diese ganze Bande auf die Nerven geht.“
„Du hast einen zuviel über den Durst getrunken.“
„Klar. Anders lassen sich diese Typen überhaupt nicht ertragen.“
„Warum gibst du dich denn mit ihnen ab?“
Parker grinste wieder. „Ist dir nicht aufgefallen, daß sie alle – vornehmlich die Männer – irgendwie mit der Modeindustrie zu tun haben? Geronimo entwirft Stoffmuster, Pepe besitzt eine Boutiquenkette, Adrian ist Modefotograf, Domenico Clerici ist Industrie-Designer. Er hat mal eine originelle Idee für die Verpackung von Spaghetti gehabt. Davon zehrt er nun schon seit zehn Jahren, aber ich bin sicher, daß er auch in anderen Sparten noch gute Ideen aus dem Ärmel schütteln kann.“
„Irgend etwas braut sich zusammen“, sagte Dorian.
„Was denn, Junge, was denn?“
Dorian schwieg. Er prostete einem der Mädchen zu, das ihm schwankend ihr Glas entgegenhielt. „Willst du es ihm nicht sagen?“ fragte Vali Dorian. „Ich meine, Jeff sollte wissen, woran er ist. Schließlich trägt er das Risiko.“
„Was soll er mir sagen, Vali-Kind?“ fragte Parker und tippte ihr mit dem kleinen Finger der Hand, mit der er sein Whiskyglas hielt, gegen die Brust.
„Morgen, wenn du wieder nüchtern bist, werde ich auspacken, Jeff.“ Versprach Dorian.
„Willst du behaupten, ich sei besoffen?“ regte sich Parker auf.
Dorian packte ihn am Arm.
„Hast du Waffen an Bord?“ fragte er, um das Thema zu wechseln.
„Ja, natürlich“, sagte Parker, als sei es die
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