085 - Flitterwochen mit dem Tod
Schulter und sagte leise: „Ja, ich will. Keine Angst, ich werde dir nicht untreu - obwohl ich das nicht versprechen kann. In München sieht alles dann ganz anders aus. Jedenfalls habe ich das Hotelzimmer und die Flugkarte bereits gebucht."
Dorian fragte müde zurück: „Weswegen streiten wir uns dann eigentlich noch über dieses komische Fest?"
„Das weiß ich auch nicht", antwortete Coco und dachte an Magnus.
Er war ein gutaussehender, seltsam faszinierender Mann. Seit sie Dorian kennengelernt hatte, war ihr, der ehemaligen Hexe, kein solcher Mann mehr begegnet. Sie begann sich wie ein junges Mädchen auf das Abenteuer in München zu freuen. Denn ein Abenteuer würde es werden - so oder so.
Der Raum war vollkommen rund. Die Wände leuchteten dunkelrot. Dicker Samt war ausgespannt; darauf hingen uralte Bilder, die Szenen von delikater Grausamkeit darstellten. Fünf oder sechs schwere Leuchter, in denen halb abgebrannte Kerzen steckten, standen im Raum verteilt herum und verbreiteten mildes Licht. Hin und wieder zuckten und flackerten die Flammen, als würde ein Windhauch über sie hinwegwehen. Es roch durchdringend nach Harz oder einem schweren, süßlichem Parfüm. Den Boden bedeckten dicke Teppiche. Das Zimmer, in dem sich nur ein Hund und zwei scheinbar junge Frauen aufhielten, schien Teil eines alten Turmes zu sein; unter die dominierenden Gerüche mischte sich ein Hauch von Fäulnis.
„Ich habe eine Bitte an dich, Sappho. Sie zu erfüllen, wird einerseits schwierig, andererseits aber ungemein reizvoll sein."
Alraune strich ihr hellrotes, glattes Haar aus der weißen Stirn und lächelte ihre Freundin an. Sie kannten sich seit Jahrhunderten.
„Häufig sind die reizvollen Dinge schwierig zu erreichen", bestätigte Sappho.
In ihrem Schoß - sie trug ein halb durchsichtiges, kaftanähnliches Gewand und uralten, schweren Schmuck am Hals, an den Handgelenken und an den Fesseln - bewegte sich unruhig ein winziger, ständig zitternder Hund, der kein Fell besaß und wie geschoren aussah. Sein Kopf glich mehr dem eines Drachens als dem eines Hundes.
„So auch hier. Du sollst die Braut eines ungewöhnlichen Mannes werden. Nur für kurze Zeit. Denn ich will dich und deine Liebe nicht verlieren, wie du wissen sollst."
Alraune hörte auf, den Bauch des Hundes zu kraulen, und schaute auf.
Im Raum war es sehr warm. Der schwere, mit seltenen Kräutern gewürzte Wein verströmte einen zusätzlichen Duft. Von einigen Kerzen stiegen schwarze Rußfäden in die Höhe.
„Ich weiß es, Alraune. Schildere mir deinen Plan! Er hört sich so an, als würde ich darüber nachdenken können."
Sappho lächelte. Es war das lüsterne Lächeln eines Vampirs, denn nichts anderes war Sappho in Wirklichkeit. Sappho wußte, daß Alraunes Liebe nur ihr galt, ihr ausschließlich. Sie hatten miteinander eine kleine Ewigkeit verbracht und festgestellt, daß trotz aller Abenteuer und Seitensprünge - selbst mit Männern - sie sich wunderbar ergänzten. Die Harmonie zwischen ihnen war so groß, daß sie nicht einmal mehr der Worte bedurfte.
„Da bin ich sicher, liebste Freundin", sagte Alraune geziert.
Sie trug heute ihr rabenschwarzes, seidiges Haar zu einer Hochfrisur aufgesteckt. Mit ihrem marmorweißen Hals sah sie hinreißend aus.
„Ich bin ganz sicher, daß du es nicht bereuen wirst. Ab und zu ist es ganz originell, einen Mann zu verführen. Nur so bekommt man wieder den rechten Maßstab für die eigentlichen Freuden der Liebe. Wirst du mir den Wunsch erfüllen?"
„Wenn du mir etwas über diesen einzigartigen Bräutigam erzählen würdest, könnte ich dir schnell eine Antwort geben."
Sappho streckte einen langen, schmalen Arm aus und ergriff den schweren Goldpokal mit dem roten Wein. Ihr Körper war wie ihr Lächeln: sinnlich, schön und herausfordernd. Sie trank einen Schluck und hörte aufmerksam zu, was ihre geliebte Freundin berichtete.
Alraune und Sappho hatten sich kennen- und bald liebengelernt, als Alraune einige Jahrhunderte lang in Kretas Unterwelt gefangen gewesen war. In dieser Zeit lernte sie alles, um eine Meisterin des Bösen werden zu können und daraus ihre Macht zu gewinnen. Diese Lehrzeit hatte sie gebraucht, um sich zur Herrin der Finsternis aufschwingen zu können. Sappho hatte ihr immer und überall geholfen. Die Geduld des schönen, rothaarigen Vampirs war unerschöpflich wie ihre Fähigkeit, Leidenschaften zu entfachen.
Nach der Schilderung des Mannes, der vorübergehend zum Bräutigam gemacht
Weitere Kostenlose Bücher