0832 - Das Siebte Siegel
Moment, in dem das Amulett aus ihren Händen verschwand und dennoch darin verblieb - sie hatte den Augenblick erreicht, in dem sie es gerufen hatte. Dann lag es da auf dem Boden, zuckte hin und her unter Zamorras »Doppel-Ruf«, und nach einer Weile raste es in die Höhe und verschwand.
Dort befand sich der Durchgang zur heimischen Welt!
Nicole brachte das Amulett direkt an diesen Durchgang heran und löste mit einem weiteren Schaltwort ihre Halbtrance wieder.
»Genau hier ist es«, sagte sie. »Hoffentlich keine Einbahnstraße!«
»Das werden wir gleich herausfinden«, sagten die beiden Zamorras und traten heran. Nicole hatte ihr Misstrauen ihnen gegenüber verloren. Es gab so viele Anzeichen, dass beide echt waren - nur wie diese Verdoppelung zustande gekommen war, das begriff sie immer noch nicht.
»Geht voraus«, sagte sie. »Ich sichere den Weg mit dem Amulett und folge euch dann.«
Die Zamorras zögerten. »Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich so funktioniert. Wenn ich hindurchgehe, was geschieht dann mit meinem Double und mit dem von mir, was in seinem Körper wohnt? Vielleicht sterbe ich dabei. Wir sollten ein anderes, größeres Tor suchen. Das, durch welches wir beide gekommen sind - du und ich, Nicole.«
Sie dachte an den Tunnel durch die Schwärze. Besonders viel Platz hatte der auch nicht geboten. »Ich glaube nicht, dass es da anders sein wird«, sagte sie. »Auch dort wird nur jeweils eine Person hindurchgehen können, nicht zwei oder gar wir drei gemeinsam. Es passt nicht. Und wir verlieren nur Zeit.«
»Was meinst du damit?«
»Jeden Moment können die Riesen wieder angreifen«, erklärte Nicole. »Mich wundert ohnehin, dass sie uns so lange in Ruhe gelassen haben.«
»Mich nicht«, sagte der erste der beiden Zamorras. »Ich habe einen entsprechenden Befehl erteilt.«
»Wie bitte?«, entfuhr es Nicole. »Du… du hast einen Befehl erteilt?«
»Ja.« Die beiden nickten. »Ich bin so etwas wie eine Kontrollinstanz dieser Station. Hin und wieder macht sich eine Stimme in meinem Bewusstsein bemerkbar. Sie nennt mich einen Gott.«
Nicole starrte ihn an.
»Ich bin kein Gott«, sagte er. »Ich sehe mich nicht als solcher. Glaubst du mir das?«
»Ja«, erwiderte sie leise. »Du wärest nicht der Mann, den ich liebe, wenn es anders wäre.«
Sie wollte ihn küssen - aber welchen von den beiden? Da ließ sie es lieber und verschob die Ausführung ihres Wunsches auf später. Falls es für Zamorra und sie ein »Später« gab.
»Nun mach schon«, forderte sie. »Irgendwann müssen wir es ja doch tun. Verlieren wir also keine Zeit!«
Er grinste kurz. »Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Warte, ich muss nur eben noch etwas versuchen.«
»Und was?«
Er schloss die Augen und konzentrierte sich.
***
Zamorra suchte Kontakt mit der Stimme und fand ihn auch. »Ich verlasse dieses Objekt jetzt«, teilte er ihr mit.
Bist du dir sicher, dass du das tun willst?
»Ja!«
Bist du dir sicher, dass du das tun kannst?
»Ja!«
Bist du dir sicher, dass du nicht dabei sterben wirst?
»Ja!« schrie er. »Ja, ich bin sicher! Ich werde überleben, und ich werde wieder sein, was ich früher war! Dich aber und alles hier soll der Teufel holen!«
Du musst dem Wahn verfallen sein.
»Ich war niemals so klar im Kopf wie jetzt!«, sagte er und begann, an seiner gedanklichen Vorstellung zu basteln. Er formte mit der Kraft seines Geistes die Idee, ließ sie Wirklichkeit werden.
Hör auf damit!, schrie die Stimme in ihm.
»Hast du nicht selbst gesagt, ich besäße Schöpferkraft?«, fragte er spöttisch. »Nun koste sie aus! Du hast gegeben, nun kannst du auch nehmen!«
Neeeeeiiiiin!
Aber es ließ sich nicht mehr aufhalten. Es war bereits geschehen.
Eine Zeitbombe unglaublichen Ausmaßes begann zu ticken, und Zamorra wusste selbst nicht, ob er sie im Falle eines Falles wieder stoppen konnte. Er wollte es auch nicht. Entweder, ihm und Nicole gelang die Flucht und die Bombe zündete, oder sie kamen nicht von hier weg, und dann wollte er nicht bis in alle Ewigkeit hier verbleiben und dem Unheimlichen ausgeliefert sein.
Zehn…
Halte ein! Mach es rückgängig!
Neun…
Er achtete nicht mehr auf die Stimme, verdrängte sie. Er löste sich aus seiner Konzentration und sah Nicole an.
Acht…
»Du wirst dich gleich sehr beeilen müssen«, sagte er. »Was auch immer geschieht: Ich liebe dich!«
Sieben…
Und er wandte sich ab und sprang das Tor an, das Nicole ihm
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