0836 - Die Traumzeit stirbt!
gegangen wäre. Wenn ich mir überlege, dass Tjakamara am Zielort nur noch ein lallendes Wrack war, eher nicht.«
»Eben. Und Woturpa hat nichts dagegen unternommen, obwohl diese Entwicklung vorauszusehen war.«
»Stimmt genau, Nici«, spann Zamorra das entstehende Gedankengeflecht mit wachsendem Interesse weiter. »Wenn aber Woturpa der Zustand des Säufers im entscheidenden Moment egal war, hat er ihn nicht wirklich gebraucht.«
»Das ist es, was ich meine, Chéri. Woturpa hat uns zumindest in diesem Punkt angelogen. Er hat Tjakamara niemals zur Beschwörung der Schwestern benötigt. Wozu aber dann?«
»Hm, keine Ahnung. Hast du eine Idee?«
»Im Moment noch nicht. Da ist allerdings noch etwas, das ich nicht so richtig fassen kann. Ich muss erst meine Gedanken weiter ordnen. Vielleicht kannst du mir ja dabei helfen.«
»Schaun mer mal. Was meinst du?«
»Die Geister der toten Aborigines haben uns doch noch geholfen, die Furchtbaren Schwestern zu erwecken und dafür den magischen Erweckungskreis gebildet. Laut Woturpa hätte das ausgereicht. Warum aber ist dann das Blut der Ermordeten an einen bestimmten Punkt geflossen und dort in den Boden gesickert?«
»Gute Frage. Du hast absolut Recht. Wenn ich's genau überlege, dürfte eher das Blut der die Erweckung auslösende Faktor gewesen sein.«
»So sehe ich's auch. Purlimils und Morintjis Erweckung hat also mit einem Blut opfer stattgefunden.«
»Und was heißt das?«
»Ich weiß es eben nicht, Chéri«, seufzte Nicole. »Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass uns der saubere Herr Woturpa über den Tisch gezogen hat. Und zwar nach Strich und Faden.«
»Kommt Zeit, kommt Durchblick«, erwiderte Zamorra. »Der Aranta scheint tatsächlich sein eigenes Spiel zu spielen. Ich frage mich sowieso schon die ganze Zeit, warum er so panisch vor Wanambi geflohen ist. Wer ist der Kerl wirklich? Weil wir aber zwecks fehlender Puzzleteile noch keinen Zusammenhang herstellen können, sollten wir uns lieber auf das nahe Liegende konzentrieren.«
Wanambi, die Große Regenbogenschlange mahnte zur Eile. Man sei sehr viel langsamer unterwegs, als er es sich vorgestellt habe. So bliebe ihnen ein Nachtmarsch nun doch nicht erspart.
Es wurde schnell finster. Die vereinzelten Sterne am Firmament gaben nur wenig Licht. So wurde das Gelände ein ums andere Mal zur Stolperfalle für Zamorra und Nicole. Als weitaus gefährlicher erwiesen sich aber die Partisanenangriffe unheimlicher, wogender Schatten, die ein ums andere Mal aus dem Hinterhalt attackierten. Merlins Stern erwärmte sich zwar bei jedem Angriff, schlug aber, mit einer einzigen Ausnahme, als er gleich eine komplette Gruppe Schatten auslöschte, nicht zurück. Weder Zamorra noch Nicole konnten sich den Grund dafür auch nur ansatzweise erklären.
So bekam Wanambi alle Hände voll zu tun. Immer wieder warf sich die Große Regenbogenschlange den Angriffen der unheimlichen, dämonischen Wesen entgegen, durchdrang die Schemen und löste sie auf.
Im Morgengrauen erklommen die drei ungleichen Weggefährten einen steilen Berggrat. Als sie über die weite Ebene blickten, stockte ihnen der Atem. Weit hinten erhob sich ein schroffer, hoher Berg, über dem schwarze Wolkengebirge schwebten. Lautlose Blitzgewitter entluden sich darin und verästelten sich über dem kompletten Horizont. Das Land rund um den Berg war, so weit das Auge reichte, von Kriegerheeren übersät, die den Berg vollkommen einschlossen. Wie Inseln ragten die Zelte und Hütten daraus hervor, die überall errichtet waren.
»Heiliges Gebirgskrokodil«, flüsterte Zamorra ergriffen. »Wie willst du uns da durchbringen, Wanambi?«
»Wäre ich noch im Besitz meiner vollen Kräfte, hätte ich dies sicher bewerkstelligen können«, antwortete die Große Regenbogenschlange. »Aber die ständigen nächtlichen Kämpfe gegen Asmodis' Schatten haben mich deutlich geschwächt. Es würde zu lange dauern, bis ich wieder im Vollbesitz meiner Kräfte bin. Deswegen müssen wir unseren Plan ändern. Ich weiß, dass du über die Gabe verfügst, dich unsichtbar zu machen, Zamorra. Diese wirst du anwenden müssen, um dich auf diese Weise durch die Kriegerheere des Asmodis' zu schleichen und in den Hort zu kommen. Deine Gefährtin wird erst einmal in einer Höhle in Sicherheit bleiben. So lange, bis ich wieder stark genug bin, um wenigstens sie in den Hort zu transportieren.«
Nicole, die durchaus nicht zu den sieben Dümmsten gehörte, sah ein, dass dies in Anbetracht der
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