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0833 - Verfluchte der See

0833 - Verfluchte der See

Titel: 0833 - Verfluchte der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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Modiesen trat an die Reling. Zufrieden nickend musterte er den Piratenkapitän, der verzweifelt das Wasser trat.
    »Asmodis!«, rief Johan Redlef Vollquarsen voller Schrecken, als er die schlanke, düstere Gestalt an der Reling sah, die soeben eine Muskete auf ihn anlegte. »Asmodis, was tut Ihr?«
    Der Schuss krachte. Hans der Hai fühlte, wie eine Kugel direkt unter der Wasseroberfläche in seine Brust fuhr und das Leben langsam aber unaufhaltsam aus ihm herausströmte.
    »Ihr habt mich verraten, Asmodis! Verraten, verraten«, krächzte der Betrogene, sich nur noch mühsam über Wasser haltend, in einem allerletzten, von Spritzern umgebenen Aufbäumen. »Ich verfluche Euch und alle anderen. Bis ans Ende der Zeit sollt ihr nicht sterben können und jeden verderben, der versucht, diesen Fluch zu brechen.«
    Edo Wiemken, der neben August Modiesen getreten war, fühlte erneut kreatürliche Furcht in sich hoch steigen. Veränderte der Leutnant nicht für einen Moment seine Züge? Waren die Schatten in seinem Gesicht nicht plötzlich härter, grausamer? Und glühten seine Augen nicht in einem unnatürlichen, grellen Rot? Einem Rot, wie er es auch in seinen Höllenfeuer-Vision kurz zuvor gesehen hatte? Den Kapitän erfasste ein tiefes, unheiliges Grauen, das bis in die entlegendsten Abgründe seiner unsterblichen Seele drang. Am liebsten wäre er schreiend über Bord gesprungen!
    Als der Kapitän ein zweites Mal hinblickte, sah der Leutnant aus wie zuvor. Er stützte sich auf seine noch immer rauchende Muskete, lachte böse und grausam und rief: »Weißt du, was du da soeben getan hast, Johan Redlef Vollquarsen?«
    Er legte eine kleine Pause ein und sah fast genüsslich zu, wie der im Todeskampf zappelnde Piratenkapitän zum ersten Mal völlig unter Wasser sank. Aber Hans der Hai hatte zeitlebens starke Lebenskraft besessen und gab auch jetzt, im Angesicht dieses fürchterlichen Verrats, noch nicht auf. Ein letztes Mal tauchte er auf, prustend und hustend. Das Blut aus seiner Brustwunde färbte die See um ihn her mit rötlichen Schlieren.
    Der Leutnant schien genau gewusst zu haben, dass Hans der Hai noch einmal auftauchte und beendete seine Ansprache erst jetzt. »Ja, du bist wieder sterblich geworden, Johan Redlef-Vollquarsen, denn deine Zeit ist abgelaufen.«
    »Ihr habt mich verraten, Asmodis«, gurgelte Hans der Hai ein letztes Mal. Dann verschlang ihn die graue Westsee.
    Der Leutnant starrte einen Moment lang auf das Wasser, lächelte zufrieden und ging dann wortlos und gemessenen Schrittes über das Deck, um in seine Kajüte hinunterzusteigen. Die Männer, die ihm im Weg standen, traten schnell beiseite. Keiner wollte mit dem unheimlichen Gesellen in Berührung kommen.
    Sie alle spürten es. Der Atem der Hölle wehte über das Deck der »Seeteufel«, die eigentlich hätte sinken müssen, aber nicht im Traum daran dachte.
    Teufelswerk!
    ***
    Kapitän Edo Wiemken befahl, zwecks Reparaturarbeiten das elende Fischerdorf Hörnum auf Sylt anzusteuern, das einen geeigneten Hafen besaß. Vom plötzlich aufgekommenen starken Wind, der die »Seeteufel« auf ihrem Rammkurs beschleunigt hatte, war nichts mehr zu spüren. Wie schon zuvor herrschte fast völlige Flaute. So brauchte der Holk Stunden, bis er Hörnum erreichte.
    Als sich Edo Wiemken die Schäden besah, graute es ihm erneut. Mit dem Treffer unter der Wasseroberfläche, der ein riesiges Loch in den Rumpf der »Seeteufel« gerissen hatte, hätten sie eigentlich längst auf dem Meeresgrund liegen müssen. Aus einem unerklärlichen Grund drang aber kein Tropfen Wasser durch das Leck. Mehr denn je wusste Edo Wiemken nun, dass hier der Teufel zugange war. Er bekreuzigte sich noch viele Male an diesem Tag der Rettung, der trotzdem ein unheilvoller war.
    Abends, in der schmutzigen Hafenkneipe, die den hochtrabenden Namen »Zum Goldenen Hummer« trug, hockte sich Edo Wiemken alleine an einen Tisch, ließ sich eine Flasche Rum kommen und dachte nach. Nun, da alles vorbei war, waren ihm die eigenen Gedanken wieder greifbar, sie verflüchtigten sich nicht mehr wie noch heute am Nachmittag.
    Warum nur habe ich den Befehl gegeben, nach Steuerbord abzudrehen und das Schiff gefechtsklar zu machen?, sinnierte er. Das war, im Angesicht eines Piratenschiffs mit überlegener Geschwindigkeit und Bewaffnung, ein völlig unsinniges Vorhaben. Das richtige taktische Verhalten wäre gewesen, die weiße Flagge der Kapitulation zu hissen, um Hans den Hai damit zu täuschen. Mit zwanzig schwer

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