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0841 - Der gläserne Tod

0841 - Der gläserne Tod

Titel: 0841 - Der gläserne Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Montillon
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nicht zählen, wie viele der Bestien sie nun anstarrten. Sie las ihren Tod in den glitzernden Facettenaugen und unersättliche Gier.
    Die Spinnenwesen waren nicht daran interessiert, eine Diskussion zu führen. Haltlos stürmten sie voran, krabbelten übereinander, stießen sich gegenseitig aus dem Weg.
    »Sie gehört mir, mir, mir!«, hörte Shira eine Stimme, die alle anderen übertönte. »Ich habe sie gefunden!«
    Shira warf sich herum und floh durch den Tunnel. Hinter ihr erklangen die geifernden, gierigen Schreie der Monster. Ihr Kreischen und das Huschen und Trampeln der Schritte hallten tausendfach im Tunnel wider. Pestilenzartiger Gestank nach Moder und Verwesung quoll ihr entgegen.
    Ihr Herz schlug wie rasend, nackte Panik überwältigte sie. Vor ihr tauchte der Ausgang auf. Sie hetzte atemlos darauf zu, rannte schneller als jemals zuvor in ihrem Leben.
    Sie wusste, dass sie vor den Wüstensprintern nicht lange fliehen konnte. Die Achtbeiner waren viel schneller als sie. Sie konnte nicht entkommen. Ihr blieb nur eine einzige Chance - sie musste sich verstecken und ihre Feinde überlisten.
    Sie sprang ins Freie und kletterte an der Felswand noch weiter nach oben. Vielleicht konnten ihr die Wüstensprinter dorthin nicht folgen. Sie peitschte sich selbst voran.
    Irgendwann warf sie einen Blick nach unten.
    Der Anblick war ebenso entsetzlich wie widerwärtig. Wenigstens ein Dutzend der riesigen, fetten Spinnen waren inzwischen ins Freie gestürmt und huschten auf sie zu. Sie würden ihr Opfer bald erreicht haben.
    Shira schloss mit dem Leben ab, als sie plötzlich über sich einen Überhang entdeckte. Gewandt schob sie sich voran, umklammerte winzige Unebenheiten im Fels. Einen Augenblick lang hing sie frei darunter.
    Sie schwang sich in einer gewaltigen Kraftanstrengung weiter, erreichte die Kante und schließlich das darüber liegende Plateau. Darauf kroch sie weiter, völlig erschöpft.
    Das Plateau durchmaß etwa zehn Mal ihre Körperlänge.
    Vielleicht können die mir die Wüstensprinter nicht folgen , hämmerte es hinter ihrer Stirn. Sie klammerte sich an diese verzweifelte Hoffnung.
    Vergebens.
    Wenige Augenblicke später tauchte das erste Bein eines Wüstensprinters über dem Abhang auf und suchte tastend nach Halt. Ein zweites Bein folgte. Der Leib der Bestie schob sich über die Kante. Vier gierige Augen funkelten sie an.
    Shira schrie. Ihr blieb nur eins. Sie trat an die gegenüberliegende Kante des Abhangs und starrte hinab. Die Felswand fiel senkrecht ab, führte in eine bodenlose Tiefe.
    »Hilf mir, Professorzamorra!«, sagte Shira und sprang.
    Der Fall schien eine Ewigkeit zu währen. Dann schlug sie auf. Der Schmerz war entsetzlich und durchzuckte sie bis in den letzten Winkel ihres Leibs. Sie überschlug sich, prallte von der Felswand ab und stürzte erneut.
    Der nächste Aufprall war sanfter, aber ihr malträtierter Körper erlebte ihn, als versinke sie mitten in einem Feuer. Einige der Rückenschuppen zerbrachen und bohrten die Bruchstücke in ihren Leib.
    Shira schlitterte nun auf einem schrägen Abhang weiter hinab, weiter, tiefer…
    Irgendwann endete der Sturz. Shira blieb in Wüstensand liegen und wunderte sich, dass sie noch lebte.
    Alles schmerzte, und sie wünschte sich, sterben zu können, damit die Tortur zu einem Ende kam. Sofort schalt sie sich für diesen frevlerischen Gedanken. »Ich habe eine Mission zu erfüllen«, flüsterte sie und versuchte, sich zu erheben.
    Es gelang ihr nicht. Sämtliche Tatzen waren völlig gefühllos. Sie spürte ihren Körper nicht mehr. Sie konnte nur den Kopf nach oben drehen. Sie erahnte in schwindelnder Höhe das Plateau und darauf eine Schar der Wüstensprinter. Keiner der Achtbeiner folgte ihr. Die Felswand war zu steil, nicht einmal die Wüstensprinter vermochten sie zu bezwingen. Aber sie wählten einen anderen Weg. Shira sah huschende Bewegungen an den danebenliegenden Abhängen.
    Wieder versuchte sie, sich zu erheben. Ihr Körper gehorchte ihr nicht.
    Da wusste sie, dass sie verloren war. Sie schloss die Augen, dachte an den Helden und schrie vor Schmerz darüber, dass ihre Mission gescheitert war.
    Der gläserne Tod würde weiter wüten und ihr Volk fressen…
    ***
    »Beschwören?«, fuhr Nicole auf. »Ich glaube nicht, dass wir in der Lage sind…«
    »Das sind wir sehr wohl«, unterbrach der Zwitter. »Ich weiß nicht, was uns daran hindern sollte. Wir befinden uns in derselben Zeitebene, und…« Auch er kam nicht dazu, seinen Satz zu

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