0847 - Duell der Mächtigen
es darum geht, einem Menschen zu helfen statt einem alten, etwas durstigen Vampir, dann bist du immer ganz vorneweg! Es nicht so, dass ich das besonders gut fände. Die verwandtschaftlichen Bande zwischen uns sollten eigentlich Vorrang haben.«
»Die verwandtschaftlichen Bande kannst du vergessen, Freundchen«, erwiderte Zamorra. Jetzt wurde ihm klar, weshalb Beauregard, dieser Stinkstiefel, ihn hergebeten hatte.
Er hatte im Château Montagne angerufen und behauptet, Zamorra von seinen Fachbüchern und wissenschaftlichen Artikeln her zu kennen. »Sie haben doch auch mal an der Sorbonne unterrichtet, nicht?« Und als Zamorra nach dem Grund des Anrufs und des Honig-um-den-Bart-schmierens gefragt hatte, erzählte er von der Besessenheit seiner Tochter. Die sei zur Satanistin geworden und äußere geradezu teuflische Ansichten, plane teuflische Dinge und so weiter. Die Häufung des Wortes »teuflisch« wollte Zamorra gar nicht gefallen. Seiner Ansicht nach trug dieser Beauregard etwas zu dick auf, zumal er nicht mit Details herausrücken wollte.
Wie auch? Es gab keine Details.
Er zeigte Zamorra, der ohne Nicole nach Marseille gefahren und sich auf Beauregards Rechnung in einem Hotel der gehobenen Klasse einquartiert hatte, ein Zimmer. Schwarze Tapeten, schwarze Gardinen, schwarzer Teppich, schwarze Möbel, Totenschädel, Kerzen, uralte zerfledderte Bücher… als Zamorra nach einem davon greifen wollte, hinderte Beauregard ihn daran.
»Sorgen Sie dafür, dass meine Tochter wieder normal wird«, verlangte er. »Wie viel Geld wollen Sie dafür haben?«
Aktionen dieser Art waren für Zamorra noch nie eine Frage des Geldes gewesen. Aber dieser Beauregard war ihm suspekt. »Eine halbe Million Euro«, verlangte der Parapsychologe eiskalt. Der andere zuckte heftig zusammen, nickte dann aber.
Zamorra hypnotisierte ihn blitzschnell. Dann stellte er fest, dass die Sache nichts als eine Täuschung war. Beauregard hatte nicht einmal eine Tochter. Er wollte Zamorra eines seiner Dienstmädchen vorführen, wenn es absolut sein musste. Und er wollte auch die halbe Million nicht bezahlen, sondern Zamorra irgendwie austricksen.
Das konnte alles nicht auf seinem Mist gewachsen sein. Dafür war er etwas zu einfach gestrickt. Zamorra löste die Hypnose wieder und verabschiedete sich. Dabei fragte er sich, was das alles eigentlich sollte. Immerhin: Wer wirklich dahintersteckte, konnte ihm Hercule Beauregard, dem drei Frachtschiffe unter panamanesischer Flagge gehörten und der jeden erbarmungslos feuerte, der nicht spurte, auch im hypnotisierten Zustand nicht verraten. Da war ein Block, der ihn am Reden hinderte.
Zamorra wollte sich erst einmal in aller Ruhe einen Plan zurechtlegen.
Und dann, in der Tief garage, kam der Überfall…
Zamorra konnte seinen Plan jetzt vergessen. Beauregard war also der Lockvogel für Jaime gewesen.
Aber warum ausgerechnet er?
»Er wollte dich ohnehin auf die Probe stellen«, erklärte Jaime. »Er hatte wohl tatsächlich von dir gehört oder gelesen und wollte wissen, was dahintersteckt. Deshalb wollte er dir notfalls seine angebliche Tochter vorführen. Nun, ich erfuhr davon und dachte mir, dass du neugierig genug sein müsstest, um herzukommen. Und ich hatte recht.«
»Das, Don Jammer, machst du nie wieder mit mir«, warnte Zamorra. »Ansonsten bekommst du erstmals in deinem Leben einen wirklichen Grund zum Jammern.«
»Willst du gar nicht wissen, was ich von dir will?«
»Nein! Verschwinde jetzt!«
»Ich wollte dich warnen und dir meine Unterstützung anbieten.«
»Warnen, wovor?«
»Vor den Riesen. Sie sind gekommen, um dich zu töten…«
***
Zamorra atmete tief durch und zählte bis zehn. Dann bis zwanzig, bis dreißig. Dann endlich war er ruhig genug, nicht aufzuspringen und sich an Don Jaime zu vergreifen.
Warum eigentlich nicht? fragte er sich. Verdammt, er ist doch nur ein Vampir und damit einer meiner Feinde! Nein, korrigierte er sich sofort. Nicht jeder Vampir ist mein Feind. Da war Tanja Semjonowa, die KGB-Agentin, die eine »weiße« Vampirin gewesen war, und Dalius Laertes scheint auch eher Freund als Gegner zu sein. Zumindest kann er sogar die weißmagische Schutzglocke um Château Montagne durchdringen.
Aber bei diesem Jaime war er sich doch nicht so ganz sicher.
»Woher weißt du das?«, fragte Zamorra gezwungen ruhig.
Don Jaime lächelte und bleckte dabei die Spitzen seiner Eckzähne. »Ich habe meine Informanten«, sagte er. »Glaubst du, ich wäre so alt geworden,
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