0845 - In der Gewalt der Shariden
stockte.
Vielleicht konnte Kelvo seinen Dienern nicht beistehen. Möglicherweise vegetierte er auf irgendeiner namenlosen Welt am Rande des Todes dahin, sammelte Kräfte, versuchte mühsam, am Leben zu bleiben.
Ein Geräusch! Wasserplätschern.
Sharita brannte vor Neugierde - war Shagurs Mörder näher gekommen? Die Angst wich kühner Entschlossenheit.
Sharita war bereit für den letzten Kampf. Aber sie war nicht bereit, auch nur den kleinsten Vorteil aufzugeben. Aller Wahrscheinlichkeit nach hatte der Feind sie noch nicht entdeckt. Der Felsbrocken bot hervorragenden Sichtschutz.
Sie fuhr einen Tentakel aus. Er rieb leise kratzend über den Boden und schob sich durch die winzige Lücke zwischen ihrer Deckung und der Felswand. Gleichzeitig wanderte eines ihrer Augen über den Zentralleib und den Tentakel bis an seine Spitze.
So sah Sharita, was jenseits ihres Verstecks vor sich ging, ohne selbst entdeckt zu werden. Sie schaute sich langsam um.
Der nahe gelegene See bot sich ihren Blicken dar. Von dort musste das Plätschern gekommen sein. Die Felswand fiel steil hinab, es sah aus, als stürze sie geradewegs in das Wasser. Die Oberfläche lag völlig ruhig da.
Sharita drehte den Tentakel weiter. Der bizarre Felsen, der aus dem See ragte, kam in ihr Sichtfeld.
Nichts.
Weiter über das Wasser - halt!
Sharitas Blick wanderte zurück. Auf dem Felsen wanden sich Schlangen. Ihre Leiber schillerten blaugrau. Eben riss eine ihr Maul auf und zischte, die Zunge vibrierte vor den spitzen Zähnen.
Das war ungewöhnlich. Sharita hielt sich schon lange hier in der Nähe auf, aber eine Schlange hatte sie nie zuvor entdeckt. Das Auftauchen der Tiere musste etwas zu bedeuten haben.
Sharita dachte nach. Die Schlangen konnten Shagur nicht vernichtet haben. Oder doch? Handelte es sich um intelligente Kreaturen?
Die Wasseroberfläche kräuselte sich, sanfte Wellen breiteten sich aus. Etwas durchstieß die Oberfläche.
Der Kopf einer Frau, von blonden Haaren umrahmt. Ein makelloser Leib schälte sich ins Freie. Schlangen wanden sich um ihn, erstarrten und wurden zu steinernem Kettenschmuck, der die Blößen der Frau bedeckte.
Es schien sich um einen Menschen von der Erde zu handeln, doch was hatte eine irdische Frau hier in der Hölle zu suchen?
Aus dem Nichts erschien ein schwarzer Umhang, der sich um Schultern und Hinterkopf der Blonden schmiegte. Dunkle Handschuhe legten sich um ihre Unterarme. Sie griff aus der Luft ein Schwert und durchschnitt mit der Klinge die Luft vor ihrem Körper.
»Meine Freunde«, drang ihre Stimme bis zu Sharita. Es gab keinen Zweifel, dass die Unbekannte mit den Schlangen redete. »Der Sharide ist gestorben. Er hat uns den Weg zu Kelvo nicht weisen können. Ich spüre jedoch, dass noch eine dieser Kreaturen in der Nähe ist.«
Die Schlangen zischelten, wanden sich um ihre nackten Beine, glitten zwischen den üppigen Brüsten hindurch.
Die Unbekannte lachte, als habe sie genau verstanden, was die Tiere ihr mitteilten. Glockenhell klang es über den See. »Sucht den Shariden!«
Die Tiere glitten ins Wasser, schwammen in alle Richtungen. Kurz danach krochen zwei von ihnen ganz in der Nähe von Sharitas Versteck ans Ufer. Sie wanden sich über den Boden, schneller, als die Sharidin es für möglich gehalten hätte. Jede Bewegung hinterließ eine Spur in dem schmalen Sandstreifen, dann klackerten die kleinen Steine aneinander, als die Tiere darüberglitten.
Die Blonde verharrte vor dem Felsen im See. Noch immer tropfte Wasser aus ihren Haaren, rann über die blass schimmernde Haut. Wo es den aus der Schlange entstandenen steinernen Schmuck berührte, verdampfte es zischend.
Sharita zog ihren Tentakel zurück. Das Letzte, das sie sah, war, wie eine der Schlangen erstarrte. Da wusste sie, dass sie entdeckt worden war. Jedes weitere Versteckspiel war sinnlos.
Sekunden später hörte sie das Zischeln lauter als je zuvor. Die Schlange tauchte plötzlich direkt vor ihr auf. Sie stieß mit einem Tentakel zu, wand ihn um das Biest und zog ihn zusammen.
Die Schlange zappelte hilflos, stieß mit dem Maul immer wieder ins Leere, bis sich ein zweiter Schleimtentakel um ihren Kopf wickelte.
Zufrieden spürte Sharita, wie unter dem Druck der Kieferknochen des Tieres barst. Sie zog die Tentakel auseinander. Der Schlangenleib riss. Dunkles Blut spritzte, die Hälften des Kadavers peitschten und zuckten noch einige Sekunden.
Die Sharidin überlegte, ob sie fliehen sollte. Sicher würde der geheimnisvollen
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