0847 - Shango
erzählt, daß er hier eintreffen wird.«
Mit einer derartigen Antwort hatte Gulda nicht gerechnet. Er mußte erst darüber nachdenken. »Von wem sprichst du?«
»Von einem Freund.«
»Der zu dir kommen will.«
»Ja.« Cabals Augen leuchteten, als wären sie mit kaltem Mondlicht gefüllt.
Gulda ging auf das Spiel ein. »Kenne ich deinen Freund?«
»Noch nicht, aber du wirst ihn kennenlernen, denn ein jeder Mensch kommt mit ihm in Kontakt.«
»Ach ja? Wer ist es denn?«
Cabal trat näher an das Gitter heran. »Ich will es dir sagen. Es ist ein großer, ein guter Freund. Es ist der - Tod!«
Gulda zuckte zurück. Das letzte Wort hatte ihn beinahe wie ein körperlicher Schlag getroffen. Er war ein brutaler Mensch, er war ein Leuteschinder, er hatte bei den Marines angefangen und war dort entlassen worden, zwar nicht unehrenhaft, aber immerhin, sie hatten ihn nicht mehr haben wollen und ihn auf diesen Posten abgeschoben.
Er war jetzt vierzig Jahre alt, er kam ins Nachdenken, und wenn er etwas haßte, dann war es das Gespräch über den eigenen Tod. Er war ein Mensch, der gern lebte, und der Tod paßte nicht in diese Terminologie. Den ließ er außen vor.
Gulda haßte es, wenn überhaupt vom Ende gesprochen wurde, das war ihm auch jetzt anzusehen, als er tief Luft holte und die rechte Hand ballte.
»Ich kann dich aus der Zelle holen und totschlagen, Killer, dann hast du deinen Tod. Und ich kann es in meinem Bericht als Unfall hinstellen. Wenn einer von uns tatsächlich sterben sollte, früh sterben sollte, bist du es und nicht ich. Hast du verstanden, Killer? Du wirst es sein.« Er deutete auf sich. »Nicht ich!«
Cabal ging wieder zurück. »Ich habe es vernommen.«
»Dann sag was.«
»Ich glaube es nicht.«
Gulda heulte auf, sah jedoch ein, daß er sich beherrschen mußte. »Gut, Hundesohn, gut«, sagte er und nickte. »Du willst dich nicht bekehren lassen, aber ich habe Zeit, viel Zeit. Ich werde dich bald aus deiner Zelle holen, dann unterhalten wir uns beide unter vier Augen. Und ich bin gespannt, ob du danach noch immer so redest.«
Guldas Begleiter grinsten. Sie wußten genau, wie die Unterhaltung mit dem Chef aussah. Sie würden den Gefangenen später in die Zelle schleifen müssen.
Noch ließen sie ihn allein. Er hörte, daß sie sich zurückzogen, ohne ihm das Frühstück gebracht zu haben. Es war ihm auch egal.
Cabal ließ sich auf seiner Pritsche nieder. Sein Mund zeigte ein Lächeln. Er wußte genau, daß sich die Zeit der Gefangenschaft dem Ende näherte. Dieser vor ihm liegende Tag war der entscheidende.
Wie gut, daß es einen Shango gab…
***
Ja, auch wir waren entsetzt, bleich, steckten voller Wut und Zorn auf diese Bestie Shango. Wir standen in der Wohnung des Attorney, hatten uns dort in eine Ecke verdrückt und wollten auch nicht von den Reportern und Fotografen erwischt werden, die als Meute eingetroffen waren, denn der Tod des Staatsanwalts hatte sich blitzschnell herumgesprochen.
Wir saßen im Schlafzimmer zusammen. Zwischen uns stand ein schmaler Tisch aus der Artdéco-Zeit. Zu ihm paßte auch der große Spiegel an der beigegestrichenen Wand.
»Diesmal war er besonders brutal«, sagte Suko leise.
Ich stimmte ihm zu. »Shango muß ihn gehaßt haben.«
»Wegen Cabal.«
»Sicher.«
»Denkst du an den Richter?«
»Er wird bereits bewacht.«
Suko hob die Schultern. »Ob das was nutzt, ich weiß es nicht. Wenn ich mir vorstelle, daß Shango auch als Schatten erscheinen kann, nutzt auch keinè Bewachung. Mir will zudem nicht in den Kopf, wie diese Zweiteilung seiner Person überhaupt möglich ist. Hast du dir darüber schon Gedanken gemacht?«
»Ich habe es zumindest versucht«, gab ich zu und drehte den Kopf zur Seite, weil ich mein blasses Gesicht nicht unbedingt im Spiegel sehen wollte.
»Was kam dabei heraus?«
»Nichts.«
»Das dachte ich mir.«
»Ich habe ihn gesehen, Suko, und ich sah auch den alten grauen Totenschädel auf seinem Haupt. So etwas muß einen Grund haben. Ich könnte mir vorstellen, daß seine magische Verwandlungsfähigkeit etwas damit zu tun hat, sage ich mal.«
»Ja, möglich.«
»Cabal und sein Bruder stammen aus Haiti. Dir brauche ich nicht zu sagen, daß die Magie auf dieser Insel fröhliche Wiederauferstehung feiert. Wir haben so etwas erlebt. Zumindest Shango muß einen Weg gefunden haben, um sich diese Kraft nutzbar zu machen. Er war wohl derjenige, der besonders stark dafür empfänglich war. Er hat sich einem mächtigen Dämon geweiht
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