085 - Flitterwochen mit dem Tod
werden sollte, fuhr Alraune fort: „Alle Vorbereitungen sind getroffen. Du brauchst nur noch zuzustimmen. Ein ungewöhnlicher Mann, wie du begriffen hast - und gefährlich. Aber gerade die Gefahr hat uns schon immer gereizt, nicht wahr?"
Sie beugte sich vor und fuhr mit den langen Fingernägeln zärtlich über eine Schulter der Freundin. Sappho erschauerte. Der Hund hob seinen schuppigen Kopf und begann über die Hand Alraunes zu lecken.
„So ist es. Bei deinem Vorschlag reizt mich die Gefahr. Eine schöne, dämonische Versuchung. Ich glaube, es wird ein einmaliges Vergnügen und Erlebnis für mich werden."
Alraune, die Herrin der Finsternis, wollte zwei Dinge gleichzeitig tun: Sie wollte - nein, sie mußte einem sehr unangenehmen und leider auch sehr mächtigen Gegenspieler eine empfindliche Niederlage bereiten. Außerdem wollte sie ihrer Freundin einen dämonischen Gefallen tun; denn nur Abwechslungen dieser Art konnten sie beide noch befriedigen. Sie hatten schon zu viele Jahrhunderte Zeit gehabt, alles kennenzulernen.
Sappho kicherte plötzlich. Sie schien sich auf das Kommende zu freuen.
„Einen aparten Gegner hast du dir ausgesucht, liebste Freundin Alraune", sagte sie und entblößte ihre zierlichen Vampirzähne. „Du hast die Fäden wirklich fein und virtuos gesponnen."
Alraune hob einen Arm. Der schwere Schmuck rutschte über die weiße Haut.
„Ich hasse diesen Mann. Ich hasse ihn, obwohl er mich nicht begehren wird. Aber vielleicht hasse ich ihn gerade deswegen. Er ist eine gefährliche Mischung zwischen einem Dämon und einem Zauberer auf der einen und einem menschlichen Mann auf der anderen Seite. Er kennt viel von uns, viel zuviel. Deshalb ist er so gefährlich. Ich würde diese einmalige Gelegenheit selbst wahrnehmen, aber ich bin schon an zu vielen Stellen gegen ihn aufgetreten. Er würde mich bald erkennen. Dich wird er nicht kennen."
Sappho schüttelte sich in Vorfreude.
„Er ist außergewöhnlich, selbst wenn du übertrieben haben solltest."
Sie leckte mit ihrer kleinen, spitzen Zunge über ihre vollen Lippen. Der Hund begann zu zittern. Er spürte die Erregung seiner Herrin. Dann rollte er sich zusammen und begann schwer zu atmen. Die schwarzen Haarbüschel an seinen spitzen Ohren bewegten sich. Die Kerzenflammen zuckten, als Alraune aufstand und aus einem uralten griechischen Krug Wein nachschenkte.
„Er wird hingerissen sein von deiner dämonischen Liebe, denn sie ist mehr, als er jemals von einer sterblichen Frau bekommen kann. Und wenn er dich zum erstenmal genossen hat, dann rast er vor Leidenschaft. Und ich kann ihn und seine Freunde vernichten."
„Schon allein der Name verspricht Aufregung."
Sappho lehnte sich zurück und genoß gleichermaßen die Ruhe und die aufregenden Gedanken. Nur noch kurze Zeit würde vergehen müssen, dann würden sie beide haben, was sie sich wünschten - sie den Reiz des gefährlichen Abenteuers, Alraune ihre Rache.
Sie begann laut zu lachen.
Mit heulenden Triebwerken fuhr die BAC one-eleven eine enge Kurve. Die überdachte Gangway rollte heran. Der elastische Faltbalg preßte sich an den Rahmen des Ausstiegs.
Coco Zamis ging an der lächelnden Stewardeß vorbei, grüßte zurück und machte sich auf den ziemlich langen Weg zur Paßkontrolle. Auf ihr Gepäck brauchte sie nicht lange zu warten. Die Zollkontrolle verlief ohne Probleme und ohne Aufenthalt. Als die schweren Milchglasscheiben vor ihr zurückglitten, sah sie eine große Gruppe wartender Menschen.
Ein junger Mann in einem blauen Maßanzug schob sich seitlich an sie heran, nahm seine Mütze ab und fragte halblaut und sehr liebenswürdig: „Verzeihung, habe ich das Vergnügen mit Miß Zamis?" Er griff nach ihrem Koffer und ging langsam neben ihr her.
„Sie sind doch nicht etwa von Transamorosa?" fragte Coco, nicht wenig überrascht.
„Ich komme im Auftrag von Dr. Kern. Ich soll Sie abholen und in Ihr Hotel fahren."
„Sehr aufmerksam", antwortete Coco.
Sie traten ins Freie hinaus. Über der Stadt spannte sich ein pastellblauer, wolkenloser Föhnhimmel. Ein Jet stieg schräg auf. Vor dem Ankunftsgebäude wartete ein silbergrauer Rolls Royce.
„Es ist nicht unser Betriebswagen", erklärte der Fahrer und versorgte ihr Gepäck. „Wir haben ihn für dieses Fest gemietet."
„Er macht sich ausgezeichnet", versicherte Coco.
Sie setzte sich in den Fond und zündete sich eine Zigarette an. Fast unhörbar setzte sich der etwa zwei Jahrzehnte alte, wie neu wirkende Wagen in
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